100 Köpfe – Das Medaillenwerk von Hubertus von Pilgrim

[bsa_pro_ad_space id=4]

von Dietrich O. Klose

7. August 2014 – Der Bildhauer, Kupferstecher und Medailleur Hubertus von Pilgrim, Jahrgang 1931, ist von humanistisch-literarischer Bildung geprägt, sie ist für seine Persönlichkeit und für seine Kunst konstitutiv. Er fand in Persönlichkeiten der Geschichte und des Geistes „Gesprächspartner“ und eine künstlerische Herausforderung. So entstand auf Medaillen wie in der Plastik eine eindrucksvolle Porträtgalerie, begleitet von einer intensiven geistigen Auseinandersetzung mit Leben und Werk.

Medaille auf Erich Heckel, 2004. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Medaillenschaffen des Künstlers, das hier vollständig präsentiert werden kann. Zur Medaille ist Hubertus von Pilgrim erst spät gekommen.
Geboren 1931 in Berlin wurde von Pilgrim 1951 bis 1954 durch Erich Heckel unterwiesen und studierte gleichzeitig Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Heidelberg. Von 1954 bis 1960 absolvierte er ein Bildhauerstudium in Berlin bei Bernhard Heiliger (Meisterschüler). Anschließend ging er zur Vervollkommnung in der Kupferstichtechnik nach Paris zu Stanley W. Hayter. 1961/62 war er Stipendiat in der Villa Serpentara in Olevano Romano.
1963 wurde er an die Staatliche Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig berufen, anschließend war von Pilgrim von 1977 bis 1995 Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. Seitdem ist er freischaffend tätig. Im öffentlichen Auftrag entstanden bedeutende Werke, durchgängig dabei war das Thema „Denkmal“.

Medaille auf Hermann Hesse, 2003. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

Erst 1984 hat er, der sich selbst einmal als „Hauer und Stecher“ bezeichnete, durch einen Auftrag zu dieser kleinen Sonderform des Reliefs gefunden. Seitdem reizt ihn das „Wechselspiel zwischen Miniatur und Monument“, wie er es selbst genannt hat, und so entstanden auch raumgreifende Monumente auf der Grundlage von Medaillen wie der Ludwig-Erhard-Brunnen in Bad Godesberg. Ebenso reizt den Künstler das Wechselspiel von Bild und Schrift in der Form einer prägnanten, in eine kalligraphische Form gebrachten sprachlichen Aussage.

Medaille auf Lafontaines Fabel Der Löwe und die Ratte, 2007. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

Neben dem kompletten Medaillenwerk gibt die Ausstellung auch einen weitergehenden Einblick in das vielseitige weitere Œuvre des Künstlers. Wir sehen eine größere Zahl seiner Kupferstiche, die Figurengruppen, …

Kupferstich Konrad Adenauer, 1982. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

… Porträts von Konrad Adenauer bis Ezra Pound und – die jüngste Gruppe – einfühlsame Illustrationen chinesischer Gedichte nach und mit Übertragungen des Münchner Sinologen Thomas Höllmann zeigen.

Aus dem reichhaltigen plastischen Werk von Hubertus von Pilgrim können wegen des begrenzten Platzes nur einige wenige Beispiele gezeigt werden. Hier sehen wir die Porträtbüste auf den jüngst verstorbenen Verleger Rolf Becker, …

Radfahrer (Tour de France), Terrakotta, Stahldraht, 2009. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

… die Radfahrergruppe der „Tour de France“, …

Fischzug, Bronze, 1976. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

… die Bronzeplastik „Fischzug“, Modelle für die Entwürfe verschiedener Denkmäler wie das Ludwig-Erhard-Denkmal in Bonn oder das leider nicht ausgeführte Montgelas-Denkmal in München und anrührende Figuren aus der großen Gruppe der „Vertriebenen“.

Andere Monumente sind in großen Fotos zu sehen: der monumentale Adenauerkopf in Bonn, eines der 23 Monumente auf den Todesmarsch der Dachauer KZ-Häftlinge kurz vor ihrer Befreiung im April 1945, die an der Strecke des Marsches und in Jerusalem aufgestellt wurden, und etwa der Christus aus der Willehadikirche in Garbsen bei Hannover.

Reliefwand mit Dichtern und Schriftstellern, 2013/2014. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

Den Blick gleich beim Betreten des Ausstellungsraums auf sich zieht eine große Reliefwand an der Stirnseite des Raumes. Sie ist die jüngste Arbeit von Pilgrims, die erstmalig in dieser Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert wird. Diese Wand ist zusammengesetzt aus einzelnen Platten mit den Porträts von Dichtern und Schriftstellern und bezeichnenden Zitaten aus ihren Werken, mit jeweils zwei Platten für einen der auf diese Weise bildlich und geistig Porträtierten.

Medaille auf Theodor Fontane, 2004. © Hubertus von Pilgrim. Fotos: Nicolai Kästner.

Von Pilgrim setzt hier das fort, was viele seiner Medaillen mit Porträts und Zitatrückseiten zeigen. Ja, der Künstler hat bei den Planungen zu dieser Reliefwand durchaus die Parallele zur Medaille im Sinn gehabt. Doch hat er hier dann mit einem anderen ihm besonders vertrauten Material gearbeitet: die Tafeln sind in Ton modelliert bzw. geritzt und dann gebrannt.

Die Ausstellung kann man täglich außer Montag von 10 bis 17 Uhr besuchen.
Mehr Informationen zur Sonderausstellung finden Sie auf der Seite der Staatlichen Münzsammlung München.