von Ursula Kampmann
15. Januar 2015 – Numismatische Themen scheinen eines gemeinsam zu haben: Ihre Bearbeitung stellt sich in der Praxis immer als wesentlich aufwändiger heraus, als man es sich bei der Beantragung des Projekts gedacht hatte. So erläutert auch der Autor Hans-Ulrich Geiger in seinem Vorwort als allererstes, wie aus seinem 1991 begonnenen Projekt zur Aufarbeitung der gesamten Münz- und Geldgeschichte Berns langsam das Thema wurde, das er in dem 2014 publizierten Buch behandelt: Die mittelalterliche Münzprägung der Stadt Bern bis zum Beginn der Neuzeit, der für dieses Buch mit dem Jahr 1528 angesetzt wird.
Hans-Ulrich Geiger, Berns Münz- und Geldgeschichte im Mittelalter, Schriften des Bernischen Historischen Museums Band 12. Bern, Verlag Bernisches Historisches Museum, 2014. Hardcover, 30,2 x 22 cm, 245 S., 18 Tafeln. Abbildungen in Farbe und Schwarz-Weiß. ISBN: 978-39523269-9-2. 68 CHF.
2.100 Münzen wurden für diesen Zeitraum erfasst, die das Material repräsentativ darstellen. Dazu wurden die Quellen des Berner Staatsarchivs aufgearbeitet und interpretiert. Die Hortfunde und Fundmünzen bilden einen weiteren Quellenkomplex, wobei der Autor vorsichtig darauf hinweist, dass ihre Aussagekraft beschränkt bleiben muss, da der Zufall die Überlieferung bestimmt, und die Aussage eines Hortfundes durch einen Neufund jederzeit in Frage gestellt werden kann.
Wann genau in Bern die ersten Münzen geprägt wurden, kann heute nur vermutet werden. Eine Urkunde, deren Datierung von 1273 nicht restlos geklärt ist, bestätigt jedenfalls, dass Bern zu diesem Zeitpunkt bereits ein Münzrecht besaß. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts galt der deutsche König als Münzherr, und erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ging das Münzprivileg an die Burger von Bern über. Geprägt wurde sowohl unter königlicher als auch unter städtischer Kontrolle mit dem Berner Wappen, dem Bären, der seit etwa 1225 das Münzbild der Berner Gepräge beherrscht.
Die Geschichte dieser Münzprägung breitet der Autor in den ersten Kapiteln des Buches mit Hilfe der Archivalien ausführlich vor dem Leser aus. Er gibt damit ein hervorragendes Bild der praktischen Aspekte der Münzprägung und des alltäglichen Zahlungsverkehrs. Bern wird dabei nicht losgelöst betrachtet, sondern in den gesamtschweizerischen Zusammenhang gestellt. Geigers Buch ist tatsächlich eine Münz- und Geldgeschichte, die den Leser mit weit schwierigeren Fragen konfrontiert als der Datierung von bekannten Münztypen. Wie soll zum Beispiel Berns münzpolitische Stellung innerhalb der Eidgenossenschaft bewertet werden? Und welche Beziehungen hatte das Berner Münzsystem zu anderen bedeutenden Münzständen?
Ulrich Geigers Buch zeigt, dass die Numismatik wesentlich mehr bedeutet als die chronologische Katalogisierung von Münztypen. Und tatsächlich ist der eigentliche Typenkatalog mit 37 Seiten und 18 Tafeln nur ein Bruchteil der Gesamtarbeit. Wer Deutsch nicht als Muttersprache beherrscht, wird froh sein über die übersichtliche Gliederung der Tafeln, da der Katalog selbst leider nicht ganz so übersichtlich gelungen ist. Auch wenn das Layout des Textteils optisch sehr ansprechend ist, hätte man sich für den Katalog ein wenig mehr Übersicht vorstellen können.
Aber wir wollen hier sicher nicht ein ausgezeichnetes Buch schlecht reden. Wer sich in der Münz- und Geldgeschichte Berns so richtig festgelesen hat, was bei den interessanten Details leicht geschehen kann, der versteht sofort, warum die Bearbeitung des Themas mehr als 20 Jahre beansprucht hat. Wir empfehlen Geigers Münz- und Geldgeschichte von Bern im Mittelalter deshalb nicht nur all denjenigen, die Münzen katalogisieren müssen – wofür Geiger jetzt die verbindliche Referenz darstellt, sondern auch allen, die ein Interesse haben an den Geldverhältnissen im Mittelalter. Sie werden dieses Buch mit großem Gewinn lesen.
Hier können Sie beim Bernischen Historischen Museum das Buch online bestellen.