Mit H2O zum abwasserfreien Betrieb

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von Björn Schöpe

14. Mai 2013 – Die Redaktion der MintWorld arbeitet in Deutschland nahe an der Schweizer Grenze. Nur 10 Minuten mit der S-Bahn dauert es, um in den Nachbarort Steinen im grünen Wiesental zu fahren, wo die Firma H2O ihren Hauptsitz hat. Zur ersten Begegnung war es allerdings auf der World Money Fair in Berlin gekommen. Damals sagten wir uns: Das, was die machen, klingt spannend, das müssen wir uns mal näher ansehen. Hier also ein Bericht unseres Besuchs bei H2O.

Die Firma mit dem chemischen Namen für Wasser ist Spezialist, wenn es darum geht, den Verbrauch dieser elementaren Ressource zu minimieren. Das kommt Unternehmen aus fast allen Bereichen zugute, wie ein Blick in die Vitrine zeigt, die im Eingangsbereich aufgebaut ist: von Rolex über Canon, von Audi bis Bosch finden sich alle möglichen Referenzen. Für nahezu jede Firma, die Wasser in ihrer Produktion verbraucht, kann H2O interessant sein. Und dabei fehlen in der Vitrine noch die Münzen, obwohl mittlerweile auch bedeutende Münzstätten zu den zufriedenen Kunden von H2O gehören, wie die Münze Berlin, die Staatlichen Münzen Baden-Württemberg, die indischen Münzstätten, die Monnaie de Paris, Mint of Finland, ehemals Saxonia, um nur einige zu nennen … Alle diese Unternehmen profitieren von dem Ziel, das H2O verfolgt: dem abwasserfreien Betrieb. Wie man sich das vorstellen kann, erläutert uns Dipl.-Ing. Jochen Freund aus der Produkt- und Absatzentwicklung vor Ort.

Der Hauptsitz von H2O in Steinen.

Die Firma wurde 1999 gegründet und zog 2005 in ihren aktuellen Hauptsitz. Dieser wird allerdings schon zu klein, das Nachbargelände ist bereits hinzugekauft, und es gibt Pläne bald anzubauen. In der Tat wächst der mittelständische Betrieb H2O ständig. Hatte die Firma in ihrem ersten Jahr einen Umsatz von umgerechnet etwa 2 Millionen Euro zu verzeichnen, so sind es heute rund 14 Millionen Euro. Mittlerweile arbeiten fast 90 Personen für H2O, und die Firma verfügt über ein weltweites Netz an Servicestellen. Die Basis des Geschäfts ist unser Umgang mit der natürlichen Ressource Wasser.

Abwasser.

Der Abwasserverbrauch der Industrie ist enorm. Für die Herstellung einer Tonne Stahl braucht es etwa 18 Kubikmeter Wasser, etwas mehr als für einen Laptop (15 Kubikmeter), für ein Auto gar 400 Kubikmeter. Das Wasser wird nach Verbrauch, so gut es geht, gereinigt und danach als Abwasser abgeführt. Dabei ist allerdings nicht nur das Wasser weiterhin mit Schadstoffen belastet, sondern es entstehen den Firmen hohe Kosten, denn die Entsorgung von Abwasser ist um ein Vielfaches teurer als sauberes Wasser.

Das Schema veranschaulicht, wie Vacudest arbeitet.

An dem Punkt kommt Vacudest ins Spiel, das Produkt von H2O. Bereits in den 1980ern wurde das Prinzip des Vakuumverdampfers erfunden, seitdem immer weiter verbessert und ist mittlerweile auch für den Einsatz in großen Betrieben geeignet. Ein Schema verdeutlicht, wie dieses Gerät arbeitet. Abwasser wird zunächst im Unterdruck bei ca. 85 Grad verdampft. Der Wasserdampf wird von einer Vakuumpumpe, dem Brüdenverdichter, angezogen. In diesem wird der Wasserdampf wieder auf Normaldruck verdichtet und erhitzt. Mit der dabei entstehenden Energie wird das Abwasser verdampft. Zum Schluss hat man also auf der einen Seite reines Wasser, das in den Produktionszyklus zurückgeführt werden kann (für Münzstätten besonders interessant: das Wasser ist meist weicher und somit besser für die Produktion hochwertiger Ronden geeignet, als wenn es direkt aus der Leitung käme!); auf der anderen Seite bleiben die Verunreinigungen, die sich absetzen und getrennt aufbereiten oder entsorgen lassen. Außer für den Brüdenverdichter wird keine Energie benötigt, die Betriebskosten sind also gering; oft, so erklärt Jochen Freund, haben sich die Anschaffungskosten bereits nach zwei Jahren amortisiert. Abwasser fällt keines mehr an, allein das saubere Wasser bleibt im Produktionskreislauf.

Vacudest.

Diese Vacudest-Verdampfer werden in Steinen hergestellt, aber das alleine hätte der Firma nicht solchen Erfolg beschert. Doch was H2O noch macht und ist, wird schnell deutlich, während wir durch den Betrieb gehen.

Bevor ein Verdampfer für den Kunden gefertigt wird, muss klar sein, was die Maschine zu schlucken bekommt. Es stellt ganz unterschiedliche Anforderungen an das Gerät, ob es Abwässer reinigt, die in der Münzproduktion entstehen oder in der Druck- oder Kosmetikindustrie (ja, auch da kommt das System zum Einsatz!).

Im hauseigenen Labor untersuchen die Chemiker von H2O, was die Maschine bei einem zukünftigen Kunden reinigen muss.

Der potentielle Kunde schickt daher zunächst eine repräsentative Probe des Abwassers an H2O, die dort im hauseigenen Labor analysiert wird. Hunderte solcher Proben lagern im Labor.
Bei Münzstätten reicht es mittlerweile, wenn H2O weiß, welche Münzen in der Anlage produziert werden (Euro-Umlaufmünzen, Silbermünzen usw.), weil die Chemiker dann auf entsprechende Referenzproben zurückgreifen können. Die Anlagen werden in der Folge kalibriert auf die Bedürfnisse des Kunden, können aber später jederzeit problemlos an veränderte Situationen angepasst werden.

Ein Blick in die Lagerhalle von H2O, wo sich Vacudest-Geräte in unterschiedlicher Größe und Fertigungsstufe aneinanderreihen.

Die Lagerhallen stehen voller Verdampfer in unterschiedlichen Fertigungsstadien und Größen, also mit verschiedenen Kapazitäten, vom kleinen XS-Modell, das bis zu 360 Kubikmeter im Jahr reinigt, bis hin zu der XL-Anlage, die mit bis zu 12.000 Kubikmetern Wasser im Jahr fertig wird.
Hier betont Jochen Freund nochmals, was eigentlich die Möglichkeiten der Firma beschränkt: nicht die mögliche Nachfrage, sondern der Mangel an Fachkräften. In der Nähe der Schweiz ist es schwierig, junge Leute mit deutschen Gehältern an sich zu binden. H2O benötigt aber hervorragend ausgebildete Leute, also bildet es diese selbst aus. Die aktuell 16 Auszubildenden stellen beeindruckende 20 Prozent des Personals. Und offenbar hat H2O genug andere Anreize gefunden, um Mitarbeiter zu sich zu locken.

Schulungen der Kunden sind ein wichtiger Aspekt in H2Os Arbeit.

In einem Nebenraum der Fertigungshalle steht ein geöffneter Vacudest. Hier wird ein weiterer wichtiger Pfeiler der Politik von H2O klar. Es handelt sich um ein Vorführmodell, das man ausleihen kann, das aber auch bei Fortbildungen eingesetzt wird. Die Maschinen müssen von Leuten betreut werden, die damit gut vertraut sind. H2O bildet diese Mitarbeiter von Kunden aus, lässt sie ein paar Wochen mit dem neuen Gerät arbeiten und lädt sie dann zu einer Weiterbildung nach Steinen. Die Leute kennen zu dem Zeitpunkt den Vacudest gut genug, um zu wissen, was sie fragen müssen. Und die H2O-Ingenieure bauen dann ein paar Fehler in die Vorführmaschine ein, die die Teilnehmer finden und beheben müssen. Besser kann Fortbildung wohl nicht praktiziert werden!

Falls der Kunde das wünscht, können Techniker aus der Zentrale heraus via Internet auf jeden Vacudest weltweit zugreifen.

Überhaupt merkt man, dass der Kunde im Mittelpunkt steht. Das Gerät wird auf seine Bedürfnisse hin zugeschnitten, aber auch im ersten Stock, in den Büros, sind die Kunden präsent: Überall wird telefoniert, E-Mails werden ausgetauscht, Techniker können auf Wunsch per Computer über das Internet direkt auf jeden Vacudest weltweilt zugreifen und bei Problemen helfen. Wenn denn mal welche auftauchen. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Geräte zwar regelmäßig gewartet werden müssen, ansonsten aber selbst bei aggressiven Schmutzwässern über viele Jahre verlässlich arbeiten.

H2O trifft mit dem Umweltgedanken einen Nerv unserer Zeit. Doch das Hauptargument, weswegen sich das Gerät so gut verkauft, ist schlichtweg die finanzielle Ersparnisse, wie Jochen Freund versichert. Ein lehrreicher Vormittag kam so zum Ende, und wir danken Jochen Freund und H2O für die vielen Einblicke in einen Betrieb, von dem die Münzwelt wohl noch öfter hören wird.

Wenn Sie mehr über das Unternehmen erfahren wollen und über die technischen Details, die wir hier außen vor gelassen haben, schauen Sie auf die Internetseite von H2O.