von Ursula Kampmann
8. Februar 2018 – Am 22. Dezember 2017 erhielt die australische Regierung unangenehme Post: Die Royal Canadian Mint habe sie vor einem australischen Gericht angeklagt. Das Verfahren richtet sich eigentlich gegen die Royal Australian Mint, die aber als staatseigener Betrieb nicht direktes Ziel einer Anklage sein kann, sondern nur über die Regierung regresspflichtig ist. Der Vorwurf bezieht sich auf die ersten australischen Farbumlaufmünzen, die mit der Jahreszahl 2012 erschienenen 503.000 „Poppy Coins“. Bei diesen Münzen handelt es sich um 2 Dollar-Stücke, die auf der Rückseite eine kleine rote Mohnblüte zeigen. Für ihre Produktion sei ein Verfahren benutzt worden, auf das die Royal Canadian Mint seit 2013 ein Patent halte. Dieses sei 2012 zwar noch pendent, aber bereits seit 2007 eingereicht gewesen.
Das Streitobjekt: Die australische „Poppy Coin“, ausgegeben anlässlich des Remembrance Day 2012. Foto: Royal Australian Mint.
Sammler könnten sich nun darüber wundern, warum diese Farbapplikation Grund genug für einen Prozess ist. Tatsächlich gibt es ja bereits seit 1992 Gedenkmünzen mit Farbauftrag. Doch dieser wird mittels Tampondrucks appliziert. Der hat viele Vorteile: Man erreicht eine Vielfalt von feinsten Farbschattierungen, höchste Präzision und kann ihn sogar bei Hochreliefprägungen einsetzen. Für Umlaufmünzen ist Tampondruck dagegen nicht sinnvoll. Er kostet nämlich extrem viel Zeit. Mit handelsüblichen Maschinen ist derzeit eine Produktion von höchstens 350 Münzen pro Stunde möglich. Denkt man daran, dass Umlaufmünzen mit bis zu 850 Münzen pro Minute aus der Prägepresse springen, wird klar, warum sich Tampondruck nicht für Umlaufmünzen eignet.
Aus diesem Grund entwickelte die Royal Canadian Mint ein Verfahren, das ein farbiges Bild auf eine metallische Oberfläche aufbringt, indem es Poren von 0,1 bis 0,5 mm in der Metalloberfläche mit Farbe füllt. Dieses Verfahren ist nicht nur schneller, sondern auch dauerhafter. Es wurde in Kanada erstmals 2004 eingesetzt, und zwar für die kanadische 25 Cent-Münze, die an den 60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie erinnert. Das Patent wurde 2006 eingereicht. Seit 2013 gilt der Patentschutz für das Verfahren.
Zu diesem Zeitpunkt waren die beklagten 503.000 australischen Farbmünzen bereits in Umlauf. Die kanadische Münzstätte möchte sie nun alle eingesammelt und vernichtet sehen. Außerdem fordert sie, dass die australische Münzstätte das Patent nicht weiter verletzen und nach dieser Methode hergestellte Farbmünzen ohne Lizenz produzieren bzw. vertreiben dürfe. Die Royal Canadian Mint verlangt Schadensersatz und die Erklärung, dass die Royal Australian Mint das Patent verletzt habe.
Sollte das australische Gericht, das nun über die Klage zu befinden hat, dem Kläger recht geben, könnte eine Fülle von weiteren Klagen auf die australische Regierung zukommen: So wurden seit 2012 jedes Jahr australische Umlaufmünzen mit Farbaufdruck produziert, von einer knappen Million im Jahr 2013 bis zu rund 10 Millionen Stück anlässlich der Paralympics im Jahr 2016.
Warum die Royal Canadian Mint erst jetzt die Klage einreicht, darüber kann man nur spekulieren. Immerhin weiß man in Kanada bereits seit 2012, dass diese Münzen existieren. Doch das erste Schreiben wegen einer möglichen Patentverletzung ging erst im Dezember 2015 bei der Royal Australian Mint ein. Damals antwortete die Royal Australian Mint, dass sich die Technik “in ausreichend hohem Maße unterscheide, um das Patent nicht verletzt zu haben.”
Zeitlich könnte man diese späte Kursänderung in Sachen Patent mit einer Personalie in Verbindung bringen: Im Februar 2015 trat Sandra Hanington als Nachfolgerin von Ian Bennett ihr Amt als Mint Master der Royal Canadian Mint an.
Sie könnte damit auf die ständig wachsende Konkurrenz der Münzstätten untereinander reagieren. So sagte Alex Reeves, Pressesprecher der Royal Canadian Mint, der kanadischen National Post, der wir den größten Teil der Informationen zu dem Artikel entnommen haben: „Es wurde für uns notwendig, ein Verfahren wegen Patentverletzung einzuleiten, um unser Recht am geistigen Eigentum zu schützen und zu erhalten. Die Münzstätte hebt sich auf dem weltweiten Markt durch ihre innovative Münztechnologie heraus. Als Crown Corporation sind wir verpflichtet profitorientiert zu agieren. Unsere Technologien sind lebenswichtig, um wettbewerbsfähig zu sein, und die Münzstätte unternimmt alle notwendigen Schritte, um ihr geistiges Eigentum zu verteidigen.“
Eine erste Anhörung in dieser Sache vor Gericht war auf den 7. Februar 2018 festgesetzt.
Hier finden Sie die Quellen zu diesem Artikel: Er beruht auf einem Beitrag der kanadischen National Post und den Recherchen eines australischen Bloggers.
Die MünzenWoche stellte die australische Münze mit Mohnblüte im November 2012 vor.
Ob der Prozess auch wirtschaftliche Hintergründe hat? Zu den Umsatzeinbußen der Royal Canadian Mint im Jahr 2016, lesen Sie unseren Artikel vom August 2017.
Anlässlich der Ernennung von Sandra Hannington veröffentlichten wir diese Pressemeldung.
Wenn Sie mehr über Farbmünzen wissen wollen, empfehlen wir Ihnen die Lektüre des MünzenMarkts vom Januar 2018. Sie können ihn bei uns herunterladen.