15. Dezember 2011 – Er war ein Original. Jedem, der irgendwann einmal im Rahmen der Numismatischen Gesellschaft zu Hannover einen Vortrag gehalten hat, sind die diskussionserfüllten, gemütlichen und stets von einem Glas guten Wein begleiteten Abende im Haus von Dr. Manfred Gutgesell – für seine Freunde Rudi – unvergeßlich. Nun verstarb der liebenswerte Sammler, großherzige Freund und energische Präsident der Numismatischen Gesellschaft zu Hannover völlig unerwartet am 10. Dezember 2011 wie er es sich gewünscht hätte: Beim Sortieren seiner Münzsammlung.
Dr. Manfred „Rudi“ Gutgesell (1948-2011). Foto: Stefan Mai.
Eigentlich war Dr. Manfred Gutgesell, geboren am 10. Juni 1948, von Natur aus Ägyptologe und zwar einer der ganz besonderen Art. Während andere die ägyptische Kunstgeschichte vervollständigten, beschäftigte er sich in seiner Dissertation „Arbeiter und Pharaonen“ mit einem noch völlig unbeackerten Gebiet, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Alten Ägypten.
Rudi war und blieb ein Querdenker, der neue Wege ging und sich nicht von traditionellen Rollenbildern beeinflussen ließ. Obwohl er damals mit seiner Habilitationsarbeit in Tübingen bereits weit fortgeschritten war, zog er zu seiner beruflich erfolgreichen Ehefrau Beate nach Hannover und wechselte damit in eine freiberufliche Tätigkeit. Ihm war das eheliche Miteinander wichtiger als eine eigene Karriere in der ägyptologischen Forschung.
Fachliche Erfüllung fand Rudi in der Numismatik, der er sich mit allem Ernst widmete, den ein Privatgelehrter auf seine Forschungen verwenden mag. Er liebte die römische Republik und studierte mit Begeisterung die antiken Autoren. Viele spannende Aufsätze und noch mehr umwerfende Vorträge verdankt die numismatische Gemeinschaft seinen Forschungen.
„Sein“ Münzverein und „sein“ Museum, das Museum August Kestner in Hannover, bildeten wichtige Fixpunkte in seinem Leben. Was Rudi als Motor der Numismatik in Hannover geleistet hat, ist schwer in Worten zu fassen. Er brachte Menschen zusammen. Für ihn war klar, daß jeder, der sein Freund war, auch der Freund all seiner Freunde sein würde. Berührungsängste kannte er nicht. Gleich ob kleiner Student, ob hochdekorierter Professor, Rudi behandelte alle gleich und erwartete dies auch von all seinen Freunden untereinander. Wer ihn besuchte, wurde im Handumdrehen zu einem Familienmitglied.
Seinem begeisterten und begeisternden Naturell konnte sich niemand verschließen. Er machte jeden zu seinem Freund, und damit zu einem Freund der Numismatik. Noch jeden neuen Direktor des Museums August Kestner konnte er von der Bedeutung der Numismatik überzeugen.
Wohl der Höhepunkt seines Wirkens am Museum August Kestner war die Ausstellung „Olympia – Geld und Sport in der Antike“. Es war Rudi, der in unzähligen Telefonaten Sponsoren einwarb, hochkarätige Autoren für den Ausstellungskatalog verpflichtete und über Leihgaben verhandelte. Es ist bezeichnend, daß diese Ausstellung als „ein Kooperationsprojekt von Kestner-Museum und Numismatischer Gesellschaft zu Hannover“ bezeichnet wird.
Wie sehr Rudi sich völlig uneigennützig für die Numismatik einsetzte, wurde erneut 2008/2009 deutlich, als es auch mit seiner Hilfe gelang, Politik und Öffentlichkeit zu mobilisieren, um die Welfensammlung vor einer Zerschlagung durch einen Verkauf zu bewahren. Sie ist heute Eigentum des Landes Niedersachsen und wird im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover aufbewahrt.
Wir verlieren in Dr. Manfred „Rudi“ Gutgesell einen Menschen, der die Welt der Numismatik mit seiner Uneigennützigkeit ein bißchen besser gemacht hat. Er wird uns fehlen.