Euphorie beim Internationalen Numismatischen Kongress

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Man kann es nicht anders nennen: Die Stimmung war euphorisch, als sich die 800 Numismatiker aus 46 Nationen für die Eröffnungszeremonie in der Aula Maxima des Universität von Warschau trafen. Endlich begann er doch, der Internationale Numismatische Kongress (INC), und das obwohl es auf dem Weg dahin nur Hindernisse gegeben hatte.

Aleksander Bursche am Stand der MünzenWoche in Warschau. Foto: DB.

Ein großartiger Organisator und eine Fülle von Stolpersteinen

2015 hatte Aleksander Bursche, Professor an der archäologischen Fakultät der Warschauer Universität und international renommierter Spezialist für die Münzprägung der Völkerwanderungszeit, die Organisation des Kongresses übernommen. Zusammen mit einem überragenden Team machte er sich daran, einen INC der Superlative und der Neuerungen zu planen. Für ihn bot Polen die optimale geographische Position, um Wissenschaftler des Westens und des alten Ostblocks näher zusammenzuführen. Schließlich endet für viele Numismatiker die Forschung immer noch an der slawischen Sprachgrenze. Da sich viele russische Kollegen die doch meist kostspieligen Kongresse in Italien, Großbritannien oder Spanien nicht leisten konnten, setzte Aleksander Bursche auf Sponsoren, die für Dutzende von Kollegen die Reisekosten aufbringen wollten.

Und dann kam Corona. Das Team um Aleksander Bursche entschied schneller als die meisten anderen: Sie verschoben bereits im Sommer 2020 den INC auf 2022, um Planungssicherheit für alle zu schaffen. Die hätte es auch gegeben, hätte nicht der russische Einmarsch in der Ukraine alles in Frage gestellt. Hatten die Organisatoren zunächst gehofft, dass es während des Kongresses möglich sein werde, Politik und Wissenschaft zu trennen um auf menschlicher Ebene mit Kollegen eines despotischen Regimes zu verkehren, löste sich diese Hoffnung in Nichts auf, als die polnische Regierung die Einreise von russischen Wissenschaftlern untersagte.

Der XVI. Kongress in Warschau hätte wahrscheinlich leicht die Teilnehmerzahl von 1.000 übersprungen, hätten nicht die Kollegen aus Russland gefehlt und die vielen, denen die polnische Grenze viel zu nahe am Kriegsgebiet lag. Viele verzichteten deshalb auf eine Teilnahme und informierten die Organisatoren über ihre Entscheidung. Aleksander Bursche und sein Team reagierten sofort: Zum ersten Mal gab es während des gesamten Internationalen Numismatischen Kongresses eine Streaming Plattform, mit deren Hilfe die Daheimgebliebenen – gegen die volle Teilnahmegebühr – alle Vorträge anhören und selbst mit einem eigenen Paper teilnehmen konnten. Dieser Service wird nun auch für alle Angereisten nützlich sein, denn bei rund 700 Vorträgen waren Terminkollisionen geradezu unvermeidlich.

Ist die Numismatik auf dem richtigen Weg? Foto: Katarzyna Rainka / Samlerhuset.

700 Vorträge oder geht die numismatische Ausbildung in die richtige Richtung?

Die Numismatik ist eines der wenigen schöngeistigen Fächer, das seinen Studenten eine sichere Anstellung geradezu garantieren würde – wenn nicht an so vielen Universitäten die Ausbildung so beschränkt wäre. Dies zeigte das Programm des INC wieder einmal deutlich. Wer sich das wissenschaftliche Programm besah, stellte fest, dass die Antike völlig überrepräsentiert war, und im Rahmen der Antike die Präsentation von Hortfunden und Beiträge zum Münzumlauf vorherrschten. Mit anderen Worten, die meisten Numismatiker forschen heute in Feldern, die man an den Universitäten und bei der Bodendenkmalpflege brauchen kann, wo in den vergangenen Jahren immer mehr Stellen gestrichen wurden. In den Museen und Research-Abteilungen der Auktionshäuser werden dagegen Numismatiker mit einem breiten Spektrum benötigt, die auch mit Münzen der Neuzeit umzugehen wissen. Es fragt sich, ob dies nicht einmal ein Thema wäre, das man im Interesse der jungen Menschen, die ihr Leben gerne auf einer festen Stellung und einem festen Gehalt planen möchten, auf die Agenda setzen sollte. Es wäre schön, wenn bei einem zukünftigen Kongress ohne ideologische Scheuklappen diskutiert würde, wie die numismatische Ausbildung beschaffen sein müsste, um optimal für die verschiedenen Arbeitsfelder vorzubereiten.

Bei aller Digitalisierung einfach unersetzbar: Das persönliche Gespräch. Foto: Katarzyna Rainka / Samlerhuset.

Digitalisierung und Vernetzung wird Thema Nummer 1

Deutlich in den Vorträgen zu spüren war die Bereitschaft, ja, die Begeisterung, mit der die Wissenschaft, alle neuen Möglichkeiten aufgreift, um eine Digitalisierung und die Vernetzung untereinander voranzubringen. So stellte nicht nur der Impulsvortrag von Alan Stahl eine Datenbank zum antiken Antiochia in den Mittelpunkt, sondern auch zahlreiche Round Tables und Einzelvorträge. Es war wirklich beeindruckend zu beobachten, welche Möglichkeiten der engen Zusammenarbeit die verschiedenen digitalen Optionen heute bieten.

Unterstützung durch den Münzhandel

Die wunderschönen Empfänge zu Beginn und am Ende des Kongresses, das Gala-Dinner und das wirklich unersetzliche Zelt für die Pausen, wo viele fruchtbare Gespräche bei Kaffee, Tee, Softdrinks und Lebkuchen geführt wurden, finanzierte der Münzhandel. Wichtigster Sponsor war Samlerhuset. Ole Björn Fausa, Gründer und Hauptaktionär der Samlerhuset-Gruppe, führte in seiner Ansprache während des Gala-Dinners den anwesenden Numismatikern vor Augen, dass sich nicht nur die Kulturschützer für zentrale ethische Werte einsetzen. Samlerhuset unterstützt seit 2016 Fairmined, eine Initiative, die sich für bessere Arbeitsbedingungen beim Goldschürfen engagiert. Denn vieles von dem Gold, das in Computern, Smartphones, Schmuck – und natürlich auch Münzen – verwendet wird, stammt aus Bergwerken, in denen Menschen unter Bedingungen arbeiten müssen, unter denen heutzutage niemand mehr arbeiten sollte.

Auch die MünzenWoche hatte sich zum ersten Mal seit ihrer Gründung entschlossen, als Sponsor einer Veranstaltung aufzutreten – natürlich als ein kleiner, bescheidener Sponsor, aber deshalb prangte auf allen T-Shirts der vielen Helfer, die dafür sorgten, dass der Kongress reibungslos ablief, das kleine Logo der englischen Ausgabe der MünzenWoche, von CoinsWeekly.

Die wichtigsten Sponsoren, Samlerhuset, Künker, die IAPN und auch natürlich auch die MünzenWoche, hatten im Ausstellungsbereich ihre Tische, wo rege Diskussionen mit Wissenschaftlern aus aller Welt geführt wurden.

Ulrich Künker, der zum ersten Mal persönlich an einem Internationalen Numismatischen Kongress teilnahm, war tief beeindruckt von der begeisterten und begeisternden Atmosphäre, die dort herrschte. „Beim nächsten numismatischen Kongress“, sagte er, „sind wir sicher wieder dabei. Künker ist es ein Anliegen, die Wissenschaft zu unterstützen. Und dafür gibt es eigentlich keinen besseren Anlass als den Internationalen Numismatischen Kongress.“

Ute Wartenberg ist die neue Präsidentin des International Numismatic Council. Foto: Katarzyna Rainka / Samlerhuset.

Eine neue Präsidentin und der nächste Tagungsort

Am Mittwoch fand die Generalversammlung des International Numismatic Council statt, das für die Veranstaltung des Kongresses verantwortlich zeichnet. Wichtigste Programmpunkte sind immer die Wahl des neuen Vorstands und des nächsten Tagungsortes. Wir möchten einer offiziellen Pressemeldung nicht vorgreifen, können aber an dieser Stelle schon mitteilen, dass Ute Wartenberg Michael Alram als Präsidentin des INC ablösen wird.

Fleur Kemmers hat die Sisyphusarbeit übernommen, den nächsten Kongress in Frankfurt zu organisieren. Foto: Katarzyna Rainka / Samlerhuset.

Als nächster Tagungsort wurde Frankfurt festgelegt, Fleur Kemmers wird federführend die Planung übernehmen. Als Datum wurde 2027 festgelegt, damit wird das wegen Corona verlorene Jahr wieder aufgeholt und gleichzeitig das Jahr gewählt, in dem das International Numismatic Council seinen 100. Geburtstag feiert.

Ein wehmutsvoller Abschied vom Kongress. Foto: Katarzyna Rainka / Samlerhuset.

Ein Kongress wie vor Corona – und ein Wermutstropfen

Man muss es immer wieder sagen: Beim INC geht es nicht in erster Linie um die Wissenschaft, trotz der rund 700 wissenschaftlichen Vorträge. Es ist die beste aller Möglichkeiten, Kollegen kennenzulernen. Und das ist wichtig! Nur mit Hilfe guter Zusammenarbeit ist eine effektive numismatische Forschung möglich.

Gerade für die jüngeren Teilnehmer des Kongresses war die freundschaftliche Atmosphäre ein Erlebnis. Polen hat praktisch keine Einschränkungen mehr wegen Corona – und deshalb waren alle Infektionsängste nach ein paar Stunden vergessen. Lange vermisste Kneipenbesuche wurden auf einmal wieder zur normalen Abendgestaltung, eine Möglichkeit, von der zahlreiche Kongressteilnehmer mit Begeisterung Gebrauch machten! Es sei jedem einzelnen gegönnt. Zu lange haben unsere jüngeren Kollegen auf diese schönen Seiten der Forschung verzichten müssen. Allerdings hat diese Unbeschwertheit auch Folgen. Ein Mitglied des MünzenWoche-Teams hat sich in Warschau mit Corona infiziert – wir hoffen, dass nicht die gesamte Mannschaft ausfällt.

Wie auch immer, die MünzenWoche wird sicher wieder beim nächsten Kongress in Frankfurt wieder dabei sein. Wir stehen ein für unsere Überzeugung, dass die Numismatik viele gleichberechtigte Teilnehmer hat, die Sammler, die Händler, die Kuratoren und die Wissenschaftler.

Wir haben auf unserer Kongress-Landingpage Fotos von vielen eingestellt, die uns an unserem Stand in Warschau besucht haben. Hier finden Sie diese Fotos.

Wir hoffen, dass wir in einer der nächsten Ausgaben der MünzenWoche unsere Fotos sowie die Fotos von Künker und Samlerhuset zum Download anbieten können.

 

Wollen Sie sich ansehen, ob auch für Ihr Spezialgebiet ein Vortrag in Warschau dabei gewesen wäre, hier kommen Sie zum Programm des INC.

Das ist die Website des Internationalen Numismatischen Kongresses in Warschau.

Und das ist die Website des Internationalen Numismatischen Rats resp. des International Numismatic Council.

Eine der wichtigsten Arbeiten, die jedes Jahr anlässlich des Kongresses erledigt wird, ist die Zusammenstellung des Surveys, in dem die gesamte numismatische Literatur der letzten sechs Jahre aufgearbeitet wurde.

Wenn Sie wissen möchten, wer alles ein Mitglied des Internationalen Numismatischen Councils ist, hier können Sie den letzten Compte Rendu von 2019 herunterladen.

Es sollen noch einige wenige Medaillen des INC übrig sein, wir berichteten, wo wie sie aussieht, und wo man sie erhalten kann.