25. Juni 2015 – Eine kleine historische Sensation förderten Grabungen in der Burg Hasegg aktuell zu Tage: Sehr wahrscheinlich wurden Überreste der Antriebsanlage der Walzenprägemaschine im Museumsareal in der Burg Hasegg entdeckt. In Hinblick auf die laufende Bewerbung als UNESCO Weltkulturerbe ist dieser archäologische Fund von besonderer Bedeutung und erfordert weitere Untersuchungen. Welterbe-Referent MR Dr. Bruno Maldoner vom Bundeskanzleramt zieht die Bewerbung vorerst zur Überarbeitung aus diesem Grund zurück.
Aufsehenerregender Überraschungsfund in der Burg Hasegg – vermutlich Überreste des Antriebs der historischen Walzenprägemaschine. Foto: Stadtmarketing Hall.
Ein Wasserschaden im Bereich des Museums sollte umgehend behoben werden – dafür waren in den letzten Tagen Grabungsarbeiten notwendig. Mit dem archäologischen Zusatzfund rechneten die Verantwortlichen nicht: „Ein archäologischer Nachweis auf industrielle Nutzung wurde hier bisher nur vermutet – und so war das Ergebnis für uns alle eine außerordentliche Überraschung“, so Andreas Ablinger (Münze Hall).
Archäologische Funde in der Burg Hasegg machen eine Überarbeitung der UNESCO-Bewerbung notwendig. Foto: Stadtmarketing Hall.
Warum der Fund die Einreichung für eine mögliche Welterbe-Auszeichnung beeinflusst, erklärt Maldoner folgendermaßen: „Im Zuge der Einreichung verpflichtet sich die einreichende Institution, neue Funde oder Erkenntnisse, die die Einreichung betreffen, umgehend zu melden. In Hinblick darauf wurde die UNESCO von uns – die Einreichung erfolgte ja durch den Staat Österreich – natürlich sofort informiert. Diese Funde, die nach einer Prüfung die industrielle Nutzung belegen können, erhöhen die Chancen auf eine Auszeichnung natürlich sehr. Um sie einarbeiten zu können, ist jedoch eine Überarbeitung der aktuellen Bewerbung nötig“, so Maldoner weiter.
„Auch wenn sich der Bewerbungsprozess nun verlängert, akzeptieren wir die Entscheidung des Bundeskanzleramts. Die neuen Funde unterstützen die bisherige Argumentation in so großem Maße – sie nicht mitaufzunehmen, hieße eine große Chance nicht wahrzunehmen“, erklärt Caroline Schneider von der Koordinationsstelle Welterbe in Hall in Tirol.
Hall besitzt die größte unversehrt erhaltene Altstadt Westösterreichs. Foto: Stadtmarketing Hall.
Hall in Tirol ist mit der Münzstätte als Geburtsort des Talers und der größten erhaltenen Altstadt Westösterreichs eine der bedeutendsten kultur- und wirtschaftshistorischen Städte Tirols. Schon längst ist das gesamte Ensemble der Altstadt unter Schutz gestellt, und ein Masterplan stellt sicher, dass die historische Altstadt ein vitaler Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraum ist und auch zukünftig bleiben wird.
In die Welterbeliste werden nur Stätten aufgenommen, die nach Meinung des Welterbekomitees herausragende universelle Bedeutung aus historischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen haben: Diese Voraussetzungen erfüllt Hall in Tirol mit einer der ersten historisch belegten „Industrien“ voll und ganz. Für die Münzindustrie setzte Hall Meilensteine: Im 15. Jahrhundert wurde mit dem „Guldiner“, die sogenannte „Taler-Währung“ erfunden, die nicht nur den wirtschaftlichen Austausch über Landesgrenzen ermöglichte, sondern auch Namenspatron für den Dollar war.
Die Doppeltalerwalze: Mit einem Walzenpaar konnten bis zu rund 20 Tonnen Silber geprägt werden. Die Mechanik des Walzenpaares ist in die Walzenprägemaschine eingearbeitet. Stempelschneider: Peter Hartenbeck, Leihgabe: Kunsthistorisches Museum Wien. Foto: TVB Hall-Wattens.
Aber auch die erste funktionierende industrielle Münzprägung, die Walzenprägung, wurde in Hall in Tirol entwickelt.
Die voll funktionsfähige Rekonstruktion der Walzenprägemaschine wurde von Werner Nuding nach 10 Jahren Forschung in ca. 4.000 Arbeitsstunden im Jahr 2003 fertig gestellt. Foto: TVB Hall-Wattens.
Diese Technologie verbreitete sich von Hall aus im ganzen Habsburgerreich und darüber hinaus. Sie galt für einen Zeitraum von über 180 Jahren als „state of the art“. Als Weltkulturerbe vorgeschlagen wird die Münze Hall in Verbindung mit der Haller Altstadt: Hier wurde ein geschlossenes Altstadtensemble nicht nur erhalten, sondern wurde und wird zum vitalen Lebens- und Wirtschaftsraum weiterentwickelt.
In Hall in Tirol wurde ein geschlossenes Altstadtensemble nicht nur erhalten, sondern wurde und wird zum vitalen Lebens- und Wirtschaftsraum weiterentwickelt. Foto: TVB Hall-Wattens.
„Die Aufnahme in die Welterbe-Liste würde für Hall in Tirol eine hohe internationale Auszeichnung und Anerkennung der historischen Bedeutung der Stadt und seiner Münzstätte darstellen“, so Landeskonservator DI Werner Jud, der das Projekt begleitet. Den Haller Bürgern selbst ist die positive Weiterentwicklung der Stadt ein großes Anliegen – das bestätigen auch die Vorschläge und Ideen, die im Rahmen der Partizipation im Herbst 2013 erhoben wurden: „Die Bewerbung als Weltkulturerbe ist ein wichtiger Mosaikstein im Rahmen dieser Weiterentwicklung – weil mit der möglichen Auszeichnung einerseits das bisher geleistete gewürdigt wird, andererseits ein Auftrag für die Zukunft erteilt wird: Für die Bewerbung muss nämlich ein „Masterplan“ beigelegt werden, denn nur wenn auch eine entsprechende Entwicklungsperspektive für die Zukunft vorliegt, verleiht die UNESCO die Auszeichnung“, ergänzt Dr. Eva Maria Posch (Bürgermeisterin Hall in Tirol).
Dieser „Masterplan“ liegt in Hall bereits vor – es sind dies die Maßnahmen aus dem Stadtentwicklungsprogramm „Realisierungsprogramm Stadtentwicklung 2028“, die mit den Ergebnissen der vor kurzem durchgeführten Partizipation ergänzt werden,“ so Posch weiter.
Weitere Informationen zu Hall in Tirol bietet die Webseite der Stadt.
Hier finden Sie weitere Informationen zum UNESCO Welterbe in Österreich.
Ursula Kampmann berichtete ausführlich über ihren Ausflug nach Hall in Tirol.
Zur historischen Bedeutung von Hall in Tirol bei der Erfindung und Etablierung der Walzprägemaschine fand im Herbst 2012 auch ein Kongress auf Burg Hasegg statt. Hier finden Sie eine Zusammenfassung.