7. Mai 2015 – Die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim gewähren seit 22. Februar 2015 einen spannenden Einblick in ihre umfangreiche archäologische Sammlung. Die Neupräsentation „Wilde Völker an Rhein und Neckar“ entführt ins frühe Mittelalter. Mehr als 1000 archäologische Fundstücke erzählen die Geschichte einer jungen, gewaltbereiten und mobilen Gesellschaft, die hier unter der Herrschaft der Franken in ländlichen Siedlungen lebte.
Merowinger. Triens, 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Chr. Gefunden im Grab des adligen Reiters vom Straßenheimer Hof, Grab 30. © rem, Foto: Christopher Röber.
Im frühen Mittelalter (5.-8. Jahrhundert) herrschte das fränkische Geschlecht der Merowinger. Um 506 eroberten sie die Rhein-Neckar-Region und siedelten bald darauf auch die Familien ihrer Krieger hier an. Schriftquellen aus dem 6. Jahrhundert berichten lediglich von der Wildheit der Völker rechts des Rheins. Sehr viel reicher ist das archäologische Quellenmaterial.
Hauptgebäude und Nebengebäude eines Gehöfts. Blick in die Ausstellung. Fachwerkkonstruktion mit lehmverkleideten Flechtwänden. © rem, Foto: Lina Kaluza.
Funde aus Mannheim und Umgebung verraten mehr über Einzelschicksale und den Alltag der Menschen. Zwar sind kaum Siedlungsreste aus der Merowingerzeit erhalten, zahlreiche Gräberfunde ermöglichen den Wissenschaftlern jedoch faszinierende Rückschlüsse.
Glasperlenschmuck 2. Viertel des 7. Jahrhunderts n. Chr. Perlen, Farbe. Gefunden im Grab einer Frau auf dem Hermsheimer Bösfeld, Grab 758. © rem.
Denn Männer, Frauen und Kinder wurden ihrer sozialen Stellung entsprechend mit Kleidung, Schmuck, Arbeitsgeräten, Waffen sowie Gefäßen voller Speisen beigesetzt.
Geschirr für Speise und Trank eines dreijährigen Kindes, 2. Viertel 6. Jahrhundert n. Chr. Krug, H. 13,5 cm; Freihändig geformter Napf, H. 8,3 cm. Gefunden in Sandhofen, Grab 153. © rem.
Anhand der Funde können die Archäologen beispielsweise ablesen, wie die merowingerzeitliche Hofgesellschaft aufgebaut war, wie sich die Mode im Laufe der Zeit verändert hat und wie hoch die Lebenserwartung war oder unter welchen Krankheiten die Menschen gelitten haben.
Schildbuckel mit Kuppenzier nach italischen Vorbildern, Mitte 7. Jahrhundert n. Chr. Eisen, Bronze, Dm. 19,7 cm. Gefunden in Seckenheim-Hochstätt, Grab 10. © rem.
Die in der Ausstellung präsentierten Objekte zeugen von der Kunstfertigkeit der Schmiede, Beinschnitzer, Glasbläser, Perlenmacher und Töpfer. Sie zeigen auch, wie mobil die Menschen damals waren: Von ihren Kriegszügen brachten die Männer reiche Beute aus Italien mit.
Fruchtbarkeitsamulett, 2. Hälfte 7. Jahrhundert n. Chr. Kaurischnecke / Cypraea aus dem Roten Meer, L. 6,5 cm, an Bronzedraht. Gefunden im Grab einer Frau auf dem Hermsheimer Bösfeld, Grab 428. © rem.
Außerdem gelangten exotische Handelsgüter vom Baltikum und aus dem Orient sowie Edelsteine aus Indien und Elfenbein aus Afrika in die Region.
Die Funde stammen unter anderem aus Grabungen in den Mannheimer Gemarkungen Feudenheim, Sandhofen, Seckenheim, Straßenheim und Vogelstang. Eine Fülle an kostbaren Exponaten erbrachte die Grabung auf dem Hermsheimer Bösfeld im Bereich der heutigen SAP-Arena.
Gürtelschnalle mit Christuskopf, verm. Ende des 6. Jahrhunderts n. Chr. Bronze oder Messing verzinnt, L. 9,2 cm. Gefunden in Altlußheim. © rem.
Zwischen 2002 und 2005 wurden hier insgesamt 900 Gräber aus der Merowingerzeit freigelegt.
Mit „Wilde Völker an Rhein und Neckar“ eröffnen die Reiss-Engelhorn-Museen einen zentralen Bereich der Neupräsentation ihrer archäologischen Sammlung. 2016 folgen Ausstellungen zur Metallzeit und zur Römerzeit. Sie komplettieren dann den archäologischen Rundgang im Museum Weltkulturen der Reiss-Engelhorn-Museen.
Mehr über die Ausstellung finden Sie auf der Seite der Reiss-Engelhorn-Museen.