23. September 2010 – Vom 5. September 2010 bis zum 13. Februar 2011 präsentiert das Historische Museum der Pfalz Speyer die Ausstellung „Amazonen – Geheimnisvolle Kriegerinnen“. Ausgehend von Funden und Quellenzeugnissen aus antiker und nachantiker Zeit bietet die Schau auf Basis der aktuellsten wissenschaftlichen Ergebnisse einen interdisziplinären Zugang zum Thema „Amazonen“ in seiner ganzen Bedeutungsvielfalt.
Rekonstruktion einer Achill-Penthesilea-Gruppe, deren Fragmente auf acht verschiedene Museen verteilt sind. Foto: Peter Haag-Kirchner/Historisches Museum der Pfalz Speyer.
Das Ergebnis ist ein kulturgeschichtlicher Gesamtentwurf, wie er bisher noch nie in Form einer Ausstellung präsentiert wurde. Zu sehen sind weltweit einzigartige Objekte – archäologische und kulturgeschichtliche, historische und literarische Exponate.
Gefäß mit Darstellung einer Amazone, um 500 v. Chr. Leihgabe der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek / München. Foto: Peter Haag-Kirchner/Historisches Museum der Pfalz Speyer.
Seit nahezu 3000 Jahren existiert die Legende vom Volk der Amazonen. Der antike Dichter Homer lieferte uns im 8. vorchristlichen Jahrhundert die ersten schriftlichen Quellen. Seitdem hat die Sage von diesem gleichermaßen schönen wie grausamen Frauenvolk die Fantasie der Menschen beflügelt. Bis in die Gegenwart inspiriert die Vorstellung von Amazonen Künstler aller Genres.
Heute ist längst bekannt, dass es zu keiner Zeit ein Amazonenvolk gegeben hat, dennoch sprechen aufsehenerregende Grabfunde von bewaffneten Frauen aus dem nördlichen Schwarzmeerraum von der Existenz antiker Kriegerinnen. Die Ausstellung geht der Frage nach, inwieweit diese Funde den historischen Kern der Amazonensage bilden könnten.
Blick in die Ausstellung: Rekonstruktionen von Kleidungsstücken geben Eindruck von der Pracht, mit der skythische Frauen gekleidet waren. Foto: Peter Haag-Kirchner/Historisches Museum der Pfalz Speyer.
Im 5. Jahrhundert vor Christus schrieb Herodot, dass sich die Amazonen mit dem Volk der Skythen vermischt haben sollen. Sowohl seine Beschreibungen als auch die bildlichen Darstellungen dieser Zeit zeigen die Kriegerinnen in typisch skythischer Tracht. Mythos und Wirklichkeit haben sich in der Amazonensage über Jahrhunderte miteinander vermischt.
Fundstücke aus dem Alltagsleben der Griechen kontrastieren den Gegensatz zwischen dem griechischen Rollenverständnis, nach dem der Kampf Männern vorbehalten war und Frauen ihren Aufgabenbereich im häuslichen Bereich hatten, und der Sage von dem unabhängigen Amazonenvolk, das die Gesetzmäßigkeiten der griechischen Gesellschaftsordnung auf den Kopf stellte.
Ein Schädel aus dem 5. bis 2. Jh. v. Chr. zeigt Schlagspuren von einem Streitpickel. Eine solche Waffe war auch eine Beigabe der Kriegerin aus der Doppelbestattung von Ak-Alacha. Leihgeber: Institute of Archaeology and Ethnography, Novosibirsk, Rußland. Foto: Peter Haag-Kirchner/Historisches Museum der Pfalz Speyer.
Auch in der nachantiken Zeit wird der Amazonenmythos zu einem beliebten Motiv in Kunst und Literatur. Die Werke referieren meist altbekannte Stereotype, die bereits bei Herodot, Diodor und anderen antiken Schreibern zu finden waren. Zu den Klischees zählt die von den Männern separierte Lebensweise, das meist jährliche Treffen mit Männern zum Zweck der Fortpflanzung, die Rückgabe der geborenen Söhne an ihre Väter oder sogar die Tötung der männlichen Kinder, der Kampf mit Pfeil und Bogen, Streitaxt und Schild, die Reitkünste sowie die angebliche Verbesserung der Fertigkeiten beim Bogenschießen durch Ausbrennen oder Amputation der rechten Brust.
Kyme. Nero, 54-68. Rv. Amazone Kyme. Leihgeber: Staatliche Museen zu Berlin SPK, Münzkabinett (Acc. 1906 Löbbecke, Objektnr.18203735).
Die Speyerer Ausstellung stellt seinen Besuchern aber auch weniger bekannte Facetten des Amazonen-Mythos vor. So hatten die Kriegerinnen in der Antike eine wichtige Rolle als Städtegründerinnen und Stifterinnen von Heiligtümern inne. Als wilde Exoten waren die „Amazonen“ Ende des 19. Jahrhunderts in sogenannten Völkerschauen zu sehen. Soldatinnen aus dem westafrikanischen Königreich Dahomey präsentierten in Zoos und Theatern angeblich typische Kriegstänze, Schaukämpfe und Gesänge aus ihrer Heimat und prägten das europäische Bild von den kriegerischen Frauen aus Afrika. In der Moderne ist die Rückbesinnung auf die kämpfende Kriegerin aus Filmen und Computerspielen nicht mehr wegzudenken.
Zu den Leihgebern zählen Museen aus der Ukraine, Russland, Georgien, Italien, Frankreich, Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland.
Die große Schau richtet sich gleichermaßen an Freunde antiker Geschichte, Kunst und Kultur wie an ein interessiertes Publikum, das sich von einer spannenden Reise in die Vergangenheit verzaubern lassen will.
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