Von Leonie Schulze
13. September 2018 – Am 2. September 2018 hat ein Feuer das Nationalmuseum Brasiliens in Rio de Janeiro zerstört. Lediglich die Außenwände stehen noch. Mehr als 5 Stunden lang hatten Feuerwehrleute versucht, den Brand zu löschen. Dass sie auf dem Gelände keinen funktionierenden Wasserhydranten finden konnten, ist bezeichnend für die ausbleibende finanzielle Förderung der brasilianischen Kultur und Wissenschaft.
Das Museum war seit 1892 im Paco de Sao Cristóvao untergebracht. Foto: Paulo Roberto C M Jr. / CC BY-SA 3.0.
Das größte Natur- und Völkerkundemuseum Lateinamerikas feierte im Juni 2018 sein 200-jähriges Bestehen. 1818 war es vom damaligen portugiesischen König Joao VI gegründet worden. In den folgenden zwei Jahrhunderten konnten beeindruckende geologische, botanische, paläontologische und archäologische Sammlungen zusammengetragen werden. 1892 zog das Museum in den nun abgebrannten Paco de Sao Cristovao.
Zahlreiche Museumsmitarbeiter und Bürger versammelten sich in den Tagen nach dem Brand vor den Ruinen. Die meisten von ihnen machen die brasilianische Regierung für die Katastrophe verantwortlich. Obwohl der marode Zustand und die mangelhaften Brandschutzmaßnahmen des Gebäudes bekannt gewesen waren, hatte das Budget des Museums im vergangenen Jahr nur noch umgerechnet 84.000 US-Dollar betragen. Das Land, das im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 unter anderem 3,6 Milliarden Dollar in den Bau neuer und die Renovierung alter Stadien gesteckt hatte, weigerte sich jahrelang, dem Museum die nötigen finanziellen Mittel zu überweisen. Nach Aussagen des Vizedirektors des Museums, Luiz Fernando Dias Duarte, hätte bereits ein Drittel dieses Geldes ausgereicht, um das Museum zu renovieren.
Eine Aufnahme des brennenden Museums. Foto: Felipe Milanez / CC BY-SA 4.0.
So war der katastrophale Brand für viele Brasilianer vorhersehbar. Die Tagesschau zitierte die Künstlerin Marcia Tiburi folgermaßen: „Das ist eine Metapher für das, was mit Brasilien passiert [… ] Es ist das Ergebnis der neoliberalen Sparpolitik.“ Museumsmitarbeiterin Márcia Couri berichtete in einem Interview mit der ZEIT, dass das Museum kurz vor Ausbruch des Feuers endlich umgerechnet fünf Millionen Euro vor der Regierung erhalten hatte. Dieses Geld kam jedoch zu spät.
Das genaue Ausmaß der Zerstörung konnte noch nicht festgestellt werden. Mehrere Nachrichtenagenturen berichten jedoch, dass ca. 20 Millionen Objekte zerstört wurden – ein unglaublicher Verlust für Forschung und Wissenschaft. Zu diesen Objekten gehören das Skelett eines Maxakalisaurus, der vor mehr als 80 Millionen Jahren gelebt hatte, archäologische Objekte der präkolumbianischen Geschichte Brasiliens, die den Handel der indigenen Kulturen bezeugen sowie Grabsteine und Mumien aus Ägypten. Außerdem wurden ein Fresko aus dem Isis-Tempel in Pompeji sowie zahlreiche Vasen, Spiegel, Krüge und andere Objekte der griechischen und römischen Antike vernichtet. Ebenso wurde das ca. 11.500 Jahre alte Skelett der „Luzia“ zerstört. Bis zu 500.000 Bücher fielen dem Feuer zum Opfer. Gerettet werden konnten einige Muscheln und Schnecken der Weichtiersammlung, die Mitarbeiter des Museums noch aus dem Gebäude tragen konnten. Ein Meteorit, der 1784 gefunden worden war, hielt dem Feuer stand.
Die bedeutendste staatliche Münzsammlung befand sich – zum Glück für die Numismatik – nicht im Nationalmuseum. Sie liegt sie Nationalmuseum für Geschichte, ebenfalls in Rio de Janeiro.
Nach dem Brand boten zahlreiche Länder ihre Hilfe beim Wiederaufbau des Museums an. Deutschland stellt finanzielle Mittel von bis zu einer Million Euro für die Sicherung und Restaurierung zur Verfügung. Der französische Präsident Emmanuel Macron versprach, Experten zur Unterstützung nach Brasilien zu schicken.
Auf der Internetseite des Museums sind zahlreiche der zerstörten Ausstellungsstücke mit Bildern einsehbar.
In diesem Video der FAZ hören Sie eine Stellungnahme des brasilianischen Kulturministers Sérgio Sá Leitão.
Hier können Sie sich auf eine Tour durch das Museum vor dem Brand begeben.
In diesem RBB-Inforadio Beitrag wird über die Ursachen und die Bedeutung dieses verheerenden Brandes diskutiert.