8. Oktober 2015 – Der derzeitige Gesetzentwurf zum KGSG verhindert de facto das Sammeln alter Münzen, kriminalisiert die sammelnden Bürger und teilenteignet sie möglicherweise. Münzen sind im Gegensatz zu Einzelkunstwerken in der Regel Massenware, was der Gesetzesentwurf bisher nicht berücksichtigt.
Im Vorwort des Gesetzesentwurfs wird als Grund für die Verschärfung u.a. die angebliche Milliardenfinanzierung von Terror genannt. Hierfür fehlen jegliche Nachweise wie das Handelsblatt richtig in seiner Untersuchung am 31.7.2015 feststellte. Bisher ist nicht eine einzige Münze im deutschen Handel nachgewiesen, die mit dem Islamischen Staat in Verbindung gebracht werden kann.
Das Gesetzesvorhaben ist in seinen Formulierungen durchzogen von einem tiefen Misstrauen des Staates zu seinen Bürgern. Dem entspricht, dass bei den vorbereitenden Anhörungen die Verbände der Sammler nicht angehört wurden. Ähnliches gilt für die konstruktive Kritik der Landesnumismatiker.
Deshalb fordern wir eine Anhörung und Berücksichtigung unserer Verbände bei den weiteren Beratungen!
Das Gesetz soll schon Anfang 2016 in Kraft treten. Es gibt dem Bürger keine Zeit, seinen neuen Sorgfalts- und Dokumentationspflichten nachzukommen. Es sollte mit all seinen Maßnahmen mindestens ein Jahr lang vor Inkrafttreten in den Medien gut kommuniziert werden, sodass die Sammler und Händler die Möglichkeit haben, ihren Bestand zu dokumentieren und beglaubigen zu lassen.
Der derzeitige Gesetzentwurf ist für den Bürger und Sammler weder verständlich noch ist er realistisch umsetzbar. Den Länderbehörden droht ein großer Bürokratieaufbau und die Bürger scheinen einer intransparenten Willkür ausgesetzt zu sein. Selbst im bestehenden Gesetz gab es unrechtmäßige Beschlagnahmen von Münzsammlungen, die allerdings alle per Gerichtsentscheid revidiert wurden.
Was sind die Implikationen für den Sammler und den Handel? Wo bleibt das Ziel des Bürokratieabbaus?
Auswirkung für den Sammler und Bürger ist, dass aufgrund der in der Praxis unrealistischen Dokumentationsanforderungen und Nachweispflichten fast alle alten Münzen nicht mehr verkauft oder ausgeführt werden könnten. Dies betrifft jede einzelne alte Münze über 100 Jahre Alter ohne untere Wertgrenze.
Kein Sammler hat Einzelrechnungen mit Foto für alle Münzen in der ererbten Sammlung alter Münzen seiner Vorfahren. Ein- oder Ausfuhrgenehmigungen existierten nur in Ausnahmen. So enthält kaum eine Sammlung von oft 1000 bis 3000 alten Münzen für jede Münze eine „geeignete Einzeldokumentation“. Wie soll ein Bürger nachweisen, dass keine seiner vielen alten Münzen nicht kürzlich ausgegraben oder irgendwann gestohlen wurde? Es gibt keine diesbezüglichen Datenbanken wo er nachschauen könnte. Wie soll er die Herkunft nachweisen bei möglicher aber fast nie bestimmbarer Herkunft aus 25 oder mehr heutigen Ländern z.B. bei römischen Münzen? Was ist mit Münzen, die vielmals im Tausch mit anderen Sammlern, über Erbschaft oder auch im Lot mit anderen Münzen erworben wurden? All dieses müsste von dem Bürger rückwirkend dokumentiert und nachgewiesen werden.
Bei Fehlen einer Dokumentation für jede einzelne alte Münze – wertunabhängig – ist eine Sicherstellung vorgesehen, für die der Bürger auch noch die Kosten tragen soll. Die Länder sollen kurzfristig Bürokratie aufbauen, um die vielen Überprüfungen durchzuführen.
Deshalb fordern wir diese den Bürger belastende geplante Beweislastumkehr und Dokumentationsbürokratie nicht einzuführen!
Bei Mitnahme oder Verkauf einer alten Münze ins Ausland ohne Anmeldung oder ohne „geeignete Unterlagen“ droht ferner eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren. Der Bürger würde hier wie ein Schwerkrimineller behandelt.
In der Praxis hieße dies, dass kein ausländischer Sammler mehr alte Münzen nach Deutschland bringen oder verkaufen würde. Deutsche Sammler würden keine alten Münzen mehr aus dem Ausland kaufen können. Die unrealistischen Dokumentationspflichten und verbundenen Kosten sowie die Unsicherheit würde dies verhindern. Ein stark kostenbelasteter und umständlicher Handel mit einigen wenigen inländischen, voll dokumentierbaren Altbeständen wäre alles was verbliebe. Eine Gesetzesregelung in dieser Form würde unsere Sammlerkultur mit langer Tradition in Deutschland zerstören anstatt die kulturelle Beschäftigung des Sammelns von Münzen zur stärken.
Nach dem neuen Gesetz müsste ein Münzhändler mittlerer Größe im Jahr ca. 5000 Im- und Exportanträge stellen. Hinzu kämen dann die vielen Anträge unserer Sammler. Es ist somit mit einem erheblichen Anstieg an Anträgen zu rechnen (von bisher 1200 bundesweit pro Jahr auf geschätzte 50.000-75.000). Für deren Bearbeitung gibt es keine adäquate Behörde.
Die Sorgfaltspflichten sollen für Sammler und für Händler deutlich verschärft werden. Für deren gerechte Überwachung gibt es bisher keine Behörde. Auch ist zu befürchten, das der Handel die Einschränkungen und die Auflagen des geplanten Gesetzes nicht überleben kann und dem illegalen, unkontrollierten Handel damit Vorschub geben wird. Ferner wird der Handel in Praxis damit gezwungen, die Dokumentations- und Nachweispflichten auf den Bürger abzuwälzen, der ansonsten nicht mehr veräußern könnte.
Kulturgesetzgebung ist in der Bundesrepublik Ländersache. Das Gesetz geht von einem Staatsministerium des Bundes aus. Die zu erwartenden hohen Bürokratiekosten in Folge des Gesetzes werden aber zu Lasten der Länder gehen.
Unabhängig von den enormen, unverhältnismäßig hohen Kosten einer Kontrollbehörde würden Fachleute zur Beurteilung benötigt, die in der notwendigen Anzahl in Deutschland gar nicht zur Verfügung stünden. Numismatik ist eine Wissenschaft, die jahrelange Erfahrung erfordert.
Daher stellt die DNG folgende Forderungen der münzsammelnden Bürger und ihrer Verbände an das geplante Kulturgutschutzgesetz:
1. Konstruktiver Dialog: Es soll endlich auch ein Dialog mit den Sammlerverbänden stattfinden, um die Stimme der hunderttausenden Sammler von Münzen zu hören.
2. Vertrauensschutz für den Bürger: Grundannahme bei vielen Millionen von rechtmäßig erworbenen alten Münzen im Privatbesitz unserer Bürger sollte das rechtmäßige Eigentum sein und der gutgläubige Erwerb. Dies sollte dem Bürger zum „Bestandsschutz“ einfach und kostengünstig ermöglicht werden. Daher keine Rückwirkung des Gesetzes, keine Umkehr der Beweislast, keine kalte (Teil)-Enteignung sondern weiterhin Schutz des Privateigentums und Erhalten der Grundsätze unseres Grundgesetzes.
3. Verständlichkeit und Transparenz: Der Gesetzentwurf muss für Bürger verständlich sein und alle wichtigen Regelungen enthalten. Dazu gehört auch eine eindeutige Kategorie für Münzen/Numismatik und eine klare Definition von „geeigneter Dokumentation“. Wesentliche Themen dürfen nicht ausgeklammert und erst nachträglich entschieden werden.
4. Pragmatische und realistische Wertgrenzen: Es muss eine einheitliche Wertgrenze für eine Kategorie „Münzen/Numismatik“ für alle Themen („Sorgfaltspflichten“, „In Verkehr bringen“, „Ausführen“ etc.) festgelegt werden: Beispielsweise Euro 10.000 je Münze und Euro 250.000 für Sammlungen.
5. Praxisnahe, konkrete und transparente Regelung für Nachweispflichten im Gesetz für Münzen als Massenhaft hergestelltes Kulturgut: Sorgfaltspflichten müssen für den Bürger realistisch und praktisch erfüllbar sein. In der Praxis für alte Münzen vielfach unmögliche Nachweisforderungen und Dokumentationspflichten müssen konkretisiert oder getilgt werden. Die Praxis/Realität des Sammelns unserer Bürger muss berücksichtigt werden: Sammlungen entstehen und entwickeln sich ständig durch Tausch unter Sammlern, durch Erbschaft, durch Erwerb von Lots / Mehrfachposten über eine Vielzahl von Quellen . Erwerb ausschließlich über renommierte Fachhändler mit Einzelrechnung, Foto und Dokumentation der Provenienz sind keine realistische Ausgangslage.
6. Keine Willkür bei Sicherstellungen: Sicherstellungen nur bei dringendem Verdacht und konkreten Hinweisen. Zudem sollten Sicherstellungen nur mit klarer Zeitgrenze erfolgen, mit transparenter und konkreter Rückgaberegelung und keiner Kostenbelastung des Bürgers im Falle, dass kein Unrecht nachweisbar war.
7. Kostendisziplin für Bürger und öffentliche Hand: Praxisnahe Regelung der Kategorie Münzen/Numismatik bezüglich Dokumentationspflichten, um den für Bürger unnötigen, hohen zeitlichen Aufwand und die Kostenbelastung zu reduzieren. Dies gilt auch für den implizierten erheblichen, zusätzlichen Bürokratieaufbau bei den (Landes)-Behörden.
8. Eine Übergangsphase bei etwaigen neuen Dokumentationsanforderungen für die Bürger und auch die öffentlichen Stellen sollte vorgesehen werden. Etwaige neue Dokumentationspflichten für Bürger und Gewerbetreibende dürfen nicht schärfer sein als solche, die die öffentliche Hand treffen. Es geht nicht an, dass den Bürger hier größere Pflichten treffen, als beispielsweise staatliche Sammlungen und Museen
9. Wir fordern innerhalb der EU die Aufrechterhaltung eines von bürokratischen Hürden ungehinderten Verkehrs von Kulturgut, das nicht als nationales Kulturgut definiert ist. Deutschland darf hier nicht einseitig handeln. Unsere Bürger sollen nicht überproportional belastet werden. Es darf in den Nachweis- und Dokumentationspflichten keine in der Praxis in den anderen EU Ländern nicht existierende Dokumentation vorausgesetzt werden.
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Weitere Informationen zur geplanten Kulturgutschutznovelle finden Sie in unserem Archiv. Besonders lesenswert ist die Stellungnahme von Ursula Kampmann zur letzten Änderung der Gesetzesnovelle.
Wenn Sie der Bundesregierung signalisieren möchten, dass Sie mit dem geplanten Gesetzesvorhaben nicht einverstanden sind, können Sie hier die Petition „Für den Erhalt des privaten Sammelns“ unterschreiben.