von Annika Backe
21. September 2017 – Drei Monate ist es her, dass die MünzenWoche über das Ende der belgischen Münzstätte zum 1. Januar 2018 berichtete. Dies war bislang die letzte Schließung bzw. Privatisierung einer Münzstätte. Vorausgegangen war 2016 der Verkauf der Royal Dutch Mint und die Schließung der Royal Danish Mint. In den letzten beiden Jahren scheint sich eine Entwicklung zu beschleunigen, die Marktkenner schon seit längerem erwarten. Es gibt einfach zu wenig Arbeit für die vielen maschinell hoch aufgerüsteten Münzstätten weltweit. Ein Verdrängungsprozess steht bevor.
Nun ist davon Brasilien betroffen. Der brasilianische Präsident Michel Temer will die brasilianischen Casa de Moeda an private Betreiber verkaufen.
Michel Temer, seit August 2016 der Präsident Brasiliens. Foto: Michel Temer – 06/07/2017 – Transmissao de Cargo de Presidente da República / Wikimedia Commons / CC BY 2.0.
Das Privatisierungsprojekt
Der liberal-konservative Temer ist seit 31. August 2016 der Präsident Brasiliens. Seine Vorgängerin Dilma Roussef hatte ihren Posten nach einem Amtsenthebungsverfahren wegen Verstößen bei der Führung der Staatsfinanzen räumen müssen. Seit 2014 kämpft das südamerikanische Land mit einer Wirtschaftskrise. Diese verschärfte sich, als Brasilien nach der Ausrichtung der Olympischen Spiele Anfang August 2016 in Rio de Janeiro Schulden in Höhe von umgerechnet rund 30 Millionen Euro verblieben.
Als Gegenmaßnahme hat Präsident Temer im November 2016 damit begonnen, knapp 60 Staatsbetriebe an private Firmen zu veräußern. Darunter auch die staatliche Münze Casa Moeda do Brasil mit Sitz in Rio. 1694 vom portugiesischen König gegründet, produziert das dem Finanzministerium unterstellte Unternehmen nicht nur die Währung des Landes, sondern auch die Pässe seiner Bewohner.
Kritische Stimmen
Brasilianischen Medienberichten zufolge setzt die Kritik der Gegner des Privatisierungsprojekts wesentlich an diesem Punkt an. So argumentiert Aluizio Junior, Präsident der Gewerkschaft der Münzstättenangestellten: „Die Münzstätte spielt eine strategische Rolle bei der Verteidigung der nationalen Souveränität. Es ist sehr riskant für die Gesellschaft, die Daten aller brasilianischen Bürger privat zugänglich zu machen.“
Von offizieller Seite heißt es dagegen, es werde ohnehin immer mehr bargeldlos bezahlt und die Münzstätte habe zuletzt nur noch wenige Ausweise hergestellt. Für Aluizio Junior ist das ein Scheinargument. Vielmehr habe die Regierung die Produktion von Ausweisen ausgesetzt, um mit den niedrigen Zahlen den Verkauf des Unternehmens zu rechtfertigen.
Mehr zum Verkauf der Münze lesen Sie in der Brasil de Fato.
Man sollte den brasilianischen Politikern die Geschichte der deutschen Bundesdruckerei zugänglich machen. Die wurde auch zuerst privatisiert, um sie dann für teures Geld zurückzukaufen, weil man die Passdaten der deutschen Bürger schlussendlich keiner Privatfirma zugänglich machen wollte.
Mehr darüber lesen Sie natürlich in der MünzenWoche.
Wenn Sie sich für die Privatisierung von Münzstätten interessieren, wir haben am 2. Februar 2017 eine Ausgabe der MünzenWoche diesem Problem gewidmet. Dort finden Sie Beispiele für gelungene und nicht gelungene Privatisierungen.
Zur MünzenWoche-Meldung über die Schließung der belgischen Münzprägeanstalt kommen Sie hier.
Um zur Homepage der Casa de Moeda zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
Und mehr über die Schulden Brasiliens nach den Olympischen Spielen lesen Sie im Spiegel.