von Ursula Kampmann
24. September 2015 – L’art pour l’art, die Kunst um der Kunst willen, ist eine Maxime, die nicht in die heutige Zeit passt. Kunst ist eine Ware geworden, die auf dem Kunstmarkt verhandelt wird. Dasselbe gilt für kulturelles Erbe. Nicht umsonst ist Dario Franceschini nicht nur Minister für die italienischen Altertümer, sondern auch für Tourismus.
Blick ins Kolosseum. Noch fehlt ein Boden, so dass die Substrukturen deutlich erkennbar sind. Foto: Jean-Pol Grandmont / Wikipedia.
Pläne für das Kolosseum
Unter diesem Blickwinkel betrachtet, hat das Kolosseum eindeutig ein Manko. Zwar wird es derzeit mit privaten Mitteln gründlich saniert, doch damit kann ein ehrgeiziger Tourismusexperte nicht zufrieden sein. Rund 6 Millionen Besucher verzeichnet das Kolosseum im Jahr. Die meisten lösen eine Eintrittskarte für 12 Euro. Einige investieren zusätzlich 5,50 Euro in den Audioguide. Wie viele Besucher wären bereit, wesentlich mehr zu bezahlen, wenn sie dafür im Kolosseum Schaukämpfe zu sehen bekämen?
Nun hat das Kolosseum leider keinen Boden. Den hat man nach einer Restaurierung im 19. Jahrhundert nicht wieder eingebaut. Für 18,5 Millionen (zum Vergleich die Renovierung des gesamten Baus kostet 25 Millionen) soll nun ein Boden eingebaut werden mit dem ausdrücklichen Ziel Reenactments der römischen Spiele zu ermöglichen und anderen Events Platz zu bieten.
Die Uffizien. © Samuli Lintula / Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0
Ein Anbau für die Uffizien
Ein ähnliches Problem kennen die Uffizien, Italiens meistbesuchtes Museum mit 1,87 Millionen Eintritten pro Jahr. Sie werden schlicht nicht optimal bewirtschaftet. Maximal 1.000 Besucher dürfen sich in den Räumlichkeiten aufhalten. Bedarf wäre für wesentlich mehr. Die Warteschlangen vor der Museumskasse sind enorm. Viele müssen heim geschickt werden, ohne ihnen die mehr als 20 Euro für einen Besuch der Uffizien abgenommen zu haben.
Ein Anbau für 18 Millionen würde das Problem lösen. Schließlich kann man mit dessen Hilfe die Besuchermassen auf einer größeren Fläche verteilen, so mehr Besucher gleichzeitig in die Uffizien schleusen und damit das finanzielle Potential der bildungshungrigen Touristen ausschöpfen.
Dario Franceschini, Italiens Minister für kulturelles Erbe, Kultur und Tourismus, twitterte stolz dazu: „Investitionen in kulturelles Vermögen ist zurück“. Klarer kann man es wohl nicht zum Ausdruck bringen, dass es bei diesen 80 Millionen nicht um den Erhalt des kulturellen Erbes geht, sondern darum, es für den Tourismus zu optimieren.
Weitere Projekte
Folgende weitere Projekte werden gefördert:
7 Mio. für den Polo Reale in Turin
7 Mio. für ein nationales Museum des Judentums und des Holocaust in Ferrara
7 Mio. für die Restaurierung der Certosa di Pavia
7 Mio. für ein Zentrum für moderne Kunst im päpstlichen Arsenal am alten Flusshafen von Rom
5 Mio. für die Fertigstellung eines Museums für neun römische Schiffe in Pisa
3 Mio. für die Renovierung der historischen Ponte Vecchio in Bassano del Grappa
3 Mio. für ein archäologisches Museum um die Giganten von Mont’e Prama auf Sardinien
2 Mio. für ein Museum für zeitgenössische Kunst in Aquila
1,5 Mio. für die Renovierung des archäologischen Museums von Aquileia
1 Mio. für die Ausgrabung und Renovierung der antiken römischen Villa in Spello.
490 Mio. für Süditalien
Dies ist übrigens noch nicht alles. Schon im Juni 2015 wurden 490 Millionen Euro versprochen, die in rund 60 touristische Sehenswürdigkeiten im Süden Italiens investiert werden sollen.
Italien scheint den Erhalt seines kulturellen Kapitals – nicht umsonst hat der Begriff „cultural assets“ in der Sprache der Politiker den Begriff des „cultural heritage“ verdrängt – ernst zu nehmen. Wobei, man darf auch nicht übersehen, dass die Ausgaben des italienischen Staates 2014 bei 803 Milliarden Euro lagen. Davon wären die großen Investitionen in die Förderung des Kulturtourismus von 2015 gerade einmal 0,07 %.
Wir nahmen entnahmen die wesentlichen Informationen einem Beitrag von Hyperallergic.