16. Juni 2011 – Die MünzenWoche erhielt die Einladung, doch einmal in der Münzstätte Stuttgart vorbeizuschauen. Natürlich haben wir uns das nicht zweimal sagen lassen. Immerhin blickt diese Münzstätte, für die auf deutschen Münzen der Buchstabe F steht, auf eine mehr als 600jährige Tradition zurück. Im Jahr 1374 verlieh Kaiser Karl IV. dem württembergischen Grafen Eberhard II. das Privileg, Münzen zu prägen.
Die Münze Stuttgart von außen gesehen. Foto: Staatliche Münzen Baden-Württemberg.
Seit 1967 findet man die Münze Stuttgart in einem modernen Gebäude im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt. Wer dorthin will, wo die deutschen Münzen geprägt werden, der muß erst einmal seinen Ausweis zeigen und dann alles Münzgeld aus seinen Taschen entfernen. Schließlich wird jeder – vom Direktor über den Besucher bis hin zum Azubi – untersucht, wenn er das Gebäude wieder verläßt.
Hier entstehen die Stempel. Foto: UK.
Wer durch die Produktionshallen geht, vergißt, daß er in einer Metall verarbeitenden Industrieanlage ist. Die hellen Böden sind so sauber, daß man eher an Hightech als an schwere Maschinen denkt.
Für die Münzprägung braucht es eine Vielzahl von völlig identischen Prägewerkzeugen. Foto: UK.
Und tatsächlich handelt es sich hier um Hightech: Die Stuttgarter Münzstätte hat sich unter Kollegen einen Ruf als innovatives Unternehmen gemacht. Hier werden die neuesten Techniken angewendet, so zum Beispiel das von der Firma Sack & Kiesselbach entwickelte Direkteinsenk-Verfahren zur Stempelherstellung. Damit können in relativ kurzer Zeit sehr viele völlig identische Werkzeuge hergestellt werden, wie man sie für die Münzproduktion als Prägestempel braucht.
Prägesaal, hier entstehen die deutschen Umlaufmünzen. Foto: UK.
Die Münzstätten Baden-Württemberg, also Stuttgart und Karlsruhe, die zu einem gemeinsamen Unternehmen zusammengefaßt sind, produzieren gemeinsam 38 % der deutschen Umlaufs- und 40 % der deutschen Sammlermünzen. Dazu kommen Aufträge anderer Staaten und ein Medaillenprogramm.
Der Direktor der Zentralbank von Bangladesh freut sich über seine in Stuttgart geprägten Gedenkmünzen. Foto: Nico Leithoff.
So entstanden in Stuttgart zum Beispiel die anläßlich der Cricket Weltmeisterschaft 2011 ausgegebenen Gedenkmünzen.
Ein warmer Geldregen. Die Autorin Ursula Kampmann genießt es, einmal Dagobert Duck zu spielen. Foto: Nico Leithoff.
38 % der deutschen Umlaufsmünzen, kein Wunder, daß für solche Mengen die neuesten Prägemaschinen notwendig sind. Mit ihren Schuler-Pressen MRV und MRH 150 kann die Stuttgarter Münzstätte 750 Umlaufmünzen bis zum 2-Euro-Stück pro Minute (!) prägen. Das entspricht 360.000 Stücken in acht Stunden.
Pille und Ring werden erst bei der Prägung zusammengefügt. Foto: UK.
So hohe Prägezahlen sind auch notwendig. Schließlich entstanden 2010 in der Stuttgarter Münzstätte allein an Umlaufmünzen 113.280.000 1-Cent-Stücke, 87.360.000 2-Cent-Stücke, 47.760.000 5-Cent-Stücke, 29.280.000 20-Cent-Stücke und 23.520.000 2-Euro-Stücke, das ergibt insgesamt rund 188 Millionen Umlaufmünzen!
Ein Aufzug für Schrötlinge in die Prägepresse. Foto: UK.
Natürlich nutzt man alle Möglichkeiten, um das Verfahren zu beschleunigen. Hier ein Aufzug, der die Schrötlinge zur Prägepresse transportiert.
Eine halbautomatische Verpackungsanlage. Foto: UK.
Und auch die Verpackung erfolgt halbautomatisch.
Kistenweise Geld. Foto: UK.
In großen Kisten lagern die Vorräte an Münzen in gesondert gesicherten Tresorräumen, bevor sie zur Bundesbank weitergeschickt werden.
Hier können innerhalb des Gebäudes die Münzen verladen werden. Foto: UK.
Um höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten, findet das Beladen der gesicherten Werttransporte innerhalb des Gebäudes statt. Die Lastwägen können in die Münzstätte hineinfahren. Den inneren Bereich der Prägestätte bekommen die Fahrer aber gar nicht zu sehen.
Eine Wasseraufbereitungsanlage; im Bild rechts Peter Preuss, Produktionsleiter Stuttgart und Karlsruhe; links Dr. Peter Huber, Direktor der Staatlichen Münzen Baden-Württembergs. Foto: UK.
Natürlich wird in Stuttgart auch der Umweltschutz groß geschrieben. Bei der Reinigung der Ronden zum Beispiel werden große Mengen von Wasser verbraucht. Für dessen Aufbereitung gibt es eine Vakuumdestillationsanlage. Sie entfernt alle Verunreinigungen und Restmetalle, so daß mit diesem Wasser die nächsten Ronden gereinigt werden können. Das spart eine große Menge Frischwasser.
Die Abteilung Sammlermünzen. Foto: UK.
Hier geht es in die Abteilung Sammlermünzen.
125 Jahre Automobil: Gedenkmünzen in Silber. Foto: UK.
Hier werden schon lange vor der Ausgabe die Gedenkmünzen für die Sammler vorbereitet.
Beim Verpacken. Foto: UK.
Von Hand wird liebevoll jedes einzelne Stück in die Kapsel getan.
Eine Prägepresse mit einem Sonderumbau zur Prägung von besonders hohem Relief aus dem Hause Sack und Kiesselbach. Foto: UK.
Die Münze Stuttgart hat auch ein sehr ambitioniertes Medaillenprogramm aufgelegt, bei dem man mittels ausgefeilter Technik ein besonders hohes Relief erreicht, wie es die moderne Medaillenprägung nur noch selten kennt.
Patinierung von Hand. Foto: UK.
Die Patina wird dabei wie noch im 19. Jahrhundert von Hand aufgetragen.
2006 wurde die Münze Stuttgart Sieger im deutschlandweiten Wettbewerb „Land der Ideen“. Und so paßt das Thema der Medaillenserie wunderbar zum „Musterländle“, zu den Münzstätten Baden-Württemberg und zur deutschen Höchstleistung, die in einem so bescheidenen Gewand daherkommt. Es heißt „Erfinder und Tüftler aus Baden-Württemberg“ und ist den Männern gewidmet, deren Erfindungen die Welt verändert haben. Karl Drais, der Vater des Fahrrads, Artur Fischer, der mit seinem Blitzlicht die private Fotographie und mit seinem Fischerdübel das Heimwerken revolutioniert hat, oder der Konstrukteur Karl Maybach, sie alle gehören zu der großen Tradition, in die sich auch die Münzstätte Stuttgart einreiht.
von Ursula Kampmann
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Hier geht es direkt zur Kunstmedaillenserie „Erfinder und Tüftler aus Baden-Württemberg“.