Karl Borromäus – Der Heilige der Gegenreformation Teil 2

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Neben dem Gründer der Jesuiten, dem hl. Ignatius von Loyola, ist wohl der hl. Karl Borromäus der Heilige, der am häufigsten genannt wird, wenn es um die vorbildliche Umsetzung der Kirchenreform nach dem Trientiner Konzil geht. Wir erzählen seine Geschichte im Spiegel der numismatischen Zeugnisse.

Karl Borromäus. Medaille, 1601-1610. Karl Borromäus im priesterlichen Gewand mit Birett. Rv. Lamm auf Altar. Umschrift SOLA GAVDET HVMILITATE DEVS (= Gott freut sich nur über die Demut). Aus Auktion Baldwin 64 82010), 597.

Ein Produkt des Patronage-Systems

Karl war 1538 als zweiter Sohn des Grafen Gilberto Borromeo und der Margherita von Medici geboren worden. Damit stand bereits fest, dass er die kirchliche Laufbahn ergreifen würde: Für einen italienischen Fürstensohn war das die angemessene Karriere. Bereits mit 7 Jahren erhielt der kleine Karl die Tonsur, Zeichen der niederen Weihen, die es ihm erlaubten, als Pfründe die Einkünfte einer benachbarten Abtei zu beziehen. Abt wurde er dort im Alter von 12 Jahren.
Sein Studium des kanonischen und des römischen Rechts schloss Karl Borromäus mit dem Doktorgrad gerade noch rechtzeitig ab, ehe sein Onkel, der neue Papst Pius IV., ihn 1560 an den Hof holte. 21 Jahre alt war der junge Mann damals. Er wurde im Handumdrehen Kardinal und unter dem Titel „Kardinalnepot“ der Sekretär seines Onkels.

Sitzung des Konzils von Trient 1563. Gemälde von Paolo Farinatis(?), 2. Hälfte des 16. Jh. Quelle: Wikipedia.

Seine erste wichtige Aufgabe war die Vertretung der päpstlichen Interessen auf dem Konzil von Trient. Er war eine Art Verbindungsmann, der den Legaten die Wünsche von Pius IV. überbrachte und deren Berichte entgegen nahm.
Glücklich wird ihn diese Aufgabe nicht gemacht haben, denn schon wenige Wochen nach Eröffnung des Konzils stand wieder die leidige Residenzpflicht im Mittelpunkt der Diskussion.

Und wieder die Residenzpflicht

Diesmal ging es um die vertrackte Frage, ob die Pflicht des Bischofs, an seinem Bischofssitz zu residieren, ihren Ursprung im göttlichen oder im kanonischen Recht habe. Zu deutsch: Im Falle, dass dies eine von Gott gegebene Pflicht sei, hätte der Papst die Macht verloren, denen, die nicht an ihrem Bischofssitz residieren wollten, den Dispens zu erteilen.
In Italien war man sich bis auf wenige Ausnahmen einig: Selbstverständlich war dies nur eine Pflicht nach kanonischem Recht, und der Papst konnte einen davon entbinden. Wie hätten sonst all die Bischöfe ihre Aufgaben am Vatikan wahrnehmen (und dabei kräftig im Spiel um die Macht mitmischen) können? Die meisten nicht-italienischen Bischöfe dagegen sprachen sich für den göttlichen Ursprung der Residenzpflicht aus. Sie wollten sowieso keine Karriere am päpstlichen Hof machen.
Im Spätherbst 1562 brachte eine dieser scheinbar harmlosen theologischen Fragen erneut die Vormacht des Papstes in Gefahr. Brachte die Weihe den Bischof in eine direkte Verbindung zu Gott und bestimmte der Papst lediglich die Diözese? Oder kam die bischöfliche Macht vom Papst als Stellvertreter Gottes auf Erden? Hätten sich die päpstlichen Gegner durchgesetzt, wäre Pius IV. mit einem Schlag nur noch primus inter pares gewesen. Ein schrecklicher Gedanke! Wie viele Botschaften mag Karl Borromäus als persönlicher Sekretär des Papstes hin und hergetragen haben, bis ein nichtssagender Kompromiss ausgehandelt war, der niemandem weh tat.

Bronzegussanhänger mit dem Bild des hl. Karl Borromäus versunken vor einem Kreuz betend. Aus Slg. Jaggi, Auktion Gorny & Mosch 226 (2014), Nr. 3053.

Die Bekehrung

Mitten in all dem diplomatischen Hickhack starb plötzlich Karls Bruder, Federico Borromeo. Er war der Ältere gewesen, derjenige, der die Familie fortführen sollte. Für die Verwandten Karls war klar, was nun kommen würde. Schließlich hatte der vielversprechende junge Kleriker erst die niederen Weihen erhalten. Die beinhalteten auch nach strengster Deutung kein zölibatäres Leben. Karl Borromäus würde seine kirchlichen Ämter niederlegen, die Aufgaben seines Bruders übernehmen, heiraten und mit genügend Kindern für den Fortbestand der Familie sorgen.
Alle, auch der Papst, drängten Karl, sich endlich zu diesem Schritt zu bequemen. Doch der war sich unsicher. Er unterzog sich den geistlichen Exerzitien der Jesuiten, die Ignatius von Loyola für seine Brüder eingeführt hatte.

Der heilige Karl Borromäus. Gemälde von Orazio Borgianni. Zwischen 1610 und 1616. Quelle: Wikipedia.

Vier Wochen kreisten die Gedanken von Karl Borromäus um sein eigenes Leben, die Nachfolge des irdischen Jesu und das Mysterium der Auferstehung. Wie schal wirkte das diplomatische Wortgeklingel des Konzils verglichen mit den großen und ewigen Wahrheiten. Nach vier Wochen wusste Karl Borromäus, was er tun würde. Bei sich selbst anfangen. Die Forderungen der Reform in eigener Person verwirklichen. Er verbannte Gold, Silber und feine Speisen von seinem Tisch, reduzierte sein Gefolge, übte sich in neuer Bescheidenheit und … ließ sich zum Priester weihen. Damit war der junge Karl endgültig ein Außenseiter unter den Karrieristen in Rom.

2

Umzug nach Mailand

Wann genau Karls Ernennung zum Erzbischof von Mailand erfolgte, darüber können sich die Quellen nicht einigen. Eins ist klar, 1565 zog der neue Erzbischof im Triumphzug in seinem Dom ein. Nach 80 Jahren kehrte damit das geistliche Oberhaupt von Mailand erstmals in seine Diözese zurück, um dort auch zu leben. Dies war ein eindrucksvolles Zeichen. Der venezianische Botschafter schrieb darüber an die Serenissima, dass dieses Vorbild Rom mehr nütze als alle Konzilsbeschlüsse, die ergangen seien.
Karl Borromäus war nun der geistige Herr über die größte Diözese Italiens. Sie umfasste 15 Bistümer und berührte über sechs weltliche Herrschaften: Das spanische Herzogtum Mailand, die Republik Genua, den Kirchenstaat, die Republik Venedig, die Schweizerische Eidgenossenschaft und Graubünden.

Stola, Pontifikalschuhe und Hut des hl. Karl Borromäus. Foto: UK.

Neue Besen

Der neue Erzbischof hatte große Pläne. Ihm ging es um nicht mehr und nicht weniger als die Disziplinierung von Priestern und Laien im Sinne der Gegenreformation, was nicht immer ganz einfach war. Die Kanoniker seines eigenen Domkapitels verbaten sich seine Einmischung in ihre Lebensführung, die Angehörigen von Orden und Klöstern machten darauf aufmerksam, dass sie nicht dem Bischof, sondern ihren Ordensvorstehern unterstünden und die Geistlichen der Kollegiatskirchen beriefen sich darauf, dass ihr Herr der Papst sei. Selbst mit dem spanischen Gouverneur von Mailand gab es Probleme. Der wollte einfach nicht einsehen, dass Vergehen, die immer vor weltlichen Gerichten abgehandelt worden waren (selbstverständlich gegen einen ordentlichen Gebührensatz), auf einmal vor einen kirchlichen Richter gehören sollten.
Karl brauste auf, versuchte sich durchzusetzen und musste mühsam lernen, Kompromisse zu schließen, als sein Onkel, der Papst, im Dezember 1565 verschied und sein Neffe damit alle besondere Förderung verlor.

Das Attentat

Natürlich erlebte der Erzbischof auch Rückschläge. So zum Beispiel im Jahre 1569. Karl war vom neuen Papst damit beauftragt worden, den Humiliatenorden im Sinne der Reform zu disziplinieren. Diese Gemeinschaft war aus der italienischen Armutsbewegung des 12. Jahrhunderts hervorgegangen. Doch die Jahrhunderte hatten reiche Spenden und damit Bequemlichkeiten gebracht, auf die diese würdigen Brüder nicht mehr verzichten wollten. Es kam zu einer Verschwörung. Ein Bruder erhielt den Auftrag, den unliebsamen Erzbischof zu ermorden. Doch der Mann schoss schlecht. Karl kam mit einer Fleischwunde davon, was die katholische Propaganda sofort zu einem Wunder stilisierte.
Die Humiliaten hatten nicht so viel Glück. Ihre Oberen, von denen man vermutete, sie seien in die Verschwörung verwickelt, wurden hingerichtet, der Orden aufgelöst, seine Güter unter den Reformorden verteilt.

Im Rufe der Heiligkeit

Für Karl Borromäus war das Attentat ein Glücksfall. Da musste doch Gottes Hand im Spiel gewesen sein, das glaubten jedenfalls die Bewohner Mailands. Der Erzbischof gewann dadurch eine ganz neue Autorität. Damit und mit seinem unendlichen Arbeitswillen schaffte es Karl Borromäus: Stück für Stück setzte er seine Vorstellungen um. Er lud seine Bischöfe und Geistlichen regelmäßig zu Versammlungen ein, um mit ihnen Probleme bei der Seelsorge zu erörtern. Er reiste selbst in die Gemeinden, um zu überprüfen, wo es Probleme gab. In die entfernteren Gegenden schickte er seine Gesandten, deren Berichte er aufmerksam las.
60.000 Briefe schrieb der Bischof von Mailand in den knapp 20 Jahren seiner Amtszeit, um die Dinge in seinem Sinne zu lenken. Erzogen im Geiste des Humanismus glaubte Karl an die Macht des Wortes. Gleich nach seiner Ankunft in Mailand hatte er eine Druckerei gegründet, um seine Hirtenbriefe zu publizieren. Dazu stieg er selbst auf die Kanzel und predigte trotz einer Sprachbehinderung.

Drei Priesterseminare richtete er in Mailand ein: Eines für Priester, die in der Stadt bleiben sollten, eines für diejenigen, die unter der ländlichen Bevölkerung Gottes Wort verkünden würden, und ein weiteres für diejenigen, die man in die reformierte Schweiz als Missionare schicken mochte.

Karl VI. (1711-1740). Bronzemedaille 1716 von Richter und Waron auf die Karl Borromäus gewidmete Karlskirche. Rv. Ansicht der Kirche. Karl Borromäus galt aufgrund seiner Haltung als „Pestheiliger“. Karl VI. versprach daher während der Pestepidemie in Wien die Errichtung einer Karlskirche, sollte die Seuche enden. Aus Auktion Rauch 88 (2011), 830.

Die Pest

Einen Platz im Gedächtnis seiner Pfarrkinder eroberte sich Karl Borromäus, als im Jahr 1576 die Pest in Mailand ausbrach. Statt wie die anderen Autoritäten aufs Land zu fliehen, blieb er und organisierte für die Bevölkerung eine geregelte Krankenfürsorge.

Am 3. November 1584 starb Karl Borromäus. Wie seine Verwandten und die katholische Kirche sein Zeugnis für einen glaubwürdigen Katholizismus nutzten, lesen Sie in der 3. und letzten Folge dieser kleinen Serie.

Den ersten Teil finden Sie im Archiv, ebenso den dritten und letzten Teil.

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