Archäologie entlang der Erdgastrassen

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9. Juni 2016 – Fünf Jahre lang, von 2007 bis 2012, begleiteten mehrere Grabungsteams des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern den Bau der großen Erdgastrassen OPAL (Ostseepipelineanbindungsleitung) und NEL (Nordeuropäische Erdgasleitung).

Arbeiten entlang der Trasse nahe Pelsin. Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr.

340 km lang und 30 m breit zogen sich die Leitungsgräben durch das Bodenarchiv Mecklenburg-Vorpommerns. Zeitweise waren bis zu 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz, um das archäologische Kulturerbe auf den Trassen rechtzeitig zu bergen.
Zu Tage kam ein Schatz an Informationen. Sie werfen neues Licht auf vergangene Zeitalter, auf Wirtschaft, Handel und Umwelt, auf das Leben und Sterben der Menschen und ihre religiösen Vorstellungen.

Eine archäologische Grabung bei Butzow. Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr.

Bei den Ausgrabungen wurden alle Zusammenhänge genau dokumentiert. Zeichnungen, Beschreibungen und Fotos sind archiviert, die Funde liegen im Magazin. Sie bilden die Grundlage für die Auswertung des gehobenen Wissensschatzes.
Die Sonderausstellung „Pipeline: Archäologie“ präsentiert noch bis zum 26.6.2016 eine Auswahl dessen, was auf den Trassen gefunden wurde – Zeugnisse der 12.000-jährigen Kulturgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns.

Steinfurth Kragenflaschen, 4100-2800 v.Chr., ALM 2008 584,347 & 348. Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr.

Ältester Fund ist eine Pfeilspitze aus Feuerstein, mit der die Menschen kurz nach dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren auf die Jagd nach Rentieren gingen. Gefunden wurde sie bei Glasow im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

Die jüngsten Funde stammen aus einem Kriegsgefangenenlager, das nach Kriegsende 1945 nur wenige Wochen existierte. Seine Reste wurden bei Sülstorf im Landkreis Ludwigslust-Parchim ausgegraben. Natürlich sind in der Sonderausstellung auch die „schönen“ Funde zu sehen.

Ein Goldsolidus aus dem 6. Jh. n. Chr.Fundort: Gustebin, Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr.

Viele von ihnen, wie ein nachgeahmter byzantinischer Goldsolidus, der mehrere hundert Jahre lang in Umlauf war, bevor er zurechtgeschnitten und zum Anhänger umfunktioniert in der Nähe von Gustebin (Landkreis Vorpommern-Greifswald) in den Boden gelangte, erzählen schon aus sich heraus eine spannende Geschichte. Der Informationsgehalt der archäologischen Quellen reicht jedoch wesentlich weiter, wie in der Sonderausstellung deutlich wird. 

Ein Pferdeskelett in der Grube bei Pasewalk. Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr.

Unscheinbare Verfärbungen des Bodens, die auf der Trasse freigelegt wurden, lassen sich zu ganzen Hausgrundrissen zusammensetzen. In der Nähe von Glasow wurde z. B. das bislang älteste bekannte Haus in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt, das rund 5.500 Jahre alt ist. Häuser und Siedlungen sind auch wichtige Quellen für die Lebensweise und Ernährung der Menschen. Zu den neuen Erkenntnissen aus den Ausgrabungen auf den großen Erdgastrassen gehört, dass die aus dem Vorderen Orient stammende Hirse bereits vor über 3.500 Jahren, also in der älteren Bronzezeit, in unserer Region kultiviert wurde. Die neuen Hirsefunde zählen zu den ältesten nördlich der Alpen.

Die Ausstellung wurde durch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern konzipiert und durch das Büro rutsch+rutsch aus Schwerin gestaltet. Sie zeigt 239 Exponate von der Steinzeit bis in die Neuzeit.
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Begleitband erschienen, in dem die wichtigsten Grabungsergebnisse vorgestellt werden (Katalogtitel: „Pipeline: Archäologie. Ausgrabungen auf den großen Ferngastrassen in Mecklenburg-Vorpommern“).
Die Veröffentlichung wurde durch die Firmen Gascade, Fluxys und Gasunie maßgeblich unterstützt.

Nähere Informationen dazu finden Sie auf der Seite des Pommerschen Landesmuseums.