von Emanuel Brachmanski
25. Mai 2017 – Letztmalig hatten sie sich versammelt, Schulkameraden, Freunde, Bekannte, Weggefährten sowie Prominente. Es galt an diesem bedeckten 4. April 2017 Abschied zu nehmen von einem Großen seiner Zunft. Mehr als 200 Personen aus Erfurt, Gera, Gotha, Suhl, Meiningen, Schweinfurt und vielen weiteren Städten waren angereist, um dem Stempelschneider Helmut König die letzte Ehre am Sarg zu erweisen.
Helmut König (1934-2017).
Auf 40 Jahre Medaillenschaffen können wir heute zurückblicken, das der am 1.10.1934 in Italien geborene Graveur Helmut König hinterlässt. Angefangen hatte einst alles im Jagdwaffenwerk Suhl, wo der 18-Jährige eine Lehre zum Graveur begann, woran sich 1962 die Meisterausbildung anschloss. Bereits damals reifte in ihm die Vorstellung, nicht nur Waffen zu gravieren, sondern sich der Medaillenstempelherstellung zuzuwenden.
Von Jugend an künstlerisch, historisch sowie numismatisch interessiert, realisierte er nachfolgend seine Vorstellungen von eigenen Schaumünzen. Es waren große Vorlagen von bedeutenden Vorgängern der Medailleurszunft – so berühmte Namen wie Döll, Helfrich und Loos –, denen es galt nachzueifern. Was die alten Meister schon vor 150 Jahren an wunderbaren Prägungen hergestellt hatten, dem wollte er nicht nachstehen. Helmut König stellte sich dieser Aufgabe und präsentierte seine erste eigene Medaille 1974 auf die Stadt Ditfurt im Harz. Dies sollte der Einstieg in einen von Höhen und Tiefen geprägten einmaligen Lebensweg sein.
Mit seinen grazil gestalten Werken eroberte sich „der Neue aus den Bergen“ rasch das Vertrauen der Sammlerschaft. In Anlehnung an berühmte Berufskollegen gelang es ihm, deren historische Vorlagen meisterhaft zu kopieren, ja diese sogar zu übertreffen. Ungemein hohe Reliefs, Plastizität sowie Detailtreue sind ein Merkmal der von ihm geschnittenen Medaillen. Dabei gelang es ihm in seinen Glanzzeiten auf einen Millimeter einen Buchstaben im Medaillenrund zu platzieren. Was einstmals aus kleinen Anfängen hervorging, wuchs stetig empor. Das Renommee der Einmannfirma aus Zella-Mehlis sprengte die Bezirksgrenzen der damaligen DDR. „Königmedaillen“ avancierten im ganzen Land zu gesuchten Gedenk- und Erinnerungsstücken. Schon 1977 bekam er die staatliche Anerkennung zum Kunsthandwerker und wurde nachfolgend Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR.
Eine völlig neue Entwicklung ergab sich mit der Bekanntschaft zum Grafiker Jürgen Ellenberg (1941-2009), woraus eine lebenslange Freundschaft entstand. Der eine lieferte brillante Entwürfe, die der andere fachgerecht umsetzte. Berühmte Medaillenserien, wie die auf das Martin-Luther-Jahr 1983 erregten Bewunderung, Zuspruch und eine weiter wachsende Nachfrage. Aufträge von Verbänden, Vereinen, Städten und Gemeinden folgten. In den Anfangsjahren schnitt Helmut König nur die Stempel, geprägt wurde danach in Gotha bei der Firma Bittner. Eine ungeheure Zäsur brachte die friedliche Revolution 1989 mit sich. Plötzlich standen den Menschen andere Dinge in großer Auswahl zur Verfügung. Wer wollte da noch Geld für Gepräge ausgeben? Auch die Sammlerschar verringerte sich quasi über Nacht. Aufgeben oder Durchhalten? Diese schwere Entscheidung nahm dem Ehepaar König niemand ab. In seiner Gattin hatte der „Stempelschneider“ die passende Begleiterin an seiner Seite, die ihn stets aufmunterte und in schwierigen Lebenslagen beistand. Aufgeben kam nicht in Frage!
So stellte sich der damals 55-jährige Medailleur den neuen Anforderungen und wagte den Start in die freie soziale Marktwirtschaft. Immer an seiner Seite: Freund Ellenberg. Noch fast zwanzig Jahre arbeitete das Duo gemeinsam. In dieser Ära entstanden die wohl schönsten Schaumünzen auf Personen, Anlässe, Gebäude und vieles weitere, die wohl mit zum Besten dieses Metiers zu zählen sind. Zum Firmenjubiläum 1994 konnte Helmut auf ein Werk von 900 Medaillen blicken. Dass es noch einmal soviel werden sollten, ahnte damals niemand. Das Oeuvre des Meisters, gliederte sich dabei in eigene Medaillen, Medaillen nach Entwürfen von anderen Künstlern bzw. Auftraggebern sowie in Faksimile-Nachschnitten historischer Vorlagen.
„Welch ein Gewinn, wenn man auch nur vorläufig übersieht, wie die alte Welt mit Städten übersäet war, deren kleinste, wo nicht eine ganze Reihe der Kunstgeschichte, wenigstens doch einige Epochen derselben uns in köstlichen Münzen hinterließen“. Goethes Zitat über „die köstlichen Münzen alter Städte“ lässt sich zweifellos auf das Schaffenswerk von Helmut König übertragen. Er hinterlässt das kaum vorstellbare Lebenswerk von über 2000 Medaillen, auf denen die Geschichte von Städten, Gemeinden und Personen noch in ferner Zukunft abgebildet sein werden.
Helmut Königs Werk wird im Wettin-Verlag ausführlich dokumentiert, wie ein früherer Artikel erläutert.
Fünf Jahre nach dem Tod von Jürgen Ellenberg, Helmut Königs langjährigem Freund und Kollegen, haben wir in der MünzenWoche einen Nachruf von Hans-Peter Brachmanski veröffentlicht.
Weitere Informationen zu Helmut König und seinem Medaillenwerk finden Sie auf der Webseite des Arbeitskreises Medaillenschaffen von Helmut König.