von Ursula Kampmann
10. Mai 2018 – Als ich in Schaffhausen studierte, veranstaltete das Institut für neuzeitliche Geschichte eine umfassende Ausstellung zum Hexenwesen. In der vertrauten Kaffeerunde des althistorischen Instituts mokierte sich einer der Professoren darüber: „Es hat keine Hexen gegeben. Toll, dass man jetzt eine ganze Ausstellung darüber machen kann.“
Irgendwo hatte er natürlich recht. Aber wo hätte die frauenbewegte Historikerzunft sonst ihre Energien hinleiten sollen? Es gibt nun einmal eine recht überschaubare Anzahl bedeutender Frauen in der Geschichte, und deren Message war mit Sicherheit nicht so emanzipiert, wie sie die Nachfolgerinnen von Emma gerne gesehen hätten. Die Hexen dagegen hatten praktisch keine Selbstzeugnisse hinterlassen, womit sie sich wunderbar als Projektionsfläche eigener Vorstellung eigneten.
Antinoos wurde ein ähnliches Schicksal zuteil wie den Hexen. Auch er ist uns hauptsächlich als schöner Jüngling bekannt, dessen Bild immer wieder von Künstlern aufgegriffen wurde. Selbstzeugnisse hat er keine hinterlassen. Ja, seine ganze Geschichte ist nur durch eine äußerst widersprüchliche und schwer zu greifende Quellenlage überliefert. Vielleicht deshalb wurde er zur verklärten Symbolgestalt aller Homosexuellen. Deshalb bringen alle Münzen und Medaillons, die sein Bildnis zeigen, überdurchschnittliche Preise. Deshalb wird seine Geschichte immer wieder neu erzählt. Und vielleicht deshalb kann man im Battenberg-Verlag inzwischen gleich zwischen drei Bänden wählen, die sich mit Antinoos und seinem kaiserlichen Gönner Hadrian beschäftigen.
Rainer Pudill, Antinoos. Münzen und Medaillons. Battenberg Gietl Verlag, Regenstauf 2014. 159 S., durchgehend Abbildungen in Farbe. 17,5 x 24,6 cm. Hardcover. ISBN: 978-3-86646-113-0. 34,90 Euro.
Bereits 2014 legte Rainer Pudill, wohl einer der profundesten Kenner des wirklich umfangreichen Materials zu Hadrian und Antinoos, eine Beschreibung der verschiedenen numismatischen Darstellungsformen des Antinoos vor. Er ergänzte sie mit dem Katalog der Prägungen für Antinoos aus der Feder von Gustave Blum von 1914.
Rainer Pudill, Göttlicher Antinoos. Ein Idealbild jugendlicher Schönheit. Battenberg Gietl Verlag, Regenstauf 2017. 235 S., durchgehend Abbildungen in Farbe. 17,5 x 24,6 cm. Hardcover. ISBN: 978-3-86646-149-9. 34,90 Euro.
2017 erschien ein weiterer Band zu Antinoos. Dieser ergänzte die numismatischen Quellen durch archäologische (und fügt „wegen der Bedeutung dieser Kleinkunstwerke als historische und religionsgeschichtliche Quellen“ „einige Neuerwerbungen sowie weitere Exemplare aus Museen und dem Handel“ hinzu).
Der Autor beschränkt sich dabei nicht auf die Antike. Er widmet einen Teil seiner Arbeit der modernen Rezeption und sammelt in den Exkursen bereits andernorts veröffentlichte Teile seiner Beschäftigung mit Antinoos.
Rainer Pudill, Schicksalsjahre eines Kaisers. Hadrian in Ägypten im Spiegel der numismatischen Quellen. Battenberg Gietl Verlag, Regenstauf 2018. 164 S., durchgehend Abbildungen in Farbe. 17,5 x 24,6 cm. Hardcover. ISBN: 978-3-86646-158-1. 34,90 Euro.
Noch während dieses Buch bei mir auf seine Besprechung wartete, erschien 2018 der dritte Band der Antinoos-Trilogie mit dem Titel „Schicksalsjahre eines Kaisers“. Das Thema beschreibt der Autor mit „Hadrian in Ägypten im Spiegel der numismatischen Quellen“.
Tatsächlich beschäftigt Rainer Pudill sich noch einmal mit Hadrian, Antinoos, Ägypten und dem, was da an jenem Morgen während der Nilfahrt geschah. Man findet ähnliche Bilder wie in den beiden vorherigen Bänden, diesmal nach anderen Gesichtspunkten angeordnet. Bereichert wird das Werk durch eine kurze Einführung zum römischen und zum alexandrinischen Münzsystem inklusive einer kurzen Münzgeschichte Ägyptens und einer Vorstellung der wichtigsten ägyptischen Götter im Münzbild. Nicht zu vergessen, einem Überblick über die Darstellungen des Nils.
Wer sich für Hadrian und Antinoos wirklich interessiert, dürfte diesen Band mit Vergnügen lesen.
Den ersten Band zu Antinoos haben wir bereits nach seinem Erscheinen ausführlich in der MünzenWoche beschrieben.
Alle Bücher können Sie für je 34,90 Euro auf der gemeinsamen Website des Battenberg und Gietl Verlags bestellen.