von Björn Schöpe
5. März 2015 – Weltweit sorgte ein Video für Entsetzen. Jeder kann im Internet zusehen, wie radikale Fanatiker der IS das kulturelle Erbe der Menschheit zerstören. Diesmal traf es Ninive, die Hauptstadt der Assyrer, einst eine der größten Metropolen der Welt.
Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die islamistische Terrormiliz IS ein Video, das im Museum der nordirakischen Stadt Mossul gedreht wurde. Dort, nahe der antike Siedlung Ninive, werden große Teile der ergrabenen assyrischen Altertümer aufbewahrt. Das Video zeigt, wie IS-Terroristen mutwillig die Schätze des Museums zerstören – indem sie gewaltige Statuen von ihren Sockeln stürzen und die Trümmer anschließend mit Presslufthämmern, Vorschlaghämmern und Bohrern zerkleinern.
In der ursprünglichen Fassung des Videos erläuterte ein Terrorist vor dem noch intakten Museum, dass die assyrischen Denkmäler zerstört würden, weil sie heidnische Götzen darstellten. Schließlich habe schon der Prophet solche Götterbilder zerschlagen.
Mit diesen Worten greift der Mann eine gut christliche Tradition auf. Mit einer ganz ähnlichen Erklärung tobte vor etwa einem halben Jahrtausend in Europa ein Bildersturm durch katholische Kirchen. Vor allem die Kalvinisten vernichteten damals einmalige Kunstwerke des Mittelalters, um so ihre Frömmigkeit zu demonstrieren.
Diese Verluste sind lange verschmerzt. Die heutigen tun umso mehr weh. Die betroffenen Kunstwerke sind einmalige Schätze der mesopotamischen Archäologie, darunter viele imposante Monumente wie Teile des antiken Stadttores. Schockiert sind alle, wirkungsvolle Gegenmaßnahmen wurden bis jetzt weder vorgeschlagen noch ergriffen.
Ähnliche Denkmäler wurden in Mossul zerstört. Dieses hier ist in Sicherheit – im British Museum in London.
Glücklicherweise werden heutzutage einige wichtige Zeugnisse der assyrischen Kultur im Ausland aufbewahrt. Als die großen archäologischen Grabungen im Vorderen Orient stattfanden, war es üblich, die Fundstücke aufzuteilen zwischen den Ländern, die an der Grabung beteiligt waren, und dem Land, in dem gegraben wurde. In Großbritannien und den USA sind diese Schätze heute sicher.
Vor diesem Hintergrund erscheint es einmal mehr fraglich, ob ein oftmals von archäologischen Hardlinern gefordertes Verbot für den Handel mit Kulturgütern, das Problem wirklich löst. Zunächst muss der Schutz vor Ort greifen. Wo Fanatiker freie Hand haben, bleibt nichts mehr übrig vom kulturellen Erbe der Menschheit.
Hier sehen Sie die vom IS inszenierte Zerstörung des kulturellen Weltkulturerbes auf youtube.
Jüngst wurde behauptet, es handle sich bei dem größten Teil der Kunstwerke lediglich um Kopien aus Gips. Den Beitrag finden Sie hier.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete ausführlich über die Katastrophe von Mossul.
In der MünzenWoche haben wir schon einmal über das skandalöse Vorgehen des IS gegen alle Kultur geschrieben.
In der englischsprachigen Welt rief das Committee for Cultural Policy dazu auf, endlich einen realistischen Kulturgüterschutz zu praktizieren.
Zur Bedeutung von Ninive informiert Wikipedia.