von Ursula Kampmann
23. Februar 2017 – Wissen Sie, was Newroz ist? Nein? Nun an Newroz kommt man nicht vorbei, wenn man am 20. oder 21. März den Iran besucht. Newroz ist nämlich das iranische Neujahrs- und Frühlingsfest und damit das wichtigste Familienfest im Iran. Newroz feiern alle, die strengen Schiiten, die Zoroastrier, die paar Christen, einfach alle. Stellen Sie es sich ein bisschen vor wie Weihnachten und Ostern zusammen. Wie an Weihnachten wird etwas geschmückt – kein Baum, sondern ein Tisch, und wie an Ostern geht die ganze Familie gemeinsam spazieren. Und dieses wunderschöne Fest verbrachten wir in einer der schönsten Städte der Welt, in Isfahan, von dem die alten Dichter sagten, dass Isfahan allein die halbe Welt biete.
Der schönste Frühstücksraum meines Lebens. Hier waren sogar die Stühle nach Vorbild des achämenidischen Königsthrons gestaltet. Foto: KW.
Samstag, 19. März 2016
Heute habe ich im schönsten Frühstücksraum meines Lebens gefrühstückt! Und das in aller Ruhe. Wir haben uns nämlich gestern bei Frau Hodel abgemeldet, weil wir fanden, mit Isfahan werden wir auch alleine fertig. Wir werden uns also auf eigene Faust und in aller Ruhe umsehen.
Da saßen wir nun ohne Zeitdruck und beobachteten all die Iraner und Iranerinnen, die zum Frühstück kamen. Die Ausländer, vulgo Touristen, waren schon weg. Schließlich wollten sie ein umfangreiches Programm schaffen.
Wir wollten das nicht. Wir sahen also statt der Freitagsmoschee, wie eine entzückende kleine Iranerin mit einem blauen Kopftuch immer wieder zum Büffet sprang, um für die ganze Familie das Gewünschte und Vergessene zu holen. An einem anderen Tisch fütterte eine junge Mutter ihre widerspenstige Tochter mit einem Trick: Der Papa musste sich die Augen zuhalten, und immer wenn er das tat, überraschten ihn Mutter und Tochter damit, dass schon wieder ein Bissen vom Teller verschwunden war. Gegenüber saßen drei Generationen einer Familie beisammen: Großpapa und Enkel konnten sich nicht einigen. Auch wenn ich keine Ahnung habe, worüber, ließ die Gestik keinen Zweifel daran.
Der Meydan, der Hauptplatz von Isfahan. Foto: KW.
Wir verließen das Hotel erst um halb zehn! Welche Sünde! Und das ausgerechnet in Isfahan, wo es so viel zu sehen gibt! Wir sahen auch viel. Wir sahen die halbe Welt.
Gamasp, 496-498. Obol Jahr 1 (496/7), geprägt in Isfahan (Prägezeichen AS). Aus Auktion Peus 380 (2004), Nr. 641.
Schon die Griechen kannten Isfahan. Sie nannten es Aspadana. Unter diesem Namen jedenfalls listet es der alexandrinische Gelehrte Ptolemaios (ca. 100-160 n. Chr.) in seiner Geographie auf. Natürlich ist Isfahan wesentlich älter. In Grabungen hat man Siedlungsspuren entdeckt, die bis in die Altsteinzeit zurückreichen. Aber wirkliche Bedeutung erlangte Isfahan erst unter den Sasaniden, die hier eine Armee einquartierten und eine Münzstätte einrichteten.
Die Stadt Isfahan, Hauptstadt des persischen Königreichs. Stich von 1725 von P. van der Aa.
Dass Noah Gordon den Helden seines Romans „Der Medicus“ ausgerechnet als Juden nach Isfahan schickt, hat einen historischen Hintergrund. Isfahan war berühmt für seine große jüdische Gemeinde. Auch wenn die Bibel sie mit Kyros in Verbindung bringen will, entstand sie erst zur Zeit der Sasaniden. Die jüdische Gemahlin von Yazdegard I. gründete hier eine Kolonie für ihre Glaubensgenossen. Neue und alte Siedlung wuchsen in den kommenden Jahrhunderten zusammen.
Faramorz, 1041-1051, als Vasall des Seldschuken Toghrul Beg. Dinar 1043, Isfahan. Aus Auktion Gorny & Mosch 120 (2002), Nr. 4409.
Im Verlauf des 10. Jahrhunderts wurde Isfahan zu einer wohlhabenden Handelsstadt, beherrscht von den unterschiedlichsten Dynastien, bis es 1051 der Seldschuke Toghrul Beg zu seiner Hauptstadt machte und zu einer ersten Blüte brachte. Der Medicus spielt genau zu seiner Zeit (und nimmt auf solch langweilige Details wie die historisch korrekte Herrscherdynastie keine Rücksicht. Wozu auch? Diese islamischen Herrscher sind doch eh alle gleich… Und was sollte an einem Namen wie Allah Schah nicht passen?)
Mongolen. Ilkhaniden. Abaqa, 1265-1282. Dinar, Isfahan. Aus Auktion CNG 281 (2012), 539.
Nachdem die Mongolen die Macht übernommen hatten, sank die Bedeutung Isfahans – erst langsam, dann ziemlich schnell, als Temür ibn Taraghai Barias, besser bekannt und das sogar in Europa als Tamerlan, die Stadt 1228 eroberte, die Bewohner abschlachtete und ihre abgeschlagenen Köpfe zu minaretthohen Türmen aufhäufen ließ.
Die Schlacht zwischen Schah Ismail und Khan Schaybani. Wandmalerei im 40 Säulen-Palast. Foto: KW.
Schah Ismail (1484-1524) gilt als der Gründer des Safawidischen Reiches, doch für Isfahan wurde Abbas I. der Große (1587-1629) wichtiger. Er konsolidierte das Reich, dehnte die Grenzen weit aus und machte Isfahan zu seiner Hauptstadt.
Ein europäischer Reisender malt die Eroberung von Täbriz. Auf den Stangen stecken Köpfe von osmanischen Türken, ein erfreulicher Anblick im damaligen Europa.
Der Schah von Persien wurde in ganz Europa zum Gesprächsthema. Schließlich war er der andere große Feind des osmanischen Reichs, und zu gerne hätten ihn die Habsburger als Verbündeten gewonnen. Dass es während des 30jährigen Kriegs zu keinem neuen türkischen Angriff auf Wien kam, dürfte zum großen Teil darauf zurückzuführen sein, dass der osmanische Sultan die Perser bekriegte.
Safawiden. Abbas, 1578-1629. Mithqal, Isfahan. Aus Auktion Peus 400 (2010), Nr. 779.
Unter den Safawiden wurde Isfahan zu einer der prächtigsten Städte der damaligen Welt. Rund 600.000 Menschen lebten dort – zum Vergleich Zürich hatte um die gleiche Zeit lediglich gut 5.000 Bewohner. Und die prächtigen Bauten! In Isfahan sollen damals rund 150 Moscheen, 50 Medressen und 200 Badehäuser gestanden haben.
Die Kupplerin, Ölgemälde 1656 von Johannes Vermeer mit der Darstellung eines kostbaren Teppichs.
Isfahan war das wichtigste Handelszentrum zwischen West und Ost. Hier siedelten sich die großen Handelskompanien aus England, Frankreich und den Niederlanden an. Hier kauften sie die kostbare Seide, die von China über Isfahan Europa erreichte. Persische Teppiche waren so begehrt, dass das Wort „Perser“ zum Synonym für jeden geknüpften Teppich werden konnte.
Engelbert Kaempfer wird am persischen Hof empfangen. Zeitgenössischer Stahlstich.
Der deutsche Forschungsreisende Engelbert Kaempfer (1651-1716) kam auf seiner Reise auch nach Isfahan und beschrieb es ausführlich. Dabei erwähnt er, dass man zwei Tage bräuchte, um die Stadtmauer mit dem Pferd zu umrunden.
Der Schah von Persien empfängt den indischen Mogulenherrscher Humayun. 40 Säulen-Palast. Foto: KW.
Das Ende der Safawiden kam 1722, als afghanische Truppen meuterten, die Stadt belagerten und den letzten Safawiden zur Abdankung zwangen. Isfahan verlor damit seinen Status als Hauptstadt, was vielleicht sogar gut war. Denn so haben sich viele Gebäude erhalten, die sonst vielleicht im 19. oder 20. Jahrhundert durch größere ersetzt worden wären…
Der Meydan. Foto: KW.
Aber zurück zu unserem Stadtrundgang. Wir standen also auf dem Meydan, dem Hauptplatz. Er ist riesig. Ich kenne keine einzige Platzanlage aus vormoderner Zeit, die auch nur annähernd so groß ist. Im Zentrum liegt ein flaches Wasserbecken, das zur Feier des Neujahrsfestes tatsächlich auch Wasserfontänen spuckte. Darum herum führen elegante Galerien, in denen man alles kaufen kann, was das touristische Herz begehrt.
Untergeschoss der Galerien, es dient auch heute noch dem Lustwandeln. Foto: KW.
Schon Kaempfer schwärmte von diesem Platz: „Die Form des Platzes ist ein Rechteck von 660 Schritt Länge und 212 Schritt Breite. Rundherum führen doppelgeschossige, überwölbte Nischenbauten. Die oberen Räume sind jeweils in kleine Zimmer aufgeteilt, die als Schlafräume an alle möglichen Fremden und auch an Dirnen vermietet werden. Das Untergeschoss dient teils als Wandelgang für Spaziergänger, überwiegend aber zur Aufnahme von geräumigen Basarbuden für Krämer und Handwerker, die dort alle möglichen Waren herstellen und verkaufen. Dabei herrscht jedoch kein Durcheinander, sondern alle sind nach Berufsständen geordnet untergebracht.“
Blick auf den Safawiden-Palast. Foto: KW.
An zwei Seiten des Platzes liegen zwei Moscheen, an der dritten der Palast der Safawiden und an der vierten der Eingang in den Basar (dass der dort ist, fanden wir allerdings erst nach Kilometerlangen Umwegen heraus…)
Wir besuchten zuerst den Palast, fanden ihn allerdings ein wenig enttäuschend. Und das, obwohl Kaempfer nachgerade ins Schwärmen kommt, wenn er über ihn spricht: „Obschon er sich nicht in die Stilwelt der Klassik einfügen lässt, finde ich ihn doch überaus reizvoll. In der Mitte der Terrasse ist ein rechteckiges Marmorbecken mit Springbrunnen eingebaut worden. Auch die ganze übrige Einrichtung entspricht dem verwöhntesten persischen Geschmack.“
Wie auch immer. Der Blick von der Terrasse war jedenfalls phänomenal.
Der Basar von Isfahan – eben nicht nur für Touristen… Foto: KW.
Dann wollten wir in den Basar. Das war nicht einfach, weil wir uns entschlossen hatten, den schweren Kunstreiseführer im Zimmer zu lassen und stattdessen den Stadtplan des Hotels zu benutzen. Nun, der war graphisch hübsch gestaltet, verfügte über ein paar interessante Nummern, und war viel zu intelligent, um von irgendeinem Nicht-Isfahaner auch nur andeutungsweise verstanden zu werden.
Wir verließen uns also auf unser Gedächtnis – ja, wir hatten uns den Kunstreiseführer-Stadtplan im Hotel angesehen – und auf die in Farsi und Englisch angeschriebenen Stadtpläne der Stadtverwaltung, und machten einen interessanten Rundgang mit vielen Einblicken ins isfahanitische Alltagsleben. Eine gute Stunde später entdeckten wir sogar einen Basar, nur leider den falschen. Dort fuhren nämlich alle Sorten von Autos, Lieferwägen, Motorräder und Handkarren. Es roch wie in einer Garage.
Ein Basar für die Einheimischen. Foto: KW.
Wir gingen geradeaus, Kilometer um Kilometer. Wir sahen Stände mit Haarspangen und Unterhosen, Vorhängen und Kochtöpfen, T-Shirts und chinesischen Kopftüchern. Vom berühmten Kunsthandwerk Isfahans keine Spur. Endlich entdeckten wir einen Springbrunnen, der uns verriet, dass wir den älteren Teil des Basars gefunden hatten. Wir sahen kleine Stände mit Goldschmuck, und jetzt hätte der Bummel beginnen können, wenn uns die Füße nicht so weg getan hätten.
Das Unglaubliche wird wahr: Dieses Café serviert guten Kaffee nach europäischem Vorbild. Es ist leicht zu finden, wenn man keinen kilometerlangen Umweg macht. Es liegt direkt am Eingang des großen Basars. Foto: KW.
Und da geschah das Unglaubliche, das Ersehnte, das Nichtmehrfürmöglichgehaltene. Vor uns tauschte ein Schild mit der Aufschrift „Segafredo“ auf. Natürlich setzten wir uns an den einzigen noch freien Tisch. Wir bestellten double Espresso. „Doppio“ meinte der Kellner lakonisch. Ein gutes Zeichen! Um es kurz zu machen: Es war tatsächlich italienischer Espresso, der da serviert wurde. Der erste, den wir im ganzen Iran zu trinken bekamen. Und das Café war trotz seiner für iranische Verhältnisse sehr hohen Preise voll. Wir hatten Glück gehabt, die zwei Stühle zu erwischen.
Frisch gestärkt, fassten wir wieder Mut, den Ausgang des Basars zu finden. Wir gingen dem Licht entgegen in der vagen Hoffnung, von dort aus würden wir uns orientieren können. Wir konnten. Der Ausgang führte auf den Meydan. Wir hatten das große Kunststück vollbracht, vom Meydan aus den Hintereingang des Basars zu finden, durch ihn zu irren, bis wir wieder beim Haupteingang waren. Das hätten wir einfacher haben können. Aber ob es dann so schön gewesen wäre?
Die private Moschee des Schahs von Persien. Foto: KW.
Eine Moschee. Mehr nicht. Das hatten wir uns heute geschworen. Die Moschee unserer Wahl war die private Moschee des Herrschers. Sie liegt, wie könnte es anders sein, am Meydan und man sagt ihr nach, sie sei die schönste Moschee der Welt.
Ein Blick in die Kuppel. Foto: KW.
Natürlich kenne ich nicht alle Moscheen der Welt, aber dieser intime Bau hat mit Sicherheit einen Platz unter den Top Ten verdient. Ich habe selten einen so ausgewogenen, so wohl proportionierten und so freundlichen Raum gesehen. Die vielen Blautöne werden durch einen warmen Erdton aufgehellt. Und das ist, wie wir bei Frau Hodel gelernt haben, ein Zeichen dafür, dass es sich um eine Privatmoschee handelt.
Die Kibla, ohne tobende Kinder, Selfies schießende Liebespaar, Selfies schießende Großfamilien, staunende Touristen und telefonierende Idioten, die nicht merken, dass sie im Bild stehen. Foto: KW.
Die Iraner haben an ihrer Moschee mindestens genauso viel Freude wie wir kunstbeflissenen Touristen. Der Bau war geradezu überfüllt. Und es war ein echtes Kunststück, die Kibla ohne Iranerin mit Baby zu fotografieren. Kiblas scheinen nämlich ein perfekter Hintergrund fürs Selfie zu sein. (Wobei das Konzept, ein Foto nur von der Architektur zu machen, auf Unverständnis stößt.)
Wir liefen noch ein bisschen über den Meydan, schauten in Läden und beobachteten iranische Familien, wie sie ihren Feiertag verbringen. Dann hatten wir genug und waren um 15.00 im Hotel. Unverzeihlich! So viele großartige Moscheen stehen noch in der Gegend rum, und werden wohl auch in 100 Jahren noch rumstehen, selbst wenn ich sie nicht besichtigen sollte…
Wir saßen stattdessen im traditionellen Teehaus des Hotels und schlürften wunderbaren Tee, schrieben Tagebuch und genossen den Tag. Manchmal denke ich, reisen ist nicht nur Sehenswürdigkeiten abhaken, sondern auch einfach sein und genießen.
Die Hotelgäste warten auf den Beginn des Newroz in der Hotellobby. Foto: KW.
Newroz, Sonntag, 20. März 2017
Eigentlich wussten wir gar nicht so genau, was da in der Hotellobby passierte, als wir am Morgen zum Frühstück gingen. Da standen Dutzende von Familien herum und warteten, guckten sich den Tisch an, der für Newroz aufgebaut war, und warteten immer noch.
Der Tisch, der anlässlich Newroz aufgebaut wird. Foto: KW.
Mich erinnern diese Newroz-Tische ein bisschen an unsere Weihnachtsdekoration. In jedem Haus sieht sie ein bisschen anders aus, aber im Grund genommen sind es immer die gleichen Elemente. Genauso beim Newroz-Tisch. Es geht nämlich um die sieben S, die sieben Gegenstände, die mit S beginnen und die von Tisch zu Tisch auch ein bisschen variieren können. Sabzeh (= Getreide), Samanu (= eine Süßspeise), …
Knoblauch als Newroz-Deko, vielleicht eine Anregung für den nächsten Weihnachtsbaum, so statt Weihnachtskugeln. Foto: KW.
… Sir (= Knoblauch), …
Die „Mehlbeere“, die Frucht von elaeagnus angustifolia; ich habe keinen blassen Dunst, wie die schmeckt, aber sie soll wohlschmeckend sein. Foto: KW.
… Senjed (= Mehlbeere), Serkeh (= Essig, vor der Islamisierung stand an seiner Stelle Wein), Somagh (= Gewürzsumach), …
Äpfel auf der Newroztafel. Foto: KW.
… und Sib (= Apfel).
Münzen, unumgänglich zu Newroz. Foto: KW.
Außerdem werden auf den Tisch Sekeh (= Münzen) gestellt, um den Wohlstand zu symbolisieren. Es heißt, die Nationalbank würde vor Newroz eigens frisch geprägte Münzen und ganz neue Geldscheine in Umlauf bringen.
Und natürlich die Goldfische! Foto: KW.
Schon Wochen zuvor sind in allen Basaren des Landes die kleinen Goldfische zu kaufen, die auf der Newroz-Tafel das Glück repräsentieren. Was danach mit ihnen geschieht? Nun, das bleibt ein Geheimnis, (das ich eigentlich gar nicht kennen möchte).
Nicht alle sind an Newroz glücklich. Foto: KW.
Wir stellten uns jedenfalls auch zur wartenden Menge. Nicht unten, sondern oben, von wo wir einen guten Blick hatten. Dann sagte jemand etwas – wie ich inzwischen erfahren habe, verkündete er den Beginn von Newroz. Und dann brach die Hölle los. Jeder umarmte jeden. Und wünschte Glück. Und schenkte etwas. Und lachte. Und strahlte. Und dann hob ich die Augen von der sich vergnügenden Menge und sah die Menschen, die wie ich auf der Tribüne standen. Links die Hausmädchen, rechts die Boys. Sie lachten nicht, sondern sahen ernst hinunter. Eine Frau wandte sich ab, weil sie weinte und dabei nicht gesehen werden wollte. Auch ein Mann weinte und wurde liebevoll von den anderen Boys in die Mitte genommen. Es ging ihnen wohl wie denen, die Weihnachten nicht im Kreise ihrer Lieben feiern können, weil sie weit entfernt von der Familie arbeiten müssen. An den Festtagen fühlt man die erzwungene Distanz von der eigenen Familie nur umso schlimmer.
Schwimmende Newroztafel. Foto: KW.
Natürlich waren alle Sehenswürdigkeiten an Newroz geschlossen. Zum Glück. Wir hätten auch gar keine Zeit gehabt, weil wir uns viel lieber mit all den Feiernden treiben ließen. Die Stadt war überfüllt; aus der ganzen Umgebung waren Familien gekommen, die einen gemeinsamen Ausflug nach Isfahan machten. Ich glaube, ich habe während unseres Spaziergangs genügend Einladungen bekommen, um mich bis zum nächsten Newroz-Fest über Wasser zu halten. Die sonst schon enorm hohe Kontaktfreudigkeit der Iraner wird am Newrozfest noch größer.
Beenden wir die Schilderung der Iran-Reise mit diesem Blick auf Newroz. Denn es folgte nur noch die Rückreise. Wir mussten dafür um 1.45 aufstehen. Nicht Nachmittags. In der Nacht. Und die Umstellung auf die Sommerzeit brachte uns völlig durcheinander. Als der Wecker um 1.45 klingelte, zeigte Kurts Armbanduhr 0.45 und die Hoteluhr 11.45 – Verwirrung total. Wir gingen lieber ein bisschen früher in die Lobby, denn es war nicht möglich gewesen, unsere Hotelrechnung am Vorabend zu begleichen. Wir hätten ja noch eine Cola aus der Minibar nehmen können, und das musste von einem Hotel-Boy kontrolliert werden, in dem Moment, in dem wir darum baten, die Rechnung zu zahlen…
Wir flogen um 5.45 nach Istanbul und waren am frühen Nachmittag daheim. Na ja, wir schon, mein Gepäck nicht. Mein abenteuerlustiger Koffer nahm einen kleinen Umweg übers irakische Erbil. Und ich hatte mich schon gewundert, dass mein nur Farsi-sprechender Flughafen-Betreuer meinen Koffer auf ein anderes Fließband stellte. Leider waren meine lautstark auf englisch vorgetragenen Einwände ungehört in der verschlafenen Flughafenhalle verklungen…
Na ja, besser mein Koffer als ich.
Damit endet das numismatische Tagebuch von meiner Iranreise – und für alle, die immer noch nicht genug haben von numismatischen Tagebüchern. Ab Mitte April folgt das numismatische Tagebuch meiner Reise durch Südspanien. Die muss ich aber zu diesem Zweck erst einmal machen…
Alle Teile des Iranischen Tagebuchs finden Sie hier.