von Ursula Kampmann
16. Juni 2016 – Es gibt etwas, um das man die englischen Historiker beneiden muss: Keiner von ihnen hat Angst, so einfach zu schreiben, dass ihn jeder versteht. Das neue Buch von Peter Thonemann, eine Einführung in die Numismatik der hellenistischen Welt, liest sich, als sei es zum Lesen geschrieben und nicht zum Lernen oder gar als Demonstration dafür, was der Autor alles weiß.
Peter Thonemann, The Hellenistic World – Using Coins as Sources. Cambridge University Press / ANS 2016. 260 S. mit zahlreichen sw Abb. 21 x 14 mm. Klebebindung, Paperback. ISBN 9781107451759. 34.99 $. Das Buch ist auch gebunden und als eBook erhältlich.
Peter James Thonemann (*1978) kennt sich übrigens wirklich ausgezeichnet aus in der Materie, hat 2011 seine erste Monographie über das Mäandertal geschrieben und seitdem viel über die Geschichte von Kleinasien geforscht.
Er ist der erste Autor einer neuen Serie, die die ANS hat in Zusammenarbeit mit Cambridge University Press initiiert hat und die von Andrew Meadows herausgegeben wird. Sie richtet sich an Studenten und Anfänger, die nichts über das behandelte Thema wissen. Ohne jegliche Vorkenntnis in hellenistischer Geschichte kann man sich allein mittels dieses Buches in den aktuellen Forschungsstand und die aktuelle Forschungsproblematik einlesen.
So will das Buch seinen Stoff auch nicht chronologisch oder geographisch gliedern, sondern nach Themengebieten. Der erste Teil, der mit dem modernen Schlagwort „Globalization“ überschrieben ist, bietet dann aber doch eine Art Einführung zur Entstehung des Hellenismus unter Philipp und Alexander und zu den politischen Einheiten, die man zur hellenistischen Welt zählen darf.
Teil 2 nennt sich „Identität“ und beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Themenkreisen. Der erste Schwerpunkt liegt auf der Prägung der Städte und Städteverbünde. Er stellt die wichtigsten münzprägenden Akteure vor und erklärt, warum so viele neben ihren städtischen Münzen zusätzlich Münzen nach dem Alexandertyp prägten. Der zweite Fokus richtet sich auf all die nicht-griechischen Gemeinschaften, die im Zuge des Hellenismus plötzlich begannen, ihre Münzen nach griechischem Vorbild zu gestalten. Von den Parthern bis nach Sizilien ist dieses Phänomen zu beobachten.
Politische Wirtschaft, so nennt sich der dritte Teil, in dem es um die entscheidenden Fragen geht, warum wer zu welchem Zeitpunkt Geld prägte, und wo es zirkulierte. Dabei interessiert sich der Autor auch für das Kleingeld, die Bronzemünzen, die für das tägliche Wirtschaftsleben so unabdingbar waren.
Der vierte Teil „Ideologie“ widmet sich der Selbstdarstellung der Könige und Königinnen und dem Bezug von Münzen auf historische Ereignisse. In einem letzten Kapitel dieses Teils wird der Übergang zur nachhellenistischen Münzprägung kurz skizziert.
Ausführliche Werkzeuge fürs Verständnis, wie die kommentierten Literaturempfehlungen, das Glossar zu numismatischen Ausdrücken und dem Nominalsystem, die umfassende Bibliographie und der detaillierte Index, machen das Buch zu einem nützlichen Instrument.
Man kann es also nur empfehlen, dieses reich illustrierte, süffig geschriebene, inhaltsschwere Buch von 230 Seiten, das einem einen ausgezeichneten Überblick zur hellenistischen Münzprägung gibt. Es ist so gut, dass man dem Autor gerne seine moralinsauren Seitenhiebe auf vergangene Forschergenerationen verzeiht, die eben nicht so politisch korrekt, ethnisch offen und intelligent waren wie die jetzige Generation. Das Bewusstsein, dass sich Mentalitäten ändern, und man vielleicht selbst genauso in seinem Weltbild gefangen sein könnte wie andere es früher in ihrem waren, das gehört schließlich nicht zum Lehrstoff.
Hier können Sie das Buch bestellen.