von Annika Backe
20. Juli 2017 – Gerade einen Monat gab es das Projekt „Portable Antiquities of the Netherlands“ (PAN), als seine Mitarbeiter im Sommer 2016 eine ganz besondere Meldung erreichte. Bei Lienden in der Region Gelderland hatten Detektorgänger in einer Obstpflanzung mehr als 20 römische Goldsolidi gefunden. Sie gehören zu einem Schatz, von dem über die Jahre immer wieder einzelne Stücke aus dem Boden kamen.
Überblick über die Solidi, die zwischen 2012 und 2016 entdeckt wurden. Foto: Het Valkhof Museum, Nijmegen.
Für die Initiatoren von PAN ist dies ein Auftakt nach Maß. In dem Projekt, bei dem Universitäten, Regierungsorganisationen, Museen, die niederländische Zentralbank und Hobbyarchäologen zusammenarbeiten, werden private archäologische Neufunde dokumentiert. Eine besondere Rolle nehmen Metalldetektorfunde ein, die der Erfgoedwet (Heritage Act) vom 1. Juli 2016 in den Niederlanden als legal erklärt hat. Dort erhofft man sich eine ähnlich rege Beteiligung der Öffentlichkeit, wie das „Portable Antiquities Scheme“ seit fast 20 Jahren für England und Wales verzeichnet.
Ein solcher Solidus des Majorian bildet den zeitlichen Schlusspunkt des Liendener Schatzfundes. Foto: De Nederlandsche Bank.
In der Auswertung des römischen Goldschatzes sahen sich die Spezialisten des PAN-Projekts alte Quellen zum Fundort an. Dabei kam heraus, dass man schon im 19. Jahrhundert Münzfunde gemacht hatte in genau diesem Gebiet, das ab ca. 1840 landwirtschaftlich genutzt wurde. Von einer archäologischen Grabung im November 2016 erhoffte man sich weitere Erkenntnisse.
Die Archäologen bei der Ausgrabung am Fundort im November 2016.
Den 41 bis jetzt bekannten Stücken des Schatzes wurden im Verlauf der Nachgrabung keine neuen hinzugefügt. Die Experten fanden neben Leichenbrand in einer Keramikurne auch unverbrannte Knochenreste aus der Zeit um 1800 v. Chr. Nach Ansicht von Nico Roymans, Professor für Archäologie an der Vrije Universiteit in Amsterdam und Leiter des PAN-Projekts, könnte sich der Eigentümer des Schatzes von diesem wohl als Grablege zu deutenden Ort einen besonderen Schutz erhofft haben.
Kopie eines verschollenen Siegelrings mit dem Bildnis Childerichs und Aufschrift CHILDIRICI REGIS („[Besitz] des rex Childerich“). Foto: Gallica / Wikipedia.
Zeitlich decken die Goldmünzen eine große Spanne ab. Der früheste Solidus datiert in die Zeit von Kaiser Valentinian II. (375-392 n. Chr.), der späteste wurde unter Kaiser Majorian (457-461 n. Chr.) geprägt. Es könnte sich bei ihnen um die Entlohnung handeln, die ein Anhänger des fränkischen Kleinkönigs Childerich I. für seine militärische Unterstützung im Kampf gegen Germanenstämme bekam. Vielleicht sogar direkt vom römischen Heerführer Ägidius, der sich nach 461 als von der weströmischen Regierung unabhängiger Machthaber im Norden Galliens etablierte.
Für die Wissenschaft ist der derzeit im Nijmegener Het Valkhof Museum ausgestellte Goldfund von großer Bedeutung. In einer offiziellen Stellungnahme erklären die zuständigen Archäologen: „Der Goldschatz von Lienden ist ein besonderes, einzigartiges Zeitdokument für die Endphase der römischen Herrschaft auf niederländischem Gebiet. Er gewährt uns einen Einblick in die politisch-militärische Situation während des Übergangs zum frühen Mittelalter. Es handelt sich um den spätesten römischen Goldschatz in den Niederlanden, der zusammenfällt mit dem Ende des Weströmischen Reichs.“
Zur Webseite des Museum Het Valkhof kommen Sie hier.
Mehr zum Projekt „Portable Antiquities of the Netherlands (PAN)“ erfahren Sie hier.
Die Webseite des englischen „Portable Antiquities Scheme“ finden Sie hier.
Und von einem römischen Münzschatz in einem Schweizer Kirschgarten berichtete die MünzenWoche hier.