von Ursula Kampmann
8. Oktober 2015 – Die byzantinische Numismatik ist etwas für begeisterte Spezialisten. Das fängt schon damit an, dass man sich, will man tief in das Fach eintauchen, nicht auf englische oder gar deutsche Sekundärliteratur beschränken darf. Das Französische spielt traditionell eine starke Rolle in der Byzantinistik. Und so sind auch die beiden Bücher, die wir hier vorstellen wollen, in französischer Sprache geschrieben.
Cécile Morrisson, Byzance et sa monnaie (Ive-XVe siècle), Précis de numismatique byzantine suivi du catalogue de la collection Lampart par Georg-D. Schaaf. Éditions Lethielleux, Paris 2015. 230 Seiten, durchgehend schwarz-weiß illustriert. 17,5 x 25 cm. Broschiert. Fadenheftung. ISBN 978-2-249-62312-7. 32 Euro.
Das erste ist von der Grande Dame der byzantinischen Numismatik verfasst, von Cécile Morrisson. Es handelt sich um nicht weniger als um ein Précis. Für all diejenigen, die nur einen aufs Kulinarische ausgerichteten Grundwortschatz des Französischen beherrschen, ein Précis ist ein Handbuch, in dem auf kleinstmöglichem Raum das Wichtigste eines Faches zusammengefasst ist.
Und tatsächlich behandelt Cécile Morrisson die Münzprägung eines Jahrtausends souverän auf 100 Seiten. Sie beginnt bei der Prägetechnik und ihren Veränderungen, um dann die Metrologie zusammenzufassen, und so zu den verschiedenen Nominalen der gesamten Herrscher zu kommen. Ein großer Teil ihrer Abhandlung ist den Motiven der Münzen und deren Deutung gewidmet sowie abschließend der Frage, in wie weit die Motive der Münzen von ihren Benutzern überhaupt verstanden wurden.
Weg vom Objekt führt die nächste Frage, nämlich in wie weit die Münzen als Mittel der kaiserlichen Finanzwirtschaft eingesetzt wurden. Hier wird nicht nur die Frage der verschiedenen Münzstätten aufgeworfen, sondern auch dem Gewichts- und Feingehaltsverlust der Nominale nachgegangen. Selbstverständlich gehört hierher auch die Frage des Münzumlaufs, im In- und im Ausland.
Es ist ein kluger Text, den Cécile Morrisson hier dem Leser vorlegt. Er geht weit über das hinaus, was in den üblichen Sammlerkompendien zu finden ist. Er sensibilisiert dafür, dass Numismatik eben mehr ist als ein hübscher Katalog mit einer kurzen Einleitung.
Und wenn wir schon beim Thema Katalog sind. Im Schweizerischen Fribourg ruht die Sammlung Albert Lampart (1928-2003). Albert Lampart war Priester und hatte von 1958 bis 1962 am Pontificio Istituto Orientale in Rom studiert, wo er zum Dr. theol. promovierte. Dort begann wohl seine Begeisterung für die byzantinische Numismatik, die dem Institut für frühchristliche und byzantinische Archäologie in Fribourg eine interessante Sammlung byzantinischer Münzen bescherte. Den Katalog dieser Sammlung legt Georg-D. Schaaf im gleichen Buch vor. Er enthält 108 Stück sowie einige nicht-byzantinische Münzen und illustriert damit bestens das Handbuch aus der Feder von Cécile Morrisson (auch wenn man sich die Fotos ein wenig besser gewünscht hätte).
Matteo Campagnolo, Paul Magdalino, Marielle Martiniani-Reber, André-Louis Rey, L’aniconisme dans l’art religieux byzantin. Actes du colloque de Genève (1-3 octobre 2009). La pomme d’or Publishing, Genf 2014. 230 S. + 70 S. ohne Paginierung, 115 Farbtafeln. Broschiert. (Schlechte) Klebebindung. ISBN 978-2-8306-0257-9. 42 CHF.
Die perfekte Ergänzung zu diesem kurzgefassten Handbuch sind die Kolloquiumsakten, die von Matteo Campagnolo, Paul Magdalino, Marielle Martiniani-Reber und André-Louis Rey herausgegeben wurden. Thema des 2009 abgehaltenen Kolloquiums war „Das Bilderverbot in der religiösen Kunst von Byzanz“. 20 ausgezeichnete Wissenschaftler haben dazu einen Beitrag geleistet (und acht davon sind nicht in französischer, sondern in englischer Sprache verfasst).
Alle Beiträge kreisen um das Bilderverbot. Wir möchten hier zumindest die Artikel nennen, die dabei auch auf die Numismatik eingehen. Marie-France Auzépy bezieht in ihrem Grundsatz-Artikel „Die religiöse Bedeutung des byzantinischen Bilderverbots“ die Münzen am Rande mit ein. Maria Campagnolo-Pothitou beschäftigt sich mit den Siegeln in ihrem Beitrag „Wie Mief des Ikonoklasmus zu Beginn des 12. Jh.: Das Zeugnis der Siegel“. Und der Aufsatz von Matteo Campagnolo fragt provokant „Gab es eine ikonoklastische Münze?“. Darin lässt er die Münzprägung der fraglichen Jahre Revue passieren und untersucht ihr Verhältnis zur Doktrin des Bilderverbots.
Byzanz ist eben ein spannendes Thema, selbst wenn man dafür seine Schulkenntnisse im Französischen wieder auffrischen muss!
Hier bekommen Sie das Handbuch von Cécile Morrisson. Es wird übrigens auch eine Variante als eBook angeboten.
Hier können Sie die Kolloquiumsakten direkt kaufen.