von Ursula Kampmann
19. November 2015 – Vom 21. bis zum 23. Oktober 2015 fand in Madrid die Coin Conference statt. In sieben Sitzungen wurden neue Trends für Umlaufmünzen diskutiert. Logistik, Sicherheit, Kosteneffizienz, die Fortschritte des bargeldlosen Zahlens und das nachhaltige Management von Münzstätten standen im Mittelpunkt. Die MünzenWoche bringt eine kurze Zusammenfassung der in diesem Rahmen gehaltenen Vorträge.
Im zweiten Teil berichten wir über Fragen der Geldlogistik.
Sitzung 2/3: Optimierung von Geldlogistik, Münzmanagement und Verteilung
Ferdinando Sasso, Banca d’Italia. Foto: Reconnaissance.
Ferdinando Sasso, Banca d’Italia: Herausforderungen und Lösungen beim Münzumlauf: das Beispiel Italien
Ein entscheidendes Problem bestand bis jetzt für die italienische Geldlogistik. Während 32 Zweigstellen der italienischen Zentralbank Münzen in Umlauf brachten, konnten Geldinstitute ihre überflüssigen Münzen nur in einer einzigen Zweigstelle, nämlich in Rom, deponieren. Dazu gab es in Italien nur ein einziges CIT (= Cash in Transit) Unternehmen, das Münzen im größeren Rahmen wieder in den Umlauf brachte. Das führte dazu, dass einmal ausgegebene Münzen nur innerhalb eines lokal begrenzten Bereichs zirkulierten und Engpässe bzw. Überschüsse im Münzbereich nur schwer ausgeglichen werden konnten.
Die italienische Zentralbank steuert dem seit neuestem entgegen durch ein Internetportal, auf dem Banken untereinander ihre Münzen austauschen können. Dabei agiert die Zentralbank als Makler, der die Bedingungen festlegt, also zum Beispiel, wie die Münzen auf Fälschungen kontrolliert, die Verpackung organisiert und die Transportkosten aufgeteilt werden. Erst wenn sich nach zwei Wochen kein Interessent für einen Münztausch zum Nominalwert gemeldet hat, können die überflüssigen Münzen an die Banca d’Italia zurückgegeben werden.
Roberto Andrade, Banco de Espana. Foto: Reconnaissance.
Roberto Andrade, Banco de España: Geldlogistik in Spanien
Auch in Roberto Andrades Vortrag ging es im Wesentlichen um Geldlogistik, diesmal am Beispiel Spanien. 16 % der Euro-Münzen zirkulieren in Spanien. Dabei – und dieses Phänomen ist aus anderen Ländern bekannt – beherrschen mit 63 % die Kleinstnominale (1, 2 und 5 Cent) den Umlauf.
Verantwortlich für die jährlichen Prägezahlen ist das spanische Finanzministerium. Ihm schlägt die spanische Zentralbank vor, wie viele Stücke geprägt werden sollen, die spanische Münzstätte bestätigt die Machbarkeit der Zahlen, und das Finanzministerium gibt seine Zustimmung. Zuletzt autorisiert die EZB die Gesamtmenge der ausgegebenen Umlauf- und Gedenkmünzen.
Von Zentralbank oder Münzstätte werden die Münzen zu den CIT-Unternehmen gebracht, die sie ihrerseits zu den Verteilern wie Banken oder Großhändlern weiterleiten. Von dort aus erreichen sie die Verbraucher. Überflüssige Münzen gehen genau den umgekehrten Weg: Vom Verbraucher zum Verteiler, vom Verteiler zum CIT-Unternehmen, vom CIT-Unternehmen zur Zentralbank, wo die Münzen getestet werden, ob sie wieder in Umlauf gesetzt werden können.
Ewout van Haeften, De Nederlandsche Bank. Foto: Reconnaissance.
Ewout van Haeften, De Nederlandsche Bank: Vorhersage und Lagermanagement für Münzen
Vorhersagen sind ein Problem, stellte Ewout van Haeften gleich zu Anfang seines Vortrages fest. Vor allem weil sie sich mit der Zukunft beschäftigen. Nichtsdestotrotz bleibt es keiner Zentralbank erspart, den Bargeldbedarf ihres Landes anhand von Erfahrungswerten zu bestimmen. Dafür ist eine solide Statistik der Vergangenheit das wichtigste Werkzeug für eine korrekte Voraussage. Doch es bleiben Fragezeichen: Nimmt die Bevölkerung zu? Gibt es eine Inflation? Wie werden elektronische Zahlungsmethoden den Bargeldbedarf verändern?
Das Problem dabei ist die Tatsache, dass eine Zentralbank nicht spontan reagieren kann. Die Herstellung von Münzen braucht Zeit. Münzstätten sind Wirtschaftsunternehmen, die an langfristige Verträge gebunden sind, und deshalb nicht umgehend reagieren können. Auch muss erst Material beschafft werden, ehe mit der Produktion begonnen werden kann. Es bleibt also nur die Vorratshaltung. Aber die ist teuer. Und wenn der Vorrat zu groß wird, bleibt wiederum nur die noch teurere Vernichtung.
Eine Zentralbank muss also sehr sorgfältig zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig abwiegen, um in keinen Engpass zu geraten oder auf der anderen Seite zu hohe Lagerkosten zu bezahlen.
Im Euroraum ist die Situation derzeit nicht optimal. Es herrscht Überproduktion trotz der gewaltigen Vorräte, die gerade bei den hohen Nominalen existieren. Gleichzeitig gibt es bis heute kein offizielles Austauschsystem unter Zentralbanken, so dass die eine bei einem Überschuss von einem Nominal einer anderen, in deren Land es hinsichtlich dieses Nominals einen Mangel gibt, auf oberster Ebene aushelfen könnte. Stattdessen „migrieren“ die Münzen inoffiziell. Das ist gut für das Land, das sie verlassen, denn so können dort Überschüsse abgebaut werden. Aber es ist schlecht für das Land, in das sie einwandern, denn dort vermehren sie noch den Münzumlauf.
So kommt es in der EU derzeit zu dem paradoxen Zustand, dass dieselben Nominale gleichzeitig produziert und zerstört werden, ein kostenintensiver Prozess, der nur mit einer besseren Planung und besserer Zusammenarbeit gestoppt werden kann.
Louis Oro, Prosegur: Effizienz in der Geldlogistik
Louis Oro stellte in seinem Vortrag den logistischen Weg von Geldschein und Münze im Vergleich aus der Perspektive eines CIT-Unternehmens dar.
So verfolgte er den Weg einer 20-Euro-Note und konnte dabei zeigen, dass von 102 Noten, die Prosegur verteilt, nur 100 zurück an die Zentralbank fließen. Während bei der Verteilung die größten Geldmengen an Bankfilialen und Bankautomaten gehen, bezieht der Einzelhandel kaum Scheine. Trotzdem kommen aus dem Einzelhandel am meisten Geldscheine zurück.
Für Münzen sieht die Situation anders aus: Hier verteilt Prosegur etwa gleich viel Zahlungsmittel an Banken und Einzelhandel. Während von den Banken etwas mehr, als verteilt wurde, zurückfließt, ist es vom Einzelhandel etwas weniger als verteilt.
In den Logistikzentralen von Prosegur werden Banknoten und Münzen daraufhin untersucht, ob sie weiter im Zahlungsverkehr kursieren können. Bei den Münzen werden zwischen 93 % (50 Cent) und 100 % (5 Cent) wieder in Umlauf gebracht. Bei den Scheinen liegt dieser Wert zwischen 15 % (10 Euro) und 42 % (20 Euro).
Auch bei Prosegur spiegelt sich der Überfluss an 1 und 2 Euro-Münzen, der im Geldumlauf herrscht. So müssen 1- und 2-Euro-Münzen erst nach 600 Tagen Lagerung wieder in Umlauf gesetzt werden. Für 1-, 2- und 5-Cent-Münzen gelten 30 bzw. 40 Tage Lagerung. Am meisten Überfluss gibt es im Bereich der 50-Cent-Münze. Diese wird bis zu 610 Tage gelagert.
Für Scheine gelten Lagerfristen zwischen 1,7 (50 Euro) und 6,6 (200 Euro) Tagen.
Ewout van Haeften, De Nederlandsche Bank: Vorhersage und Lagermanagement für Münzen
Vorhersagen sind ein Problem, stellte Ewout van Haeften gleich zu Anfang seines Vortrages fest. Vor allem weil sie sich mit der Zukunft beschäftigen. Nichtsdestotrotz bleibt es keiner Zentralbank erspart, den Bargeldbedarf ihres Landes anhand von Erfahrungswerten zu bestimmen. Dafür ist eine solide Statistik der Vergangenheit das wichtigste Werkzeug für eine korrekte Voraussage. Doch es bleiben Fragezeichen: Nimmt die Bevölkerung zu? Gibt es eine Inflation? Wie werden elektronische Zahlungsmethoden den Bargeldbedarf verändern?
Das Problem dabei ist die Tatsache, dass eine Zentralbank nicht spontan reagieren kann. Die Herstellung von Münzen braucht Zeit. Münzstätten sind Wirtschaftsunternehmen, die an langfristige Verträge gebunden sind, und deshalb nicht umgehend reagieren können. Auch muss erst Material beschafft werden, ehe mit der Produktion begonnen werden kann. Es bleibt also nur die Vorratshaltung. Aber die ist teuer. Und wenn der Vorrat zu groß wird, bleibt wiederum nur die noch teurere Vernichtung.
Eine Zentralbank muss also sehr sorgfältig zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig abwiegen, um in keinen Engpass zu geraten oder auf der anderen Seite zu hohe Lagerkosten zu bezahlen.
Im Euroraum ist die Situation derzeit nicht optimal. Es herrscht Überproduktion trotz der gewaltigen Vorräte, die gerade bei den hohen Nominalen existieren. Gleichzeitig gibt es bis heute kein offizielles Austauschsystem unter Zentralbanken, so dass die eine bei einem Überschuss von einem Nominal einer anderen, in deren Land es hinsichtlich dieses Nominals einen Mangel gibt, auf oberster Ebene aushelfen könnte. Stattdessen „migrieren“ die Münzen inoffiziell. Das ist gut für das Land, das sie verlassen, denn so können dort Überschüsse abgebaut werden. Aber es ist schlecht für das Land, in das sie einwandern, denn dort vermehren sie noch den Münzumlauf.
So kommt es in der EU derzeit zu dem paradoxen Zustand, dass dieselben Nominale gleichzeitig produziert und zerstört werden, ein kostenintensiver Prozess, der nur mit einer besseren Planung und besserer Zusammenarbeit gestoppt werden kann.
Louis Oro, Prosegur: Effizienz in der Geldlogistik
Louis Oro stellte in seinem Vortrag den logistischen Weg von Geldschein und Münze im Vergleich aus der Perspektive eines CIT-Unternehmens dar.
So verfolgte er den Weg einer 20-Euro-Note und konnte dabei zeigen, dass von 102 Noten, die Prosegur verteilt, nur 100 zurück an die Zentralbank fließen. Während bei der Verteilung die größten Geldmengen an Bankfilialen und Bankautomaten gehen, bezieht der Einzelhandel kaum Scheine. Trotzdem kommen aus dem Einzelhandel am meisten Geldscheine zurück.
Für Münzen sieht die Situation anders aus: Hier verteilt Prosegur etwa gleich viel Zahlungsmittel an Banken und Einzelhandel. Während von den Banken etwas mehr, als verteilt wurde, zurückfließt, ist es vom Einzelhandel etwas weniger als verteilt.
In den Logistikzentralen von Prosegur werden Banknoten und Münzen daraufhin untersucht, ob sie weiter im Zahlungsverkehr kursieren können. Bei den Münzen werden zwischen 93 % (50 Cent) und 100 % (5 Cent) wieder in Umlauf gebracht. Bei den Scheinen liegt dieser Wert zwischen 15 % (10 Euro) und 42 % (20 Euro).
Auch bei Prosegur spiegelt sich der Überfluss an 1 und 2 Euro-Münzen, der im Geldumlauf herrscht. So müssen 1- und 2-Euro-Münzen erst nach 600 Tagen Lagerung wieder in Umlauf gesetzt werden. Für 1-, 2- und 5-Cent-Münzen gelten 30 bzw. 40 Tage Lagerung. Am meisten Überfluss gibt es im Bereich der 50-Cent-Münze. Diese wird bis zu 610 Tage gelagert.
Für Scheine gelten Lagerfristen zwischen 1,7 (50 Euro) und 6,6 (200 Euro) Tagen.
Brian Lang, ehemals Reserve Bank of New Zealand. Foto: Reconnaissance.
Brian Lang, ehemals Reserve Bank of New Zealand: Die öffentliche Wahrnehmung bei der Bestimmung einer optimalen Währungsstruktur
Brian Lang hielt ein eloquentes Plädoyer zur Abschaffung der Kleinstnominale. Er begann es mit einigen strategischen Bemerkungen über die Nutzung von Umfragen zur Erforschung der öffentlichen Wahrnehmung. Seine entscheidende Aussage lautete, die Öffentlichkeit nicht nach ihrer Meinung zu fragen, sondern nach ihrem Alltag. Im Falle von Neuseeland wurde die entscheidende Frage folgendermaßen formuliert: Wie viele Münzen haben Sie in ihrem Haushalt für den täglichen Gebrauch, und wie viele Münzen bewahren Sie in irgendwelchen Gefäßen oder an anderen Orten auf? Wie viele Münzen legen Sie pro Woche in irgendeinem Behältnis ab, und wie oft entleeren Sie dieses Behältnis?
Die Antwort auf die Frage lautete, dass Neuseeländer zehnmal mehr Münzen in irgendwelche Behältnisse ablegen als sie im normalen Umlauf ausgeben. Diese Beobachtung passt zum allgemeinen Bild: 64 % des Euro-Umlaufs bestehen aus den Kleinstnominalen zu 1, 2 und 5 Cent. 54 % der US-Produktion besteht aus 1 Cent-Münzen. 75 % der Münzen Großbritanniens sind 1-Penny, 2- und 5-Pence-Stücke. Wenn man diese Beispiele als Maßstab nimmt, könnte man die weltweite Münzproduktion um die Hälfte reduzieren, wenn man die Kleinstnominale abschaffen würde. Dies wäre auch für die Wiederverkäufer von Nutzen, die nur noch einen Bruchteil der Geldlogistik leisten müssen.
In Neuseeland hat man bereits 1989 die 1- und 2-Cent-Münze abgeschafft, 2006 wurde die 5-Cent-Münze abgeschafft. 68 % der Bevölkerung und 70 % der Wiederverkäufer sprachen sich für diese Maßnahme aus. Die Auswirkungen auf die Preise waren vernachlässigbar.
Deshalb sprach sich Brian Lang dafür aus, das Beispiel von Neuseeland auch auf alle anderen Volkswirtschaften zu übertragen, und das Kleinstgeld abzuschaffen.
Die übrigen Teile der Vorträge finden Sie hier:
Teil 1: Trends und neue Münzserien
Teil 3: Sicherheitsmerkmale und soziale Verantwortung
Hier geht es zur Homepage der Coin Conference.
Einen guten Überblick zum Geschehen erhalten Sie hier.
Unter diesem Link können Teilnehmer der Konferenz sogar die Powerpoints der meisten Referenten herunterladen.
Auf dieser Seite lernen Sie den Veranstalter der Coin Conference kennen.