Rendezvous mit Mona Lisa: Die erste Auktion des Louvre

Von unten ist der Blick zwar nett, steht aber jedem offen. Um die Pyramide von oben zu sehen, muss man schon aufs Dach des Louvre kommen. Ein solches unvergessliche Erlebnis bot der Louvre bei Christie’s an. Für einen guten Zweck, versteht sich. Foto: Bild von Edi Nugraha auf Pixabay.
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Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat der Louvre Objekte in einer Auktion angeboten. Wer meint, dass klamme Kassen das meistbesuchte Museum der Welt zu diesem extremen Mittel treiben, der irrt: Die Live-Auktion „Bid for the Louvre“ am 15. Dezember 2020 sollte dem sozialen Engagement der Institution weitere Mittel erschließen.

Moderne Kunst und exklusives Abendprogramm

Ein Gemälde von Pierre Soulages aus der privaten Sammlung des Künstlers (Schätzung: 800.000-1.200.000 Euro, Zuschlag: 1.400.000 Euro), ein Diamantarmband von Cartier in Verbindung mit einem Privatbesuch der französischen Kronjuwelen im Palais du Louvre (Schätzung: 40.000-60.000 Euro, Zuschlag: 90.000 Euro), ein elegantes Flakons-Köfferchen von Louis Vuitton – befüllt mit erlesenen Düften nach dem Wunsch des Meistbietenden (Schätzung: 30.000-50.000 Euro, Zuschlag: 30.000 Euro). Auf den ersten Blick würde niemand hinter einem solchen Angebot ein Museum vermuten.

Doch Jean-Luc Martinez, der Direktor des Louvre, betont in einem Interview, wie wichtig ihm gerade die Zusammenarbeit mit den zeitgenössischen Künstlern sei – und natürlich mit den „Patrons“ wie eben Cartier und Luis Vuitton.

Wer die Mona Lisa sehen will, sollte sich einen guten Bildband kaufen. Im Louvre sieht man eher die Hinterköpfe der anderen Besucher. Oder man ersteigert ein Exklusiv-Event: Auge in Auge mit Leonardo da Vincis Porträt, ohne Glas dazwischen, von der Wand heruntergenommen – und vor allem ohne lästige Touristen. Foto: Pueri Jason Scott / CC BY-SA 3.0

Und dann gibt es in der Auktion noch die Events, die man eher von Promis kennt, ein Abendessen mit Schauspieler Sie-wissen-schon-wer oder einen Nachmittag mit Wer-wollte-das-nicht. Immer für einen guten Zweck und etwas Publicity. Beim Louvre klingt dieses Angebot dann wie folgt:

  • Los 1: Ein magischer Abend im Fackelschein. Ein Rundgang durch die erhabenen Hallen bei Nacht, mit Freunden und unter Anleitung eines Kunsthistorikers. Die (elektrischen) Fackeln sollen für Stimmung sorgen und nicht so sehr die Stromrechnung entlasten. Schätzung: 10.000-30.000 Euro, Zuschlag: 38.000 Euro.
  • Los 3: Mit dem Künstler JR (und zur Sicherheit der Feuerbrigade des Louvre) über die Dächer des Museums flanieren und den Blick über die Stadt der Liebe genießen. Schätzung: 6.000-12.000 Euro, Zuschlag: 42.000 Euro.
  • Los 7: Ein privates Konzert in der Karyatidenhalle. Schätzung: 10.000-30.000 Euro, Zuschlag: 42.000 Euro.
  • Los 9: Einmal allein vor der Mona Lisa stehen – aber das Bild wird von der Wand genommen und das Schutzglas entfernt. Noch intimer können Nichtrestauratoren das legendäre Gemälde legal nicht genießen. Schätzung: 10.000-30.000 Euro, Zuschlag: 80.000 Euro.

Insgesamt 24 Lose hat der Louvre über die französische Dependance des Auktionshauses Christie’s in Zusammenarbeit mit Drouot unter dem Titel „Bid for the Louvre“ offeriert. Doch was steht hinter diesem Richtungswechsel seiner ersten Auktion?

Die soziale Ader des Louvre

Die „Gazette Drouot“, das Hausmagazin des beteiligten Pariser Auktionshauses warf ein wenig Licht auf die Angelegenheit. Am 1. Dezember 2020 erschien ein Interview mit dem Museumsdirektor Jean-Luc Martinez, in dem er erklärte, dass der Louvre auf der einen Seite die moderne Kunst – und vor allem die Künstlerinnen und Künstler – stärker fördern möchte. Zum anderen sieht Martinez sein Museum als Vorreiter im Kampf gegen die soziale Ungerechtigkeit. Die Pandemie verstärkt viele Ungleichheiten in der Welt, das ist bekannt. Der Louvre engagiere sich schon in Schulen und Gefängnissen und plant nun eine Art Workshop-Raum, Studio genannt, in dem Erwachsene und Kinder künstlerisch aktiv werden und dabei an die moderne Kunst herangeführt werden sollen. Nach Martinez sei dieser Workshop enger verzahnt mit der im Museum ausgestellten Kunst, als es in anderen Institutionen üblich sei. Er sagte: „Mein Traum ist, dass der Zugang frei und unreglementiert sein sollte.“ Keine Warteschlangen, kein Eintritt, künstlerische Entfaltung des sozial unterprivilegierten Individuums. Das klingt in der Tat sehr nach Traum, wenn man bedenkt, welch lange Schlangen sich schon vor dem Museum bilden, wenn ein Eintrittsgeld fällig wird.

Für dieses „Studio“ jedenfalls haben Künstler und Patrone gerne in die Adventsauktion gespendet. Das Projekt soll Ende 2021 anlaufen. Wir dürfen gespannt sein, ob es dem Louvre damit gelingt, die Welt der Kultur für Gruppen zu öffnen, die bisher davon ausgeschlossen sind. In der Zwischenzeit kämpft die Kultur selbst ums Überleben, andere Museen verkaufen Teile ihrer ganz regulären Bestände, um die laufenden Kosten zu decken, weil ihnen durch Lockdowns und Reglementierungen das Wasser bis zum Hals steht. Vielleicht wird es 2021 Solidaritätsauktionen der großen Museen für die kleinen Einrichtungen geben? In jedem Fall zeigt das Beispiel des Louvre: Man muss sich nicht immer von seinem Tafelsilber trennen. Wenn der Name der Institution „zieht“, dann sind die Möglichkeiten, sich über Exklusiv-Events zu vermarkten, unbegrenzt.

 

Über die Auktion berichtete die Zeit.

Das Angebot steht noch online bei Christie’s.

Oder hier als PDF bei Drouot.

Hier lesen Sie das Interview mit Jean-Luc Martinez.

Zahlreiche Museen müssen sich von Exponaten trennen, um auch nur die laufenden Rechnungen zu bezahlen.