Blühendes Sizilien Teil 1

[bsa_pro_ad_space id=4]

von Ursula Kampmann

8. Mai 2014 – Geraten auch Sie ins Träumen, wenn Sie an die großartigen Münzen Siziliens denken? Der Kopf der Arethusa, Krabbe und Adler oder das einfach-raffinierte Blatt des echten Sellerie! Wir besuchen die Städte, wo diese Münzen entstanden. Begleiten Sie uns auf unsrer Reise durch das Traumland aller Münzsammler! Heute besuchen wir die römische Villa Casale und Morgantina. Und als Höhepunkt finden wir einen Münzschatz.

Samstag, 12. April 2014
Endlich war es so weit. Endlich ging es nach Sizilien. Endlich saßen wir im Flieger zusammen mit 178 weiteren Touristen, die nach Sizilien wollten. Endlich sagten wir der deutschen Perfektion und Organisation adieu.

Ein riesiges Auto für das Gepäck von drei Wochen. Foto: UK.

Doch spätestens als wir am Sixt-Schalter standen, wünschten wir sie uns wieder zurück, die deutsche Perfektion und Organisation. Denn der Mittelklassewagen Kategorie E, den wir bestellt hatten, entpuppte sich als winziger Smart. Nein, nein, das sei tatsächlich der bestellte Wagen (war es nicht), und ein anderer sei eben nicht da. Ob wir den jetzt haben wollten?
Unser Quartier wartete auf uns. Und wir ließen uns auch noch eine Versicherung aufschwatzen (O-Ton: Jeder zweite neue Smart werde hier auf der Insel gestohlen, und überhaupt, für die Provinz Catania gelte diese Versicherung nicht, da würden viel zu viele Autos gestohlen, da müssten wir bei Diebstahl zahlen).

Bei einer scharfen Bremsung drohte die Enthauptung durch den Koffer. Zum Glück mussten wir nicht scharf bremsen. Foto: KW.

Einweisung in die Technik des Halbautomaten? Oder gar eine Gebrauchsanweisung – vielleicht sogar in einer verständlichen Sprache? So was ist doch nur etwas für Schwächlinge! So standen wir am Parkplatz und rätselten über die Technik, die sich nicht von selbst erschloss. Übrigens rätselten wir nicht allein. Es erzeugte eine gewisse Solidarität unter all den Nordeuropäern, die genauso hilflos versuchten, ihren Wagen zu starten oder gar zu bewegen. Gemeinsam fanden wir heraus, wie man bei einem Smart den Kofferraum öffnet (ganz verreckt – man entfernt zuerst die hintere Scheibe, um dann den blechernen Teil des Autos nach unten zu klappen). Man möchte es nicht glauben, aber mit einigen rüden Puffen und noch mehr Verwünschungen in Richtung von Sixt gingen dann tatsächlich zwei größere Rollkoffer und ein kleiner Handgepäckkoffer in das Vehikel (bitte, das viele Gepäck war wirklich nicht unsere Schuld, wir hatten schließlich mit einem kleinen Mittelklassewagen und einem Kofferraum gerechnet).

Die so genannte „Kupplung“ – ihre Bedienung ist nicht trivial. Foto: KW.

Übrigens, wer glaubt, man müsse bei einem Smart nur den Schlüssel drehen, um ihn zu starten, der irrt. Es ist ein ausgeklügeltes System, wie der Hebel zu stehen hat und welches Pedal zu treten ist, damit es gelingt, ihn anzulassen, rückwärts zu fahren oder gar zu schalten (das geht bei dem Ding!). Mit ein paar Erklärungen wäre das sicher leicht zu erlernen gewesen. Aber so übten wir uns in der Phänomenologie des Autos und versuchten die Reaktionen auf unser Verhalten so zu interpretieren, dass wir die gewünschten Effekte in Zukunft nicht mehr nur durch Zufall reproduzierten (es sollten übrigens fast vier Tage vergehen, ehe es uns gelang, den Wagen gezielt anzulassen).

Natürlich verfuhren wir uns erst einmal bei der Ausfahrt aus dem Flughafen. Aber trotzdem gelang es uns, die bei Catania gelegene Masseria Pezza del Medico zu finden, in der wir über Agriturismo ein Zimmer für drei Nächte gebucht hatten. Das einzige Problem, das sich uns jetzt noch in den Weg stellte, war eine weiße Schranke. Sie war verschlossen und ließ sich nicht um einen Millimeter bewegen.
Irgendwann kam ich auf die eigentlich ganz gute Idee, in der Masseria anzurufen. Schließlich hatte ich ja meine Bestätigung mit all den Adressen und außerdem waren am Eingang drei Telefonnummern angegeben. Aber die erste funktionierte nicht. Bei der zweiten wurde ich sofort auf eine Mailbox geleitet. Und die dritte Nummer verband mich mit einem unfreundlichen Mann, der noch nie in seinem Leben von einer Masseria Pezzo del Medico gehört haben wollte.
Allmählich wünschte ich mir, ich wäre einer von den vielen Touristen gewesen, auf die am Flughafen die Männer und Frauen mit ihren bunten Schildchen „Club Méditerranée“ und „Studiosus“ gewartet hatten. Nun ja, letztendlich blieb nur noch eines übrig: Laufen. Irgendwo da hinten musste es doch das Bauernhaus geben, in dem unser Zimmer reserviert war. Zu sehen war freilich nichts. Aber wer nichts wagt, gewinnt nichts. So wanderte ich auf staubigem Pfad vorbei an Feldern mit Orangenbäumen (hätte ich unter anderen Umständen wohl ziemlich romantisch gefunden), und wurde nach einer guten Viertelstunde dann tatsächlich von einem riesigen Hofhund angebellt (das Bellen war freundlich gemeint, wie sich später herausstellte). Eine kleine Dame eilte mir entgegen, die mir große Vorwürfe machte, warum ich mich denn nicht eher gemeldet hätte. Wenn sie gewusst hätte, wann ich ankomme, dann wäre sie selbstverständlich schon vorne an der Schranke gestanden und hätte sie uns aufgemacht. Tja, hinterher ist man immer schlauer.

So kamen wir dann doch noch an. Unser Zimmer stand bereit, und wir waren die einzigen Gäste. Nichtsdestotrotz ließ es sich unser Padrone nicht nehmen, für uns ein köstliches, viergängiges Abendessen zu kochen. Wir probierten die einheimischen Oliven und fanden, dass wir eigentlich doch nicht mit den Pauschaltouristen am Flughafen tauschen wollten.
Vor allem, als sich der Padrone Eugenio zu uns gesellte. Seine Frau Marysa stammt aus Malta und spricht perfekt Englisch. Eugenio nicht. Doch dank des reichlich genossenen Weins reichte mein rudimentäres Italienisch, um eine lebhafte Unterhaltung in Gang zu setzen. Eugenio erklärte stolz, wie er sein eigenes Brot backt, und dass die Oliven von seinen eigenen Bäumen stammen. Wir erzählten, wo wir herkämen und was wir so machen würden. Und dann fiel irgendwann das Wort „Numismatici“ – und Eugenio erzählte, dass er von seiner Urgroßmutter, die nahe bei Caltanisetta gelebt habe, noch eine Kiste voller Münzen besitze. Die seien bei der Feldarbeit gefunden worden. Natürlich waren wir neugierig – und so wurde für den nächsten Abend vereinbart, dass wir nach dem Abendessen den Inhalt der sagenhaften Kiste zu sehen kriegen würden.

Sonntag, 13. April 2014
Auch wenn wir natürlich auf die Münzen neugierig waren – wir mussten uns bis zum Abend gedulden. Doch schließlich waren wir ja hier, um uns die Gegend anzusehen. Das Wetter war prachtvoll, nicht allzu heiß, aber sonnig mit weißen Schäfchenwolken. Und so beschlossen wir, gleich mit einem Höhepunkt anzufangen, mit der Villa Casale in Piazza Armerina. Trotz unserer verschiedenen Aufenthalte in Sizilien hatten wir diese Attraktion noch nie besichtigt, da das Weltkulturerbe (seit 1997) verkehrstechnisch so ungünstig liegt, dass es mit dem Zug nur mit großem Aufwand zu erreichen ist. Und da wir bisher immer mit dem Zug in Sizilien waren…
Auf der Autobahn fuhren wir also ins Landesinnere nahe Enna. Die Straßen waren in einem bemerkenswerten Zustand. So viele Schlaglöcher habe ich schon lange nicht mehr gesehen – und wir sind auf vielen schlechten Straßen in Europa und der Türkei unterwegs gewesen. Kein Wunder, dass sich niemand traute, für diese miese Autobahn auch noch eine Gebühr zu verlangen!

Plan der Villa Casale. Foto: KW.

Wir kamen also am späten Vormittag in der Villa Casale an. Ein riesiger, ziemlich leerer Parkplatz erwartete uns. Es standen ein, zwei Busse herum und vielleicht 30 Privatautos. Aber die Größe des Parkplatzes machte ziemlich deutlich, mit welchen Besuchermassen man zur Hochsaison rechnet…

Die Feueröfen für die privaten Badeanlagen der Villa. Foto: KW.

Denn sehenswert ist diese Ausgrabung auf jeden Fall. Es handelt sich um eine römische Villa, von der immerhin noch 45 Räume erhalten sind, die meisten davon ausgestattet mit großartigen Mosaiken. Erbaut wurde sie irgendwann in der Spätantike, wohl Anfang des 4. Jahrhunderts. Dies war eine Zeit der Blüte des sizilischen Landlebens. Die Kornfelder machten Sizilien reich, oder sagen wir besser die Eigentümer der großen Güter, auf denen das Korn produziert wurde. Hatte die Nobilität früher in den Städten gelebt, zog sie es zur Zeit der Tetrarchen vor, auf ihre Landgütern zu ziehen, und sich dort das Leben so schön wie möglich zu machen. Davon zeugt nicht nur die Villa Casale. Es gibt noch mehr und größere Bauten aus dieser Epoche in Sizilien, auch wenn sie nicht so gut erhalten sind.

Ein Sklave bringt Wasser herbei. Mosaik aus der Badeanlage. Foto: KW.

Wer einst die Villa erbaut hat, darüber streiten sich die Wissenschaftler. Gerne hätten einige von ihnen den Besitzer mit dem Kaiser Maximianus Herculius identifiziert oder doch wenigstens mit seinem Sohn Maxentius. Allerdings spricht die Tatsache, dass es andere, noch größere zeitgenössische Villen auf Sizilien gegeben hat, dagegen. Und wenn man überlegt, dass der Alterssitz des Diokletian, wo er seinen berühmten Kohl anbaute, 30.000 Quadratmeter umfasste, dann wird man sich die Hypothese mit dem kaiserlichen Sommerhäuschen sicher noch einmal überlegen.

Der Besitzer der Villa? Ausschnitt aus dem Mosaik im großen Gang. Foto: KW.

Es ist wahrscheinlicher, dass ein Privatmann diesen luxuriösen Bau erbauen ließ. Vielleicht war es tatsächlich jener Lucius Aradius Valerius Proculus Populonius, der zwischen 327 und 331 als Gouverneur von Sizilien amtierte. Er hatte als Prätor im Jahr 320 Spiele in Rom organisiert, von denen man noch viele Jahre sprechen sollte. Diese These gewinnt etwas Plausibilität dadurch, dass der Circus und die Jagd ein wichtiges Thema der Mosaiken darstellen. (Allerdings waren Circus und Jagd auch bei anderen Adligen beliebt…)

Frigidarium des Badekomplexes. Foto: KW.

Wir betraten den Komplex durch die Thermenanlage und waren schon von den ersten Mosaiken begeistert. Meerwesen und fischende Eroten wimmelten im Frigidarium. Der Fotoapparat wurde gezückt, das Mosaik aus jedem denkbaren Winkel abgelichtet. Und als wir um die nächste Ecke bogen, da gab es noch wesentlich bessere Mosaiken, von denen wir dann auch wieder Myriaden von Fotos machten, nur um festzustellen, dass der nächste Raum noch beeindruckender war, und so weiter. Also jetzt mal ehrlich, die Villa Casale allein würde eine Reise nach Sizilien lohnen.

Der Raum der zwei Apsiden mit einem Wagenrennen im römischen Circus Maximus. Foto: KW.

Wir übergehen die meisten der etwa 300 Fotos dieses Morgens und stellen Ihnen nur eine Auswahl der schönsten Mosaike dar bzw. der Mosaike, die für uns Münzfreunde von besonderem Interesse sind. So zum Beispiel dieses Wagenrennen im römischen Circus Maximus, …

Traian. Sesterz, 103-111. Rv. Circus Maximus. Aus Auktion Numismatik Lanz 144 (2008), 475.

… zu dem es auch vergleichbare Darstellungen im Münzbild gibt.

Die „kleine“ Jagd. Foto: KW.

Von unglaublicher Schönheit und Detailgenauigkeit war das Mosaik im so genannten Winterspeisesaal, das die „kleine“ Jagd zeigt.

Wildschweinjagd. Detail aus der „kleinen“ Jagd. Foto: KW.

Hier sehen wir eine Wildschweinjagd. Deutlich erkennbar hält der Jäger eine Saufeder, deren Konstruktion verhindert, dass die Spitze so tief in den Körper des Tieres eindringt, dass der Spieß nicht mehr aus dem Schwein entfernt werden kann.

Rast. Detail aus der „kleinen“ Jagd. Foto: KW.

In der Mitte des Mosaiks grillen die Jäger einen Vogel, um ihn unter einem Schatten spendenden Baldachin zu verspeisen. Die Pferde sind angebunden. Das Netz für die Hirschjagd ist im Baum aufgehängt. Und es wird – wie noch heute bei Picknicks üblich – einiges getrunken, solange der Braten noch auf dem Feuer gart.

Ausschnitt aus dem Mosaik im Gang der großen Jagd. Foto: KW.

Einen Kommentar zur Numismatik liefert das Mosaik im Gang der großen Jagd. Schließlich gibt es auf Münzen unzählige Bilder von Tieren, die im Circus abgeschlachtet werden. Aber haben Sie sich schon einmal überlegt, wie die Viecher aus den verschiedenen Ländern in die Hauptstadt kamen?

Philippus I. Antoninian, 248. Rv. Elefant mit Mahout im Circus. Aus Auktion Künker 204 (2012), 798.

Wie brachte man zum Beispiel einen schweren Elefanten über eine schwankende Brücke in den Bauch des Lastschiffes?

Ausschnitt aus dem Mosaik im Gang der großen Jagd: Elefant. Foto: KW.

Hier ist die Antwort: Indem man ihn in ein Netz steckte und mit schweren Ketten an den Stoßzähnen führte.

L. Livineius Regulus. Denar, 42 v. Chr. Rv. Stier bei den Spielen zu Ehren Caesars. Aus Auktion Gorny & Mosch 195 (2011), 372.

Und wie kam so ein wilder Stier auf ein Schiff?

Ausschnitt aus dem Mosaik im Gang der großen Jagd: Stier. Foto: KW.

Ganz einfach, man spießte ihm ein Brettchen auf die Hörner, damit er niemanden aufspießen konnte, und zog…

Caracalla. Denar, 206. Rv. Szene aus dem Circus, ganz links ein Strauß. Aus Auktion Numismatik Lanz 125 (2005), 863.

Dass auch Strauße im römischen Circus auftraten, zeigt eine Rückseite, die anlässlich der Saecularspiele von 204 herausgegeben wurde.

Ausschnitt aus dem Mosaik im Gang der großen Jagd: Strauß. Foto: KW.

Und wie die Vögel nach Rom kamen, sehen wir hier.

Mosaik der Mädchen im Bikini. Foto: KW.

Wohl noch wesentlich berühmter ist die Darstellung der Mädchen im Bikini, obwohl die Damen heute erst den Schönheitschirurgen aufsuchen müssten, wollten sie im italienischen Fernsehen Karriere machen.
Übrigens sieht man in diesem Raum deutlich, dass unter dem eigentlichen Mosaik ein älteres, mit geometrischen Mustern liegt.
Auch wenn es noch wahnsinnig viel anderes zu sehen gegeben hätte, hier nur noch zwei letzte Bilder mit numismatischen Parallelen:

C. Marcius Censorinus. As, 88. Rv. Zwei Schiffshäuser, in einem davon Schiff. Aus Auktion Künker 124 (2007), 8306.

Da gibt es das As des Caius Marcius Censorinus. Er brüstet sich darauf mit seinem Vorfahren Ancus Marcius, der mit dessen (fiktivem) Großvater Numa Pompilius auf der Vorderseite abgebildet ist. Jener Ancus Marcius soll der Überlieferung nach die ersten Schiffshäuser im Hafen von Ostia haben bauen lassen.

Mosaik im Säulengang des Peristyls. Foto: KW.

Solche Schiffshäuser sind im Hintergrund dieses Fischfangs von Eroten abgebildet.

Tisch mit Preiskronen, darunter Säcke mit Preisgeldern. Foto: KW.

Oder hier dieser Tisch mit Preiskronen.

Odessos (Moesia Inferior). Gordianus III. AE. Rv. Preiskrone. Aus Sommer-Auktion Rauch am 18. September 2013, 823.

Wir kennen diese Preiskronen von unzähligen Münzen der römischen Provinzen.

Tisch mit Preiskronen, darunter Säcke mit Preisgeldern. Foto: KW.

Die zwei Geldbeutel, die unter dem Tisch liegen, sind auf Münzen dagegen wesentlich seltener abgebildet.

Pergamon (Mysien). Elagabal. AE. Rv. Preistisch, unter dem Tisch zwei Geldbörsen. Aus Auktion Gorny & Mosch 195 (2011), 332.

Aber immerhin, manchmal sieht man sie.

Ausschnitt aus 27.

So zum Beispiel auf dieser Münze aus Pergamon, wo sie, genau wie auf dem Mosaik, ganz bescheiden unter dem Tisch stehen.

Eigentlich wäre das ja für einen Tag mehr als genug gewesen. Doch nach einer kleinen Stärkung machten wir uns auf den Weg in das nahe gelegene Morgantina, das vielleicht dem einen oder anderen von dem Buchtitel „Morgantina Studies II. The Coins“ bekannt vorkommen könnte.

Morgantina. AE, um 200 v. Chr. Rv. Krieger n. r., darunter Inschrift HISPANORVM. Aus Auktion Gorny & Mosch 164 (2008), 55.

Die Identifikation der Stadt wurde nämlich mit Hilfe von Fundmünzen vorgenommen. Kenan Erim, der bekannte türkische Ausgräber von Aphrodisias, brachte eine große Gruppe von Fundmünzen mit der Aufschrift HISPANORVM mit einer Passage von Plinius in Verbindung. Darin wird berichtet, dass das eroberte Morgantina von den Römern einer Gruppe von spanischen Söldnern überlassen wurde.

Morgantina. Litra, ca. 465 v. Chr. Aus Auktion Gorny & Mosch 142 (2005), 1146.

Die früheste historische Nachricht über Morgantina finden wir bei Diodorus Siculus, der berichtet, dass Duketios, Anführer der einheimischen Sikuler, Morgantina bei der Gründung eines eigenen Reichs im Jahr 459 eroberte. Sein Reich zerfiel. Morgantina mag wieder unabhängig geworden oder unter die Kontrolle von Syrakus gekommen sein. Wie auch immer, im Krieg zwischen Syrakus und Kamarina übergab erstere letzterer im Jahr 424 die Stadt.

Morgantina. Tetradrachme, um 340 v. Chr. Aus Auktion Gorny & Mosch 199 (2011), 75.

Doch bereits 396 eroberte Dionysios von Syrakus Morgantina zurück. Die Syrakusaner behielten die Kontrolle darüber bis zum 2. Punischen Krieg, als die Römer die Stadt einnahmen und, wie oben erwähnt, an spanische Söldner weitergaben.

Morgantina. Eunos, 135-132. Stater. Aus Auktion Gorny & Mosch 207 (2012), 61.

Eine unike Goldmünze bezeugt einen weiteren Teil der Geschichte von Morgantina, den Sklavenaufstand des Eunos. Dieser Mann, der in Apameia in Syrien frei geboren worden war, hatte als charismatischer Wahrsager und Wundertäter eine große Gefolgschaft um sich geschart. Als seine Vision von der erfolgreichen Eroberung Ennas durch die Sklaven in Erfüllung ging, wurde er als Antiochos zum König gekrönt. Niedergeschlagen wurde sein Aufstand von Calpurnius L. Frigo und Publius Rupilius, die 8.000 Aufständische in Morgantina und weitere 20.000 in Enna und Tauromenion massakrieren ließen. Die Inschrift Philippos auf der Rückseite soll übrigens auf den makedonischen König verweisen und den Münzen größere Akzeptanz sichern.
Die letzte Erwähnung der Stadt stammt von Strabo, der anmerkt, dass zu seiner Zeit – also im 1. Jahrhundert n. Chr. – Morgantina nicht mehr existierte.

Blick auf die Ausgrabungen von Morgantina. Foto: KW.

Heute ist Morgantina eine gut beschilderte Attraktion, die häufig mit dem Besuch in der Villa Casale verbunden wird. Die Stadt eignet sich hervorragend als Zwischenstopp, weil man über einen kurzen Weg zu einem Aussichtspunkt kommt, von dem aus man die ganze Ausgrabung weit besser sieht, als würde man zwischen den Ruinen herumstolpern. Reisegruppen können Morgantina also in einer guten halben Stunde abhandeln.

Das Macellum. Foto: KW.

Von oben ist zum Beispiel das römische Macellum wunderbar in seiner Struktur zu erkennen. Unter einem Macellum verstanden die Römer einen Lebensmittelmarkt für Fleisch, Fisch und Delikatessen. Er sah überall im römischen Reich ähnlich aus und gilt Archäologen heute als ein Kriterium dafür, in wie weit eine Stadt romanisiert war.
Deutlich erkennt man den Grundriss des zentralen Baus in der Mitte, wo sich ein Brunnen oder ein Wasserbecken befand, während sich die Läden um einen kleinen Hof gruppierten.

Nero. Dupondius, 64. Rv. Das Macellum Magnum. Aus Auktion Gorny & Mosch 211 (2013), 577.

Tatsächlich brachte es ein einziger römischer Supermarkt sogar zu numismatischen Ehren: Das Macellum Magnum, ein großer, überdachter Kuppelbau, einst an dem Ort gelegen, wo heute die christliche Kirche Santo Stefano Rotondo zu sehen ist.

Ein Blick auf die Münzstätte von Morgantina. Foto: KW.

Übrigens soll auch die Münzstätte lokalisiert worden sein. Wir beschlossen trotzdem, nicht zu den Ruinen hinunterzusteigen, weil es erstens schon spät wurde, und zweitens in unserem Agriturismo eine Kiste mit Fundmünzen auf uns wartete!

Die Dame, die vor vielen Jahrzehnten die Fundmünzen von ihren Äckern bei Caltanissetta einsammelte. Foto: KW.

Und die schleppte Eugenio sofort herbei, als er sah, dass wir mit unserem Abendessen fertig waren. Sie lagen, verpackt in mehrere kleine Säckchen in einer Kiste von vielleicht 25 x 20 x 50 cm. Eugenios Urgroßmutter soll diese Fundmünzen wohl vor mehr als einem Jahrhundert auf ihren Äckern bei Caltanissetta eingesammelt haben.
Nun, von einem Teil war das bestimmt nicht wahr. Es handelte sich nämlich um ziemlich schlechte Fälschungen aus Blei, teilweise phantasievoll gestaltete Medaillons mit ca. 8 cm Durchmesser, teilweise Imitationen der bekanntesten sizilischen Tetradrachmentypen inklusive jeder Menge Syrakus und Katane mit Frontalporträt.
Dazu gab es aber auch noch viele echte Fundmünzen: Einige wenige Bronzen stammten aus griechischer Zeit, so zwei hübsche Stücke aus Himera, eines mit dem Gorgoneion, eines mit dem Hahn. Dazu hatte die alte Dame jede Menge römischer Sesterzen (nein, nicht in einer Qualität, die den Handel interessieren könnte) und noch mehr Spätrömer gefunden. Es gab vereinzelte byzantinische Münzen, noch weniger islamische und normannische Stücke. Die spanische Epoche ab dem 15. Jahrhundert war dagegen ziemlich reichlich vertreten. Überraschenderweise gab es außerdem etliche Stücke aus Malta.
Bei den Münzen des 19. Jahrhunderts dürfte es sich dann weniger um Fundstücke gehandelt haben, sondern um Erbstücke. Und natürlich hatte die Familie auch noch einen ganzen Haufen von Münzen aus der Zeit des Faschismus aufbewahrt.
Unsere Gastgeber war von der ganzen Sache ziemlich angetan und beabsichtigt nun, eine Vitrine in seiner Gaststube zu machen, wo er die Fundmünzen ausstellen will.

Und das war erst der erste Tag unseres ereignisreichen Trips durch Sizilien! Begleiten Sie uns in der nächsten Folge nach Taormina, wo 2015 der Internationale Numismatische Kongress stattfinden wird. So holen Sie sich jetzt schon ein bisschen Vorfreude auf dieses münzkundliche Großereignis!

Sie finden hier alle Teile der Reihe „Blühendes Sizilien“.