Löwe aus dem Norden – Triumphator im Leben und im Tod

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Eigentlich war es schon zu spät im Jahr für eine Schlacht, an jenem 16. November 1632. Aber der Dreißigjährige Krieg hatte alle militärischen Gewohnheiten verändert. Nun ging es darum zu verhindern, dass das kaiserliche Heer unter seinem Feldherrn Wallenstein einen Riegel zwischen die sächsischen und die schwedischen Truppen legte.
Denn eigentlich war der große Krieg für die Protestanten schon so gut wie gewonnen gewesen. Der schwedische König, Gustav II. Adolf, hatte durch sein Eingreifen die Lage zum Positiven verändert. Und so wurde er von den protestantisch Gesonnenen in Deutschland wie einen Befreier begrüßten. Im September 1631 hatte der Löwe aus dem Norden das kaiserliche Heer unter Tilly bei Breitenfeld vernichtend geschlagen. Der beweglichen Schlachtordnung der schwedischen Armee war der alte Feldherr nicht gewachsen gewesen. Er verlor auch im April 1632 bei Rain. Damit stand den Schweden ganz Süddeutschland offen. Erst dem vom Kaiser zurückberufene Wallenstein gelang es, Gustav Adolfs Vormarsch zumindest zu verlangsamen. Und nun standen sich bei Lützen die beiden genialsten Feldherrn ihrer Zeit gegenüber.

Schlacht bei Lützen in einer zeitgenössischen Darstellung.

Wallenstein war im Nachteil. Teile seines Heeres waren bereits ins Winterquartier abgerückt und mussten erst zurückbefohlen werden. Und als sich um elf Uhr morgens der Nebel hob, sah sich Wallenstein einem überlegenen Feind gegenüber. Gustav Adolf selbst führte den ersten Angriff. Er zerstreute das feindliche Zentrum. Fast schien bereits nach einer Stunde die Schlacht für die Protestanten gewonnen, als die Kaiserlichen sich durch das Eintreffen frischer Truppen neu formieren konnten. Und damit geriet vor allem der westliche Flügel der Schweden in Bedrängnis. Ihm eilte Gustav Adolf zu Hilfe, als ein namenloser Schütze einen Schuss auf ihn abgab, der seinen Arm zerschmetterte. Ein zweiter Schuss traf den König in den Rücken. Er fiel vom Pferd, blieb aber im Steigbügel hängen, so dass sein immer noch lebender Körper über das Schlachtfeld geschleift wurde. Erst ein Stoß mit dem Panzerstecher machte seinem Leben ein Ende. Anschließend wurde der entstellte Leichnam nach gutem Soldatenbrauch geplündert und nackt liegen gelassen. Seine Würde gewann der tote König durch die Künste des Apothekers Kaspar König zurück, der Gustav Adolf aufbahrte und einbalsamierte, um ihn so für die Überführung nach Schweden vorzubereiten.

Am 13. März 2014 wird in Auktion Künker 247 eine Silbermedaille von Sebastian Dadler auf das Begräbnis des schwedischen Königs Gustav II. Adolf in der Riddarholms-Kirche angeboten. Das perfekt erhaltene Kabinettstück stammt aus der Sammlung Hagander und ist mit 4.000 Euro geschätzt.

Denn der Löwe aus dem Norden sollte in einem großen, propagandistisch ausgeschlachteten Leichenzug zurück in seine Heimat gebracht werden. Und genau dies ist auf der Medaille, die Sebastian Dadler anlässlich der Bestattung des Königs in der Riddarholms-Kirche von Stockholm am 22. Juni 1634 geschaffen hat, zumindest im allegorischen Sinne zu sehen.
Man muss dieses phantastische Stück schon genau betrachten, um all die Anspielungen, die der Künstler darin versteckt hat, zu verstehen:

Unverletzt und ohne sichtbares Zeichen des Todes ruht der König in voller Rüstung und Krone ausgestreckt auf seinem Totenbett auf der Vorderseite des Stücks. Gerade hat er seine Seele ausgehaucht, die von einem kleinen Chor von Putten der Sonne entgegengeführt wird. In das Sonnenrund ist der Gottesname einbeschrieben, und Gott selbst ruft den toten Helden in sein Reich mit den Worten: Recht so, du getreuer Knecht.

Im Hintergrund ist Schlachtgetümmel zu sehen. Die Schweden schlagen die kaiserlichen Truppen in die Flucht. Das kam den Zeitgenossen wie ein Wunder vor, denn eigentlich galt damals eine Schlacht als verloren, wenn der Kommandant starb. Doch bei Lützen behaupteten die Schweden den Platz, und so liest man auf einem Spruchband: Sogar den Toten fliehen sie.

Die Rückseite zeigt den Triumphzug des Siegers. Er sitzt in einem von galoppierenden Pferden gezogenen, mit Löwenmasken geschmückten Wagen, der die Hure Babylon und ihr Reittier, das siebenköpfige Tier zermalmt. Die Hure Babylon war den Protestanten Zeichen der römisch-katholischen Kirche.

Als Gegenbild steht das apokalyptische Weib mit seinem von Sternen bekränzten Haupt. Sie verkörpert die protestantische Kirche und hält zum Zeichen ihres wahren Glaubens geradezu einen Stapel von Symbolen auf der rechten Hand. Zuunterst liegt ein geschlossenes Buch. Darauf steht ein Altar, auf dem ein Herz verbrennt. Diese Bilder hatte Dadler dem von ihm häufig benutzten Emblemata-Buch Daniel Cramers entnommen. In den Emblemata Sacra steht das auf dem Altar brennende Herz für die Gottesliebe, das Herz auf dem Buch für die Schriftkenntnis. Mit anderen Worten: Dieses kleine Detail umschreibt im Bild eine der wichtigsten protestantischen Forderungen: Sola Scriptura (= allein durch die Schrift). Gekrönt wird diese Darstellung von einem Freiheitshut, der zuerst von den niederländischen Provinzen als Symbol ihrer Unabhängigkeit benutzt wurde, bald aber für die Freiheit aller Protestanten stand.

Und diese Inkarnation der protestantischen Kirche krönt ihren erfolgreichen Protagonisten Gustav Adolf zusammen mit Fortitudo, der Kardinaltugend, die mit ihrer Säule die Stärke verkörpert.

Gustav Adolf selbst ist christusähnlich mit einem offenen Buch in seiner linken Hand abgebildet. Gottes Wort bleibt in Ewigkeit, steht darin zu lesen. Der ganze linke Arm, wo die erste Kugel den großen Feldherrn getroffen hatte, gehört schon dem Totenreich an; er ist skelettiert dargestellt, während der rechte Arm noch voll Lebenskraft das Schwert des Glaubenskämpfers hält. ET VIVA ET MORTE TRIUMPHO – Im Leben und im Tod triumphiere ich, lesen wir über dieser Darstellung.

Und tatsächlich, der Tod des Königs veränderte die militärische Lage in Deutschland nur unwesentlich. Axel Oxenstierna führte die Politik seines Königs im Namen der fünfjährigen Königin Christina weiter; und so dauerte der große Krieg noch einmal 16 Jahre.

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