von Björn Schöpe
29. September 2016 – Die Royal Canadian Mint (RCM) gilt nicht nur als Hersteller äußerst fälschungssicherer Münzen, auch ihre Produktionsstätten genießen den Ruf besonderer Sicherheit. Dieser Ruf leidet gerade unter einem Diebstahlsprozess.
Das Eingangsportal der Royal Canadian Mint auf den Sussex Drive in Ottawa, Ontario, erinnert an eine mittelalterliche Burg. Doch die Sicherheitsmaßnahmen werden zur Zeit hinterfragt. Foto: Skeezix1000 / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0
Eine aufmerksame Bankangestellte
Der 35-jährige Leston Lawrence ist angeklagt, seinen Arbeitgeber, die RCM, um Gold im Wert von rund 179.000 CAD bestohlen zu haben. Im Frühjahr 2015 erregte er die Aufmerksamkeit einer Bankangestellten der Royal Bank in Ottawa. Der Frau fiel auf, dass Lawrence regelmäßig Schecks einer lokalen Goldankaufsstelle in Höhe von rund 6.800 CAD einreichte und das Geld ins Ausland transferierte. Sie überprüfte anhand der Kundendaten, wo der Mann arbeitete … und alarmierte die Royal Canadian Mint.
Man stellte fest, dass Lawrence, der in der Scheideabteilung arbeitete, zwischen dem 27. November 2014 und dem 12. März 2015 Dutzende von Goldmünzen und 18 Goldrohlinge von ca. 210 Gramm Gewicht verkauft hatte. Bei einer Durchsuchung fanden die Ermittler in einem Schließfach vier weitere Goldrohlinge. Das Gericht schätzt, dass Lawrence, abhängig vom aktuellen Goldpreis, mindestens 179.000 CAD, umgerechnet etwa 121.000 Euro, kassierte.
Nicht schuldig
Bis zum letzten Verhandlungstag plädierte die Verteidigung auf nicht schuldig. Lawrence habe das Gold legal erworben. Ein Diebstahl sei ihm nicht nachzuweisen. Tatsächlich bemerkte niemand in der RCM den Diebstahl. Zwar entsprechen die Münzrohlinge den in der RCM verwendeten, sie können aber nicht durch Prägemerkmale mit der Münzstätte in Verbindung gebracht werden. Dazu stellt sich die peinliche Frage, wie es Lawrence gelungen sein kann, das Gold aus dem Hochsicherheitstrakt der RCM zu schmuggeln.
Die älteste Methode der Welt
Es wäre Lawrence möglich gewesen, die gestohlenen Objekte in seinem Anus zu verbergen. Vaseline in seinem Spind brachte die Ermittler auf diese Spur. Im praktischen Experiment zeigte sich, dass diese Methode tatsächlich funktioniert, auch wenn es die Sicherheitsbeamten hätte alarmieren sollen, dass die Metalldetektoren bei der Untersuchung seines Körpers öfter angeschlagen haben als bei anderen Kollegen.
Schutz der Privatsphäre oder mehr Kontrolle?
Die Presseabteilung der RCM verwies auf die Privatsphäre der Angestellten, die auch bei den täglichen Kontrollen respektiert werde – und die der Angeklagte demnach ausgenutzt habe. Jedenfalls seien die Sicherheitsvorkehrungen daraufhin verbessert worden, Videokameras wurden u.a. in der Scheideabteilung installiert, modernere Metalldetektoren angeschafft.
Der Urteilsspruch im Fall Leston Lawrence wird am 9. November 2016 erwartet. Ihm werden unter anderem Diebstahl, Geldwäsche, Besitz von Diebesgut und Vertrauensbruch vorgeworfen.
Über den spektakulären Diebstahl berichtete der Ottawa Citizen.
Auch The Star berichtete über den Prozess.