von Bernd Kluge
2. Februar 2012 – Das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin im Bode-Museum zeigt vom 24. Januar bis 14. Oktober 2012 eine Ausstellung zu Friedrich dem Großen auf Münzen und Medaillen. Friedrich reformierte das Münzwesen und produzierte die vielfältigsten Prägungen aller Herrscher Preußens.
8 Gute Groschen – Wochensold eines preußischen Soldaten und klassische Münzsorte des Siebenjährigen Krieges, 1756, Münzstätte Berlin. Silber, 32 mm, 8,61 g. IKMK 18219520. Foto: Dirk Sonnenwald.
Jeder Soldat des Regiments Lestwitz, das sich in der für Friedrich II. desaströsen Schlacht von Kunersdorf bei Frankfurt / Oder am 12. August 1759 besonders tapfer gehalten hatte, erhielt vom König dafür eine Belohnung („douceur“) von 8 Groschen. Das entsprach damals in etwa dem Wochensold eines preußischen Infanteristen. Ein zusätzlicher Wochensold war eine passable, aber keine königliche Belohnung, zumal für 8 Groschen infolge der kriegsbedingten Preissteigerungen – wir sind im dritten Jahr des Siebenjährigen Krieges – kaum noch zwei Pfund Schweinefleisch zu haben waren. Friedrichs Soldaten fühlten sich mit 8 Groschen in der Woche deshalb auch keineswegs überbezahlt, denn für diesen meist pünktlich gezahlten Sold verlangte der König eine ganze Menge.
Als einmal die von der Schlacht ermatteten Regimenter am Abend nochmals zu einer neuen Attacke vorrücken sollten, meuterte die Truppe und es sollen die berühmten Worte gefallen sein: „Lass gut sein, Fritz – für 8 Groschen war das heute genug.“ Ob dies die Replik auf die harschen Worte des Königs: „Kerls, wollt ihr denn ewig leben?“ waren, ist ebenso wenig sicher, wie Zeit und Ort dieses Wortwechsels. Meist wird die Anekdote mit der von Friedrich verlorenen Schlacht von Kolin am 18. Juni 1757 in Zusammenhang gebracht. Der große Preuße Theodor Fontane hat sie in einer seiner Balladen der Schlacht von Torgau am 3. November 1760 zugelegt und sich auch numismatisch eigenwilliger gezeigt.
Auch die Grenadiere wollen nicht mehr /
Wie ein Rasender jagt der König daher /
Und hebt den Stock und ruft unter Beben /
„Racker, wollt ihr denn ewig leben? /
Bedrüger …“ /
„Fritze, nichts von Bedrug; /
Für fünfzehn Pfennig ist’s heute genug.“
Die von Fontane dem Grenadier in den Mund gelegten 15 Pfennige sind der Tagessold, was dann 8 Groschen die Woche oder 1,5 Taler im Monat ausmacht (1 Taler = 24 Groschen = 288 Pfennige).
Kolin oder Torgau, 8 Groschen oder 15 Pfennige, Dichtung, Wahrheit und Legende – das Bild des großen Preußenkönigs liegt unter vielen Malschichten verborgen. Es fehlt weder an glühenden Verehrern, die ihn nur „den Großen“ nennen, noch an erbitterten Gegnern, die ihm die historische Größe absprechen. Selbst auf dem eher nüchternen Feld des Geldes rühmen ihn die einen als den großen Reformer und weitblickenden Modernisierer, die anderen schmähen ihn als den Spekulanten und Betrüger, der den Siebenjährigen Krieg über eine gigantische Münzverschlechterung finanzierte.
In Vielfalt und Umfang der Münzproduktion ist er der interessanteste aller preußischen Könige – Friedrich der Münzreiche. Das alles ist Grund genug, im Jahr des 300. Geburtstages des Sonntagskindes Friedrich das von ihm besonders traktierte Medium der Münzen und Medaillen in einer Ausstellung vorzuführen, zumal das Münzkabinett hier aus einem konkurrenzlosen eigenen Bestand von über 3.500 Objekten schöpfen kann.
Der schöne Jüngling auf dem Taler 1740 zum Regierungsantritt Friedrichs II. Silber, 43 mm. IKMK 18205928 © Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin. Foto: Dirk Sonnenwald.
Von seinem Vater, dem Soldatenkönig und Plusmacher, erbte Friedrich einen gut gefüllten Staatsschatz. Nach sechs Regierungsjahren mit zwei Kriegen waren die väterlichen Rücklagen aufgebraucht. Neue Wege mussten beschritten und dem Staat neue Einnahmequellen erschlossen werden. Zu den Dingen, die Friedrich dabei energisch anging, gehörte die überfällige Reform des Münz- und Geldwesens. Die dazu im Deutschen Reich gültigen Vorschriften stammten großenteils noch aus dem 16. Jahrhundert und gingen an den tatsächlichen Verhältnissen, insbesondere dem seither stark gestiegenen Silberpreis, vorbei. Seit Jahrzehnten wurde darüber auf dem in Permanenz tagenden Reichstag in Regensburg verhandelt, ohne dass es zu großen Fortschritten kam. Für Friedrich galt Münzgeld als Ware wie andere Waren auch, das für den Staat endlich profitabel hergestellt werden sollte.
Mit neuen Vorschlägen hierzu hatte 1749 der aus Braunschweig stammende Handelskaufmann und Münzexperte Johann Philipp Grauman (Graumann) (1706-1762) Aufsehen erregt. Friedrich machte ihn 1750 zum Generaldirektor des Münzwesens in Preußen und zahlte ihm dafür ein Jahresgehalt von 6.000 Talern.
Die große Münzreform – Erster Taler der von Johann Philipp Grauman 1750 ins Werk gesetzten Münzreform aus der reorganisierten Münzstätte Berlin (A). Der Name „Reichstaler“ ist am Kaiserhof in Wien als Affront des Preußenkönigs empfunden worden. Silber, 38 mm, 22,08 g, IKMK 28219377. Foto: Dirk Sonnenwald.
Grauman führte ein neues Münzsystem (14 Talerfuß, „Graumanscher Münzfuß“) ein, und die bis dato als private oder halbprivate Unternehmen wirtschaftenden Münzstätten wurden modernisiert und zu Staatsbetrieben gemacht. Berlin wurde zur zentralen Münzstätte Preußens ausgebaut und bekam das Münzzeichen A. Die weiteren Münzstätten waren Breslau (B), Kleve (C), Aurich (D), Königsberg (E), Magdeburg (F) und Stettin (G).
Im Siebenjährigen Krieg 1756-1763 setzte Friedrich seine neuen Münzgrundsätze außer Kraft. Alle Münzstätten in Preußen und im besetzten Sachsen wurden an jüdische Unternehmer (Münzentrepreneurs) verpachtet, die dem König einen hohen Schlagschatz zu zahlen, ansonsten aber praktisch freie Hand hatten. Bekanntester dieser Münzentrepreneurs ist der Berliner Bankier Veitel Ephraim, der es durch die massenhafte Produktion unterwertiger und rückdatierter Münzen mit dem Bildnis des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Friedrich August, der sog. Ephraimiten, zu Reichtum und beim Berliner Volksmund zu dem Vierzeiler brachte: „Von außen schön / von innen schlimm / von außen Friedrich / von innen Ephraim“.
1764 wurde die Graumansche Münzreform, freilich ohne Grauman, der schon 1755 entmachtet worden war, wieder in Kraft gesetzt und bis zum Tode Friedrichs umfangreich und ordentlich gemünzt. Ab 1768 ist das preußische Kurantgeld fast vollständig in Berlin hergestellt worden. Dazu wurde eine zweite Münzfabrik, die „Neue Münze“, eingerichtet. Die Münzstätten Stettin, Kleve, Aurich und Magdeburg wurden als unrentabel geschlossen. Breslau und Königsberg beschränkten sich im Wesentlichen auf das für Schlesien bzw. Ostpreußen benötigte Kleingeld.
Dieses Kleingeld, die Provinzialmünzen, wurden nach einem geringeren Münzfuß produziert und waren in den einzelnen Landesteilen ganz unterschiedlich. In Brandenburg waren es hauptsächlich Gutegroschen (1/24 Taler), Sechser (1/48 Taler) und Pfennige, in den westlichen Provinzen Mariengroschen (1/36 Taler) und Stüber. Ostpreußen hatte verschiedene Groschensorten (18-, 6-, 3-Gröscher) und Schillinge. Schlesien behielt das alte österreichische, auf Kreuzer und Gröschel basierende Münzsystem.
Nach dem Siebenjährigen Krieg wurde das früher in jeder Münzstätte mehr oder weniger gut gelungene Bildnis Friedrichs von einem durch die Berliner Münze vorgegebenen „Staatsporträt“ abgelöst. Das erste, von 1764 bis 1774 verwendete Porträt entwarf Jacob Abraham …
Der Alte Fritz – Das seit 1771 auf allen Talern verwendete eindrucksvolle Altersbildnis Friedrich II. ziert auch seinen „Sterbetaler“ 1786. Das zwischen zwei Punkte und die Jahreszahl 1786 gesetzte A ist als 17. A(ugust). (17)86, das Todesdatum Friedrichs II., gelesen worden. Tatsächlich bedeutet das A zwischen Punkten aber das Zeichen für die zweite, die Neue Münze in Berlin. Silber, 38 mm, 22,13 g, IKMK 18205929. Foto: Dirk Sonnenwald.
Die Medaillen Friedrichs stehen in der Tradition der seit dem Sonnenkönig Ludwig XIV. (1643-1715) an den Höfen Europas üblichen „Histoire métallique“, d. h. sie illustrieren und propagieren die Taten und Erfolge des Herrschers. Dass dabei die großen Schlachtensiege Friedrichs besonders gefeiert wurden, versteht sich von selbst. Aber auch „zivile“ Taten, wie etwa die Reform des Münzwesens und der Justiz, sind mit offiziellen Medaillen bedacht worden. Alle „Staatsmedaillen“ Friedrichs sind in der Berliner Münze hergestellt worden. Bedeutendster Medailleur war der 1748 angestellte Schwede Nils Georgi (1717-1790).
Der Kriegsheld – Medaille von Ludwig Heinrich Barbiez auf den Sieg Friedrichs in der Schlacht bei Hohenfriedberg 1745. Gold, 47 mm, 71 g. IKMK 18202066. Foto: Lübke & Wiedemann.
Aber auch der vor Georgi tätige, immer etwas unterschätzte Berliner Ludwig Heinrich Barbiez (1712-1754), und nach dem Siebenjährigen Krieg der aus Strelitz gebürtige Jakob Abraham (1723-1800) sowie der aus Thüringen zugewanderte Daniel Friedrich Loos (1735-1819) haben als Medailleure in Berlin Beachtliches geleistet.
Prof. Dr. Bernd Kluge ist Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin im Bode-Museum.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (144 Seiten, gebunden, 14,90 Euro).
Die Ausstellung zeigt nur einen kleinen Teil der über 3.500 Münzen und Medaillen Friedrichs des Großen im Münzkabinett. Der Gesamtbestand der Münzen wird in einer besonderen Publikation vorgelegt, die Mitte 2012 erscheint.
Alle Münzen und die Mehrzahl der Medaillen Friedrich des Großen sind aber bereits jetzt im Interaktiven Katalog des Münzkabinetts im Internet abrufbar.
Die Staatliche Münze Berlin hat die Jahresgabe 2012 zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen aufgelegt. Hier sehen Sie die Gedenkprägung.
Außerdem hat die Bundesrepublik Deutschland dem Jubiläum eine 10-Euro-Gedenkmünze gewidmet.
In Schloss Sanssouci können Sie die Ausstellung Friederisiko besichtigen.
In Schloss Sanssouci können Sie die Ausstellung Friederisiko besichtigen.
In Schloss Sanssouci können Sie die Ausstellung Friederisiko besichtigen.