von Ursula Kampmann
3. November 2016 – Seit 10 Jahren geben die Staatlichen Münzen Baden-Württemberg ihre erfolgreiche Serie „Erfinder aus Baden-Württemberg“ heraus. Nach weltbekannten Tüftlern wie Ferdinand Porsche, Margarete Steiff und Gottlieb Daimler ist die Medaille des Jahres 2016 …
Die neue Medaille aus der Serie „Erfinder aus Baden-Württemberg“ von 2016. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
… dem „Vater der Motorsäge“ gewidmet, Andreas Stihl.
Mit einem Gewicht von „nur“ 12 Kilogramm wurde die Stihl Contra zu der Kettensäge, mit der sich endgültig die Motorisierung der Waldarbeit durchsetzte. Die Stihl Contra ist auf der Rückseite der Medaille abgebildet. Foto: Guido Habers / Wikipedia CC 2.5
Andreas Stihl entwickelte seine erste Motorsäge im Jahre 1926. Sie sollte „den Menschen die Arbeit mit und in der Natur erleichtern“. Tatsächlich veränderte die Idee, nicht den Baum zum Sägewerk, sondern ein kleines Sägewerk zum Baum zu bringen, die Holzwirtschaft. Mit der klassischen Stihl Contra, die 1959 der Öffentlichkeit präsentiert wurde, schuf Stihl die erste getriebelose Motorsäge. Sie wurde zum Erfolgsmodell. 200.000 Stück wurden in nicht einmal zwei Jahren gebaut. Das Unternehmen musste 1961 eigene Frachtflugzeuge chartern, um die unglaubliche Nachfrage in Kanada und USA zu befriedigen.
Die Finanzministerin des Landes Baden-Württemberg, Edith Sitzmann MdL, und der Münzleiter, Dr. Peter Huber, übergeben den Vertretern der Andreas Stihl AG die Kunstmedaille. Von links nach rechts: Dr. Nikolas Stihl, Aufsichtsratsvorsitzender von Stihl und Enkel des Firmengründers, Edith Sitzmann, Dr. Peter Huber, Hans Peter Stihl, ehemaliger Firmenleiter und Sohn von Andreas Stihl. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Heute hat die immer noch Familiengeführte Andreas Stihl AG weit über 14.000 Mitarbeiter, mit denen sie 2015 einen Umsatz von 3,25 Mia. Euro erzielte. In Sachen Motorsägen ist Stihl Weltmarktführer.
Entwurfszeichnungen aus der Feder von Prof. Ulrich Böhme. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Der Entwurf zur Medaille für Andreas Stihl entstand in enger Absprache mit Vertretern seines Unternehmens, die sorgfältig darauf achteten, dass der Holzarbeiter auf der Rückseite die Motorsäge nicht nur korrekt einsetzt, sondern auch eine ergonomisch korrekte Haltung einnimmt. Verantwortlich für den Entwurf zeichnet Prof. Ulrich Böhme, der auch die anderen Medaillen der Serie gestaltete.
Der Gips für die Rohgussplatte wird angerührt. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Für die Hochrelief-Medaillen der Serie „Erfinder aus Baden-Württemberg“ wird ganz in alter Handwerkstradition der Entwurf erst im Gipsmodell gestaltet. Hier wird das dafür notwendige Material angerührt.
Es gibt die Rohgussplatte nicht zu kaufen. Der Graveur muss sie sich aus Gips selbst gießen. Foto: Staatliche Münzen-Baden-Württemberg.
Jeder Medailleur stellt sich den Modellträger, die so genannte Rohgussplatte, in die er seine Darstellungen schneidet, selbst her.
Der Entwurf wird auf den Gips übertragen. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Verantwortlich für die Umsetzung des Entwurfs in das dreidimensionale Design ist der Graveur Werner Mebert. Er hat für alle Medaillen der Serie „Erfinder aus Baden-Württemberg“ mit Ulrich Böhme zusammengearbeitet. Hier überträgt er die Konturen des Designs auf das Gipsmodell – natürlich spiegelverkehrt.
Ergänzungen mit dem Bleistift. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Vorsichtig ergänzt Werner Mebert Fehlstellen, die nach dem Durchpausen geblieben sind, mit einem Bleistift.
Die Konturen werden herausgearbeitet. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Anschließend werden die Konturen herausgearbeitet. Werner Mebert benutzt dafür seine Reißnadel, die er wie alle seine Werkzeuge, selbst angefertigt hat.
Der Entwurf ist für den Graveur ausschlaggebend. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Anhand des Entwurfs erarbeitet der Graveur ein konkaves Modell, das dem späteren Stempel entspricht.
Das konvexe Modell, Ausgangsbasis für die Stempelproduktion. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Das konkave Gipsmodell wird abgeformt zu einem konvexen Modell, das der späteren Hochrelief-Medaille entspricht. Selbstverständlich wird auch an dieser Stufe noch überarbeitet. Mittels modernster Lasertechnik wandelt man dieses Modell in eine Bilddatei in höchstmöglicher Auflösung um.
Zwischenstufe im Computer. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Die wird mit einem Programm, das eigens zur Stempelherstellung entwickelt wurde, bearbeitet, so dass die kleinsten Feinheiten detailliert gestaltet werden können, und das feiner als es von Hand geschehen könnte.
Mit Hilfe des Datensatzes wird ein Stempel erstellt. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Danach wird der Datensatz maschinell in mehreren Schritten in einen Stempel überführt. In einem ersten Durchlauf erfolgt die grobe Bearbeitung, …
Die Erstellung des Stempels erfolgt in mehreren Schritten. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
… in einem zweiten Schritt die Feinarbeit. Aber damit ist die Arbeit noch nicht getan.
Und noch einmal wird älteste Handwerkskunst eingesetzt, um einen perfekten Stempel zu erhalten. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Der Stempel wird von Hand bearbeitet, geglättet und natürlich hinsichtlich kleinster Details von Hand optimiert.
Der Prägeprozess mit acht Hüben von bis zu 450 Tonnen auf einer ölhydraulischen Presse von Sack & Kiesselbach. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Erst dieser Stempel – natürlich nicht das Original, sondern eine identische Abformung – wird für den Prägeprozess eingesetzt. Wegen des extrem hohen Reliefs der Silber- und Bronzevarianten der Kunstmedaille braucht es dafür ganz besondere Sorgfalt. Die Stücke werden mit acht Hüben mit einem Druck von bis zu 450 Tonnen auf einer ölhydraulischen Presse von Sack & Kiesselbach hergestellt.
Um eine perfekte Patina zu erzielen, muss die Oberfläche erst künstlich aufgeraut werden. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Doch damit ist die Arbeit an der Kunstmedaille noch immer nicht beendet. Um die feine Patinierung zu erzielen, wird die Oberfläche erst einmal sandgestrahlt, um sie aufzurauen.
Danach wird gebeizt. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Damit ist sie für das Bad in der Beize vorbereitet. Dieses dient dazu, ihr die feine Tönung zu verleihen.
Und die überflüssige Beize entfernt. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Nach diesem Bad ist die ganze Medaille erst einmal dunkel. Nun werden mittels einer Bürste und einer Bimssteinpaste Teile der Prägung wieder von der Beize befreit, so dass die Patina das Hochrelief optimal hervorhebt.
Medaille Andreas Stihl aus der Serie „Erfinder aus Baden-Württemberg 2016“. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Erst dann ist die Kunstmedaille Albert Stihl fertig.
Hier können Sie die Andreas Stihl-Hochrelief-Medaille bestellen.
Mehr über die Geschichte von Stihl erfahren Sie hier.
Auch wer keine Verwendung für Motorsägen hat, kennt zumeist den Stihl-Kalender, der weltweit in Tausenden von Werkstätten hängt. Wenn Sie selbst einen Eindruck bekommen wollen, warum das so ist, hier finden Sie die heißesten Bilder aus 40 Jahren….
Mehr über Ulrich Böhme, der die Medaille entworfen hat, gibt es auf Wikipedia.
Über die Staatlichen Münzen Baden-Württemberg hatten wir schon mehrfach berichtet. Einen Rundgang durch die Münze Stuttgart können Sie hier machen. Und hier besuchen wir die Münze Karlsruhe.
Dass Motorsägen einfach gute Laune machen, weiß man spätestens seit dem Lied „Wirf die Motorsäge an“ der Ersten Allgemeinen Verunsicherung.