von Annika Backe
8. Dezember 2016 – Als „wertvollsten Schatz, der in der Geschichte der Menschheit gefunden wurde“ bezeichnete Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos die Entdeckung der vor mehr als 300 Jahren gesunkenen spanischen Galeone San José vor der Küste seines Landes am 27.11.2015. Wohl ebenfalls noch an Bord ist ihr Schatz aus Goldmünzen und Edelsteinen im geschätzten Wert von zu 16 Milliarden Euro. Wie internationale Medien berichten, plant die auf die Suche nach Schiffwracks spezialisierte Firma Sea Search Armada (SSA) nun, den Schatz zu heben – auch wenn sie damit einen Krieg zur See heraufbeschwören sollte.
Die Explosion der San José, dargestellt auf einem undatierten Ölgemälde von Samuel Scott (1702-1772).
Die San José
Nach dem Wrack der San José wurde Jahrzehnte gesucht. Sie hatte als Flaggschiff der Silberflotte von Philipp V. gedient, die Edelmetall und andere Schätze aus den Kolonien in Amerika ins heimische Spanien bringen sollte. In einer Schlacht gegen die Briten, die es auf die kostbare Fracht abgesehen hatten, sank die San José am 8. Juni 1708 nahe Cartagena vor der Küste Kolumbiens.
Langwierige Rechtsstreitigkeiten
Dort setzen die Ortungsversuche an, die seit 1979 von einer privaten Suchfirma, als Vorläufer der SSA, unternommen wurden. Diese hatte sich vom kolumbianischen Staat vertraglich einen Fundanteil im Erfolgsfall zusichern lassen. Die Meldung der Firma 1981, man habe die San José lokalisiert, wurde von staatlicher Seite nicht bestätigt. Nach einer Klage seitens SSA und jahrelangen Streitigkeiten um die Eigentumsrechte entschied ein Gericht 2011, die Galeone gehöre dem kolumbianischen Staat. Die am 27. November 2015 mit großer Begeisterung verkündete Meldung Kolumbiens, man habe das Wrack der San José endlich gefunden – und zwar an einem Ort, an dem bislang noch nicht gesucht worden war – betrachtet die SSA als gegenstandslos. Die vermeintliche örtliche Diskrepanz gehe auf unterschiedliche Ortungstechnologie zurück.
Schatz als möglicher Kriegsgrund
Sich selbst dagegen sieht die SSA im Recht bei ihren Plänen, die Bergung des als „Heiliger Gral“ betitelten Wracks nun in die Tat umzusetzen. Kolumbiens Regierung droht mit militärischem Eingreifen bei jeglicher unautorisierter Aktivität in seinen Gewässern. SSA verweist darauf, dass ein Beschuss seines unter amerikanischer Flagge fahrenden Schiffes als eine Kriegshandlung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu werten sei.
Eine Stimme der Vernunft?
Über diesem eskalierenden Streit fast vergessen scheinen die Spanier, zu deren Flotte die San José gehört hatte. Dort ist von Bergungsplänen gerade nicht die Rede. Zwar sprach sich der spanische Justizminister dafür aus, Teile der Ladung in einem Museum zu präsentieren. Zu beachten sei aber, dass mit dem Sinken des Schiffes Hunderte seiner Landsleute ihr Leben gelassen hätten. Der kulturellen Bedeutung des Wracks könne man am besten Rechnung tragen, indem man es an Ort und Stelle beließe.
Dass sich die Spanier mit ihrer moderaten Haltung durchsetzen, ist fraglich. Zu groß wird wohl die Gier derer sein, die sich den immensen Schatz um jeden Preis unter den Nagel reißen wollen.
Einen Film über den Fund der San José sehen Sie auf YouTube.
Wissenswertes zur Silberflotte kurz zusammengefasst bietet dieser Wikipedia-Artikel.
Einen Film, der von der offiziellen Meldung des Fundes im November 2015 berichtet, sehen Sie hier.
Über den Fund eines anderen Schiffes aus der Silberflotte berichtete die MünzenWoche hier.
Und fast 175.000 Schiffwracks verzeichnet diese Datenbank.