Markt-Report: Bemerkenswerte Exemplare aus Philatelie und Postgeschichte: Juli 2022

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Briefmarken-Auktionen konnten im ersten Halbjahr 2022 mit einer Reihe von Höchstpreisen glänzen, von der klassischen Periode bis zur Moderne. Neben gut situierten Philatelisten spielen auch Kapitalanleger eine Rolle im aktuellen Marktgeschehen.

90 Kreuzer für 450 000 Euro: „Schwarzer Einser“, Nummer 1 von Altdeutschland

Bayern war der erste Staat Deutschlands, der ab November 1849 Briefmarken zur Frankatur von Postsendungen einführte. Die Nummer 1, der kleinste Wert zu einem Kreuzer, wurde als „Schwarze Einser“ berühmt und begehrt bei Sammlern.

In München, wo das Postwertzeichen einst entstand, wurden 2022 bei der 70. Deider-Auktion 450 000 Euro für einen halben Druckbogen mit 90 Marken geboten. Zwischen den beiden Hälften blieb ein senkrechter Zwischensteg unbedruckt, fast alle Werte waren postfrisch erhalten. Das museumswürdige Exemplar gilt in Privatbesitz als Unikat aus der Sammlung der renommierten Briefmarken-Expertin und Prüferin Maria Brettl. Herausragende gestempelte Stücke brachten bis zu 2.500 Euro, Dreierstreifen 14.500 und 10.500 Euro.

Die „Betrunkene Konkubine“: teuerster Block von China

Vor 60 Jahren, im Sommer 1962, erschien die teuerste Ausgabe der Volksrepublik China. Acht Motive ehrten den berühmtesten Darsteller der Peking-Oper, Mei Lanfang (1894-1961). Als Krönung gab es ab 15. September 1962 eine großformatige Briefmarke zu 3 Yuan mit einer Szene seiner Paraderolle als „Betrunkene Konkubine“, umgeben von einem weiß-blau dekorierten Rand in Blockform. Nur 20.000 Stück soll die Auflage betragen haben, die sich jedoch wegen des für Chinesen vergleichsweise hohen Preises schlecht verkauften. Angeblich wurden Restbestände zu Beginn der Kulturrevolution vernichtet.

Von 35 Mark für postfrisch wie gestempelt im Michel-Katalog 1965 sind die Notierungen für die Blocks bisher in großen Sprüngen bis auf 18.000 / gestempelt 8.000 Euro geschossen. Auch zwischenzeitliche Schwächephasen sind derzeit überwunden, wie aktuelle Auktionsergebnisse signalisieren.

Anzumerken ist die besondere Seltenheit völlig einwandfreier Exemplare. Michel stellt dazu fest: „Block 8 hat fast immer kleine Fehler. Solche Stücke sind bewertet. Fehlerfreie Stücke ★★ ca. 70 Prozent Aufschlag.“

Wir konnten einige postfrische Exemplare unterschiedlicher Qualität registrieren, die auf dem europäischen Markt in den vergangenen Wochen zu Preisen zwischen 8.900 und 18.000 Euro zugeschlagen wurden; zuzüglich Provision noch ca. 25-30 Prozent teurer. Oberhalb einige Beispiele mit den englischen Original-Beschreibungen, Ergebnissen und Abbildungen.

Einmal im Jahrhundert gemeinsam: „Oil Rivers“ Provisorien von „Old Calabar“

Als die Briten in den 1890er-Jahren begannen, die Nigerküste in Westafrika als Protektorat zu beanspruchen, kamen einige rare Briefmarken-Provisorien in Umlauf. Britische Freimarken mit Aufdruck „OIL RIVERS“ erhielten lokale Handstempel mit geänderten Wertangaben.

Die drei Werte zu 20/- auf 1 Shilling mit Handstempeln in den Farben violett, rot und schwarz zählen als „Old Calabar“ Provisorien zu den seltensten Stücken Afrikas und der britischen Kolonialgebiete. Bei Corinphila in Zürich wurden sie wohl erstmalig in einem Jahrhundert gemeinsam angeboten, in Sonderkatalogen aus einer Top-Kollektion unter dem Pseudonym „BESANÇON“. Das Ergebnis: 520.000 Franken nach einem Startpreis zu 160.000, weit über der Bewertung von 380.000 Pfund nach Katalog von Stanley Gibbons. Auch viele weitere Einzelstücke wurden um ein Mehrfaches der Ausrufe gesteigert und erzielten Zuschläge jenseits der Katalognotierungen.

250.000 Franken spielte der „Winterthur-Brief“ als Titelstück des Schweiz-Katalogs ein. Belgiens Bogenecke der Nummer 1 auf Brief ex Provera schoss von 400 bis auf 24.000 Franken!

Gefragtes Stück: Von Japan nach Bulgarien

Unter den besten Ergebnissen für Belege des 20. Jahrhunderts schloss in der 22. Stampedia Auction der gezeigte Brief mit einem überraschenden Ergebnis von 360.000 Yen (ca. 2.800 Euro). Die Einzelfrankatur mit der blauen 20 Sen JPS 188 reiste zu einem Professor der Ecclesiastical Academy in Sofia, Bulgarien. Der Eingang wurde mit 1923.XI.9 handschriftlich vermerkt. Der Inhalt berichtet in deutscher Sprache von einer erwünschten Hilfsaktion.