von Ursula Kampmann
4. Februar 2016 – Es gibt einen Fehler in Auktionskatalogen, der ist unter Kennern immer für ein Schmunzeln gut: Gelegentlich wird es ja hektisch, und dann kann der Vulto santo, das heilige Antlitz Christi, das auf den Münzen von Lucca dargestellt ist, schon mal als Sankt Vultus im Katalog Erwähnung finden. Mit dem neuen Buch von Wolfgang Drösser sollte das eigentlich nicht mehr passieren, denn er hat die Darstellungen Christi und seiner Heiligen systematisch für die einzelnen Münzstände zusammengestellt und erklärt.
Wolfgang Drösser, Christus und seine Zeugen in Zeichen, Worten und Bildern – auf Münzen Europas (außerhalb des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation) sowie der Kreuzfahrerstaaten vom 8. bis zum 19. Jh. Eigenverlag, Brühl, 2015. 23,3 x 16 cm, 359 S., durchgehend farbige Abbildungen, Broschur. ISBN: 978-3-00-050329-0. Preis: 34,90 Euro.
Herausgekommen ist eine Art Lexikon, das unglaublich umfassend ist, aber keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Geordnet nach geographischen Einheiten, listet der Autor die verschiedenen Münzstände alphabetisch und stellt in einem kleinen Artikel dazu zusammen, welche religiösen Motive der jeweilige Münzstand auf seine Münzen setzte. Der zeitliche Rahmen reicht dabei vom 8. bis zum 19. Jahrhundert. Wolfgang Drösser geht dabei nicht nur auf die Darstellungen ein, sondern auch auf die Umschriften, die er übersetzt, wenn es sich um Latein handelt. Er liefert zu den genannten Heiligen und Motiven historische und lokalgeschichtliche Information und bündelt so das Wissen um eine Darstellung auf einfache Art und Weise.
Mit rund 160 Seiten ist der größte Teil der italienischen Halbinsel gewidmet, die eine unglaubliche Vielfalt an Heiligen auf ihren Münzen zu bieten hat. Spanien und Frankreich stehen da trotz der hochgepriesenen Frömmigkeit ihrer Könige weit zurück. Auch die nordischen Königreiche zeigen schon in vorreformatorischer Zeit, dass ihre Herrscher für den reichen Heiligenkult des Südens nicht allzu viel übrig hatten. England, Schottland, Irland, Dänemark, Norwegen und Schweden brauchen zusammen gerade einmal 40 Seiten.
Drössers Buch regt an. Man beginnt zu vergleichen, nachzudenken, fragt sich ob Italien mit seiner ungebrochenen Tradition direkt an die antike Verehrung der Stadtgottheiten anschließt und die antiken Lokalgötter einfach durch lokale Heilige ersetzt werden. Es macht Spaß, die Seiten durchzublättern und Neues zu lernen über altbekannte, nie reflektierte Darstellungen.
Umfassende Indices erschließen das Buch.
Auch wenn der 3. Teil der Reihe „Christus und seine Zeugen auf Münzen aus aller Welt und zu allen Zeiten“ nicht als eine Art Katalog zu verstehen ist, bereichert die Lektüre jeden, der sich nicht nur für den Preis einer Münze interessiert, sondern auch dafür, was sie ihrem Schöpfer und Benutzer einst bedeutet hat.
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