10. November 2011 – Ein fürstliches Münzkabinett von unschätzbarem Wert befindet sich seit dem 17. Jahrhundert auf Schloss Friedenstein in Gotha. Herzog Friedrich II. (1691-1732) von Sachsen krönte sein „Barockes Universum“ im Jahre 1712 mit einer einzigartigen Erwerbung.
Nicolaus Seeländer, Prunkmedaille auf die Errichtung des Münzkabinetts auf Schloss Friedenstein im Jahre 1712. Monumentales und emblematisch eindrucksvolles Kleinod des thüringischen Barock mit dem Porträt des Gothaer Herzogs Friedrichs II. (1691-1732), Prägung, Silber, 110 mm (Vs.). Foto: Wolfgang Steguweit.
Er kaufte zu vorhandenen Beständen die damals europaweit wegen ihrer Raritäten in Gold und Silber gerühmte Münzsammlung des in finanzieller Verlegenheit steckenden Schwarzburg Anton Günther II. (1666-1716). Unmittelbar darauf erließ Friedrich II. eine Bestimmung (einen „Fideikommiss“), der seine Nachfahren verpflichtete, den Münzschatz – die „Gotha Numaria“ – zu pflegen und zu bewahren, und darauf zu achten, die Sammlung keinesfalls „zu distrahieren (oder gar) zu veralienieren [veräußern]“.
Im Ostflügel des monumentalen Residenzschlosses stattete er einen Raum als Kulisse für seine Münzschätze mit einer prachtvollen Dekoration aus. Umgeben von allegorischen Decken und Wandmalereien stehen vierzehn intarsierte Münzschränkchen auf Bibliotheksunterbauten für kostbar gebundene Folianten. Der bekannte Reiseschriftsteller des 18. Jahrhunderts Johann Georg Keyssler rühmte im Jahre 1741 das Gothaer Kabinett als eines „der vornehmsten in der Welt und in vollkommener Einrichtung“.
„Meister des Triumphwagens Maximilians I.“, Österreich, Kaiser Maximilian I. (1508-1519) und Reichsritter Franz von Sickingen, Prunkmedaille 1518, Guss, Silber vergoldet, 85 mm (Rs.). Exemplar mit gravierter Randschrift auf die Aussöhnung des Kaisers mit Sickingen nach dessen Plünderung von Worms; vermutlich Exemplar Franz von Sickingens. Foto: Wolfgang Steguweit.
Mit dem Zweiten Weltkrieg schien der jahrhundertelang währende Glanz des Münzkabinetts zu erlöschen, denn nach dem 8. Mai 1945 begann für Jahrzehnte eine Odyssee der Münzschätze in verschiedene Richtungen: Rund 100.000 Münzen und Medaillen – der zahlenmäßig größte Teil des Münzkabinetts – wurden von der Roten Armee beschlagnahmt und als kulturelle „Reparationsleistung“ in die Sowjetunion verbracht, dort verblieben sie bis zur Rückgabe Ende der 1950er Jahre. Noch eine weitere Aufsplitterung hatte stattgefunden: Ein kleinerer, ca. 16.000 Münzen und Medaillen umfassender Bestand mit den größten numismatischen Raritäten und künstlerischen Kostbarkeiten in Gold, Silber und Bronze von der Antike bis zum 20. Jahrhundert wurde zuvor mit Unterstützung der amerikanischen Armee, die bis Mitte Juli 1945 Thüringen besetzt hielt, von der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft nach Coburg verbracht.
Hans Krafft nach Entwurf Albrecht Dürers, Kaiser Karl V. (1519-1556). Dedikationsmedaille der Stadt Nürnberg, 1521, Prägung auf vorgegossenem Rohling, Silber, 71 mm. Foto: Wolfgang Steguweit.
Die Sorge vor einer Zersplitterung des Coburger Bestandes führte dann 2007 zu seiner Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts. Seine Rückerwerbung bildet nun einen krönenden Höhepunkt der Aktivitäten für Gotha. Während der über drei Jahre andauernden Verhandlungen mit der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft, die die Kulturstiftung der Länder im Auftrag des Landes Thüringen führte, ging es zunächst darum, einen angemessenen Preis für die ca. 16.000 Münzen zu bestimmen.
Sebastian Dadler, Prunkmedaille Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg mit seinem Sohn, dem späteren Großen Kurfürsten, auf den Waffenstillstand in Preußen, 1639, Prägung, Gold, 72 mm. Foto: Wolfgang Steguweit.
Drei Gutachter waren mehrere Wochen damit beschäftigt, die antiken – griechische, römische und keltische –, mittelalterlichen und neuzeitlichen Münzen und Medaillen aus Bronze, Silber und Gold zu sichten, zu bestimmen und einzuschätzen. Trotz eines gewaltigen Marktwerts von mehreren Millionen Euro war klar: Die in mehr als 250 Jahren entstandene, mit Gotha eng verknüpfte Sammlung durfte nicht zerschlagen werden und sollte auch nach dem Willen des Herzoglichen Hauses als Ganzes nach Schloss Friedenstein zurückkehren.
Die Herzog von Sachsen Coburg und Gotha’sche Stiftung für Kunst und Wissenschaft ermöglichte dies durch ihr großzügiges Entgegenkommen. Der Ankauf der wertvollen Münzen durch die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha gelang jetzt mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Freistaats Thüringen, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dank der Spenden zweier Mäzene – der Münzliebhaber Fritz Rudolf Künker und Friedrich Popken. Die Ernst von Siemens Kunststiftung ermöglichte eine langfristige Vorfinanzierung des Ankaufs.
Sachsen-Gotha, Ernst I. der Fromme (1640-1675), Abschlag vom Friedenstaler 1650 zu 10 Dukaten, Prägung, Gold, 46 mm. Foto: Wolfgang Steguweit.
300 Jahre nach dem Fideikommiss von 1712 kann an das Vermächtnis des bedeutendsten Thüringer Barockfürsten, Herzog Friedrich II. von Sachsen Altenburg, wieder angeknüpft werden. Die Rückkehr des nach Coburg verbrachten Münzschatzes soll 2012 in der Ausstellung „Gothas Gold – Thüringens Glanz“ gefeiert werden, die das Münzkabinett und seine Geschichte vorstellt. Die Kulturstiftung der Länder unterstützt diese Ausstellung. Schließlich engagiert sie sich schon seit 1994 laufend in Gotha: Die historischen Sammlungen des Kartenverlags Perthes konnten in der Stadt gehalten werden und erinnern an die zahlreichen Forschungsreisen, mit denen es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gelang, die letzten weißen Flecken von den Weltkarten zu tilgen.
In Schloss Friedenstein konnte die Kulturstiftung der Länder mehrfach beim Ankauf von in der Kriegs und Nachkriegszeit verschwundenen wertvollen Handschriften und Drucken, aber auch bei der Dokumentation und der Erschließung der einzigartigen Bestände helfen. Zahlreiche Restaurierungen wurden zudem durch den Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder ermöglicht. Bereits 2001 gelang es, sechs Goldmünzen aus dem Coburger Bestand – allesamt Schau großer Seltenheit – vor einer Auktion der Osnabrücker Münzhandlung Künker zu erwerben.
Der gesamte Münzschatz ist inzwischen heimgekehrt nach Gotha, wird dort bearbeitet und präsentiert. Ein kleiner Teil allerdings vorerst nur als Leihgabe der Herzoglichen Kunststiftung. Der Rückkauf dieser letzten 343 antiken Goldmünzen muss innerhalb der nächsten Jahre erst noch finanziert werden.
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