Wie funktioniert Innovation? Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass selbst die modernsten Erfindungen immer wieder an ältere Beispiele anknüpfen? Also, dass die ersten Autos Kutschen ähneln, nur halt ohne Pferde. Um wirklich Neues zu schaffen, muss man viel gesehen haben, und das Gesehene an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Nicht nur heute, sondern auch früher. Und genau das steht im Mittelpunkt des Katalogs zur derzeit auf Burg Runkelstein stattfindenden Ausstellung „Maximilian I. und seine Bilderburg Runkelstein“. Oder mit anderen Worten: Welche Rolle spielte die Bilderburg Runkelstein bei der Ideenfülle, die „der letzte Ritter“ in seiner Selbstdarstellung entwickelte?
Der Besuch auf Runkelstein als prägendes Erlebnis
Nein, dieser Katalog liefert nicht die 1001. Biographie dieses Kaisers zwischen Spätmittelalter und Renaissance. Sie stellt seine Biographe in einen Zusammenhang mit seinem künstlerischen Erleben. Was zum Beispiel bedeutete es, als Maximilian nach Gent reiste, um dort die Tochter des damals so bedeutenden Fürsten Karl der Kühne zu heiraten? Welche zeitgenössischen Künstler traf er da? Und wie setzte er später ihr Können ein.
Der Besuch auf Burg Runkelstein wird da zu einer Art Höhepunkt, denn hier sah Maximilian erstmals große bildliche Darstellungen der berühmten Ritterepen. Tristan und Isolde, König Artus und seine Tafelrunde, die Fresken der Burg Runkelstein müssen ihn tief beeindruckt haben. So tief, dass er den Auftrag erteilte, die Malereien zu erneuern. Und bald ließ er auch die Bozner Burg, ein Amtshaus in der Stadtmitte, in dem sich seit 1997 das Südtiroler Naturmuseum befindet, „mit recken malen“. Für Sabine Weiss, die das einführende Kapitel des Sammelbands lieferte, wurde der Besuch auf Runkelstein am 4. November 1501 zu einem einschneidenden Erlebnis für den damals 42jährigen, der ihn zu seinem Grabmal, sowie zu den autobiographischen Dichtungen Freydal und Teuerdank inspirierte.
Numismatische Denkmale Maximilians
Natürlich ist es spannend zu lesen, wie Maximilian seine Repräsentation gestaltete und wie seine Aufgabe als Mäzen und Bauherr zusammenfloss mit den adligen Formen des Zeitvertreibs wie z. B. der Jagd. Doch für Numismatiker zentral bleiben die Münzen, und damit das Kapitel aus der Feder von Heinz Winter mit dem Titel „MAXIMILIANVS MAGNANIMVS – Numismatische Denkmale Maximilians als Medien der Repräsentation“.
Dabei zeigt der Autor, wie Maximilian systematisch die Prägung von Münzen, Schaumünzen und Medaillen nutzte, um das eigene Bild und sein Andenken der Nachwelt zu überliefern. Vor allem die „großen Münzen“ waren für Maximilian wichtig. Sie dienten als Geschenke und wurden mit größter Kunstfertigkeit hergestellt, und zwar meist in der Münzstätte Hall. Heinz Winter erstellte einen Katalog der in der Ausstellung zu sehenden Stücke, zu denen einige geradezu ikonische Stücke gehören, so der Hochzeitsguldiner in Gold im Gewicht von 11 Dukaten. Oder der doppelte Schauguldiner auf die Annahme des Kaisertitels, ebenfalls von Ulrich Ursentaler dem Älteren. Er zeigt Maximilian in voller Rüstung auf einem geharnischten Pferd nach rechts reitend.
Es sind prachtvolle Stücke, die Heinz Winter da vorstellt. Allein sie sind schon die Reise zur Ausstellung wert.
Helmut Rizzolli steuert ein Kapitel über die „Kehrseite der Medaille“ bei, liefert so den wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund. Er zeigt, welche langfristigen ökonomischen Folgen es hatte, dass Maximilian derart sorglos mit seinem Geld umging. Indem die Lücken im Staatshaushalt immer wieder durch die Verschlechterung des Kleingelds – und so auf dem Rücken der kleinen Leute – gestopft wurden, bereitete Maximilian den Bauernkriegen den Boden, die – wie wir dankenswerterweise aus der Arbeit von Philipp Robinson Rössner wissen – auch und vor allem wirtschaftliche Gründe hatte. Dass die Wurzeln dieses Geschehens in die Zeit direkt nach dem Tode Maximilians zurückreichten, zeigt Helmut Rizzolli an Beispielen.
Kunst-, Militär-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
13 verschiedene Aufsätze sind in diesem Sammelband vereint. Sie decken alle möglichen Themen rund um Maximilian ab. Wir erwähnen an dieser Stelle nur noch einen, der sich mit einem wirtschaftlichen Thema beschäftigt, das im ersten Moment wohl nur die wenigsten als Wirtschaftsgeschichte wahrnehmen würden. Es geht um die prunkvollen Kleider, die Maximilian von seinem Hofschneider Martin Trumer anfertigen ließ. Armin Torggler und Sonja Unterthiner rekonstruieren anhand der Quellen, woher die Stoffe dafür kamen und welch hohe Summen Maximilian dafür aufbringen musste. Um nur ein einziges Beispiel zu nennen: Am 26. August 1496 schrieb Maximilian eine Brief, in dem er den Ertrag verteilte, der aus dem Verkauf von Kupfer an die Fugger erlöst worden war. Der Hofschneider Martin Trumer erhielt 12.000 Gulden, mehr als das Zehnfach dessen, was der König der Königin zukommen ließ bzw. womit er das königliche Kammergericht bezahlte. Mode war eben schon zu Beginn der frühen Neuzeit ein entscheidender Wirtschaftsfaktor.
Bestellen können Sie das Buch bei Athesia. Auf dieser Website finden Sie auch eine Liste aller Autoren.
Das ist die Website der Burg Runkelstein.
Auf der Seite der Veranstaltungen findet sich nicht nur mehr über die Ausstellung, die der Anlass der Buchpublikation war. Man hätte zum Beispiel auch in einem Workshop mit der Gruppe 1595 Alto Adige das Kämpfen mit dem Dussack lernen können.
Auf unserer Reise in die Türkei besuchten wir übrigens auch die Bilderburg Runkelstein und wurden von Helmut Rizzolli persönlich geführt.
Auf Burg Runkelstein finden regelmäßig Ausstellungen statt, zu denen immer spannende Kataloge erscheinen, so zum Beispiel der über die Eigentümer von Runkelstein, die Vintler, denen der Katalog „Hans Vintler und die Blumen der Tugend: Krieg – Wucher – Aberglaube“ gewidmet ist.