Collecto – bequem Münzsammlungen digitalisieren

So sieht die Website aus, auf der Collecto die numismatische Sammlung des Museum of Islamic Art in Doha, der Hauptstadt von Katar, durchsuchbar gemacht hat – rund rund 100.000 Stück.
[bsa_pro_ad_space id=4]

Das deutsche Unternehmen Collecto entwickelt seit 2013 Konzepte für die digitale Erfassung und Verwaltung von Sammlungen in Museen und im Privatbesitz. Das geht von der fotografischen Erfassung über die Sammlungsverwaltung und Datenspeicherung bis hin zur Visualisierung. Mit dem Einsatz von maschinellem Lernen ist es möglich, riesige Datenmengen in kurzer Zeit zu erfassen und Zusammenhänge zu bilden. Johannes von Mallinckrodt, der Firmengründer von Collecto, erklärt im Gespräch, wie seine Firma Sammlern und Kuratoren die Arbeit erleichtern möchte, warum die Datenhoheit stets beim Kunden bleibt und wie Collecto sein Portfolio insbesondere für Sammler ausbaut.

MünzenWoche: Collecto hat eine Softwareplattform für die Digitalisierung von Kunstwerken entwickelt. Gibt es auch eine Hardware-Komponente? Was genau umfasst Ihre Service-Leistung?

von Mallinckrodt: Bevor wir an Serviceleistungen denken, möchten wir die Menschen hinter der Sammlung verstehen. Jede Sammlung ist einzigartig und es gibt ganz unterschiedliche Beweggründe, warum jemand seine Sammlung digitalisieren möchte. Sobald wir wissen, worum es dem Sammler geht, können wir individuelle Empfehlungen machen. Wir haben über viele Jahre unsere Aufnahmetechnik perfektioniert. Parallel dazu haben wir basierend auf den Anforderungen internationaler Sammler unsere eigene Softwareplattform entwickelt. Bei großen Projekten konzipieren wir auch maßgeschneiderte Produktionsprozesse und programmieren die dazugehörigen Steuerungssysteme.

Johannes von Mallinckrodt ist der Gründer und Chef von Collecto.

MünzenWoche: Können Sie in wenigen Worten charakterisieren, wofür Ihre drei Punkte Digitalization, Asset Management und Art Experiences steht?

von Mallinckrodt: Digitization meint die Digitalisierung von wertvollen Sammlungsobjekten in Museumsqualität. Wir sehen also fast täglich wunderbare Dinge: von kleinen Objekten wie Münzen und Perlen, über Uhren bis hin zu großformatigen Ölgemälden und Oldtimern. Gerade arbeiten wir am 3D Modell eines historischen Flugzeugs.

Asset Management umfasst das CMS (Collection Management System) und DAM (Digital Asset Management). Kurz gesagt: die Sammlungsverwaltung und die unbegrenzte Speicherung von Dokumenten und Multimediadaten wie hochauflösenden Bild-, Audio- und Videodateien oder 3D-Objekten für Augmented-Reality-Anwendungen.

Art Experiences bedeutet: Digitale Sammlungserlebnisse und Visualisierungen. Wie das aussehen kann, sieht man am besten auf den Seiten einiger der Museen, mit denen wir zusammengearbeitet haben: Pinakothek der Moderne App, Sammlung Digital: Franz Marc Museum, Museum of Islamic Art, Kunstmuseum Basel.

MünzenWoche: Sie sprechen von Tokenization. Bedeutet das, dass Sie jedem Objekt eine einzigartige Kennzeichnung mittels Blockchain-Technologie zuordnen, so dass dieses Objekt jederzeit wieder erkannt werden kann?

von Mallinckrodt: Genau. Den sogenannten digitalen Zwilling des Originals bekommen Sie von uns direkt auf Ihr Smartphone in Ihre Crypto-Wallet. Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie zusätzliche Informationen und Dokumente sicher mit dem Objekt verknüpfen können. Das geht schnell und unkompliziert.

Über Collecto lässt sich bequem ein NFT einer Münze erstellen, also ein digitaler Zwilling im Crypto-Wallet der Nutzer.

MünzenWoche: Funktioniert das auch für Münzen?

von Mallinckrodt: Natürlich. Ich kann Ihnen den NFT einer Münze auf meinem Smartphone zeigen.

MünzenWoche: Sie heben auf Ihrer Website hervor, dass Ihre starke Seite die Vernetzung ist. Mit anderen Worten: Stimmt es, dass Sie NFTs, Zolldokumente und Ankaufsdokumente einem bestimmten Objekt zuordnen können und dieses gleichzeitig mit Inhalten verknüpfen, die für einen Museumsbesucher interessant sind?

von Mallinckrodt: Ja, das ist richtig. Grundsätzlich müssen wir hier zwischen den zwei Seiten unserer Plattform unterscheiden: Einerseits die sichere interne Verwaltung und andererseits die öffentlichen Zugänge. Gewisse Daten wie Zolldokumente dürfen selbst intern nur von bestimmten Personen bearbeitet werden. Solche Daten werden nicht veröffentlicht. Wir können die Zugriffsrechte über unsere Plattform exakt festlegen. Ebenso ist es bei den öffentlichen Zugängen. Für Museumsbesucher sind Zolldokumente weniger spannend als ein Videointerview mit dem Künstler. Privatsammlungen haben oftmals gar keine öffentlichen Zugänge.

MünzenWoche: Können Sie uns an ein paar konkreten Beispielen schildern, was mit Hilfe Ihrer Software für den Museumsbesucher und für den Museumskurator möglich ist?

von Mallinckrodt: Wir vereinfachen das Leben des Museumskurators. Und schaffen neue Erlebnisse für Museumsbesucher. Für Privatsammler und Museen bieten wir ein vollumfängliches und gleichzeitig benutzerfreundliches System zur Verwaltung von Beständen an. Die Besonderheit: Wir kombinieren CMS (Collection Management System) und DAM (Digital Asset Management), kurz gesagt: alle Daten und Arbeitsschritte in einem System. Beliebig skalierbar. Und wir gehen noch einen Schritt weiter: Über unsere Plattform können sich Sammlungen vernetzen und Daten sicher und selektiv miteinander austauschen.

Über unser System werden Sammlungen angelegt und alle zugehörigen Dokumente und Mediendateien gespeichert. Wenn Sie das Kunstmuseum in Basel oder die Pinakothek der Moderne in München besuchen, dann können Sie über unsere Apps Touren zusammenstellen und Audio- und Videodateien abspielen. Ebenso lassen sich numismatische Sammlungen vernetzen. Stellen Sie sich vor, Sie sehen in einem Museum eine Münze, die es nur drei Mal auf der Welt gibt. Wir können Ihnen die anderen beiden Exemplare digital zur Verfügung stellen und dazu hören Sie den Audioguide der Ihnen die Unterschiede erläutert.

Die drei Köpfe des Managements von Collecto: Juana Schwan (Advisor), Benedikt 
Müller (Head of Digital Collections) und Johannes von Mallinckrodt (Gründer und CEO).

MünzenWoche: Ihr Head of Digital Collections Benedikt Müller hat mehrere Jahre im Auktionsbereich gearbeitet. Er kennt also die Welt der Sammler. Haben Sie bereits überlegt, inwieweit Sie Ihre Software standardisiert für Sammler und Händler auf den Markt bringen können? Gerade der Markt für Münzen und Geldscheine resp. der Markt für Drucke, Briefmarken, Cartoons, Sportkarten und bibliophile Bücher würde sich dafür ja besonders eignen.

von Mallinckrodt: Es gibt bereits eine standardisierte Version unserer Software, die wir unter der Marke COLLECTO gezielt an große Privatsammlungen vertreiben. 2024 kommt COLLECTO als SaaS (Software as a Service) auf den Markt. Mit dieser Plattform möchten wir Sammler aller Art erreichen und begeistern.

MünzenWoche: Gerade in Europa ist man beim Thema Datenschutz sehr sensibel. Wo speichern Sie die Daten Ihrer Kunden?

von Mallinckrodt: Die Daten liegen in einem hochmodernen Rechenzentrum in Deutschland. Wir erfüllen nicht nur höchste Sicherheitsstandards, sondern selbstverständlich auch alle datenschutzrelevanten Anforderungen. Außerdem haben unsere Kunden jederzeit die Option, Ihre Daten aus unserem System zu exportieren und bei uns zu löschen. Uns ist es besonders wichtig, dass unsere Kunden nicht nur wissen, dass ihnen die Daten gehören, sondern dass Sie auch die volle Freiheit haben, mit Ihren Daten das zu tun, was sie möchten.

MünzenWoche: Der zweite rechtliche Aspekt, an den Numismatiker schnell denken werden: Hat das neue deutsche Kulturgutschutzgesetz (KGSG) Auswirkungen auf Ihre Projekte?

von Mallinckrodt: Als vor einigen Jahren das KGSG zum ersten Mal ausführlich besprochen wurde, haben wir uns sofort gefragt, was wir für unsere Kunden tun können. COLLECTO ist KGSG-konform und ermöglicht es unseren Kunden, ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen. Sie haben also stets den Überblick und können alle relevanten Dokumente speichern, exportieren und einen professionellen Bericht zum Objekt oder zu einer ganzen Sammlung erstellen.

MünzenWoche: Numismatische Sammlungen unterscheiden sich von anderen Kunstsammlungen darin, dass sie zwar besonders kleine Objekte enthalten, dafür aber sehr viele. Größere Sammlungen in Museen können im vier- und fünf-, ja sogar im sechsstelligen Bereich liegen. Haben Sie sich vor diesem Hintergrund schon mit dem Thema künstliche Intelligenz beschäftigt?

von Mallinckrodt: Wir haben vor knapp zwei Jahren unser erstes Projekt mit Maschinellem Lernen (ML) begonnen. Besonders in der Numismatik gibt es hier enormes Potenzial. Wir sind in der Lage, in riesigen Datenbeständen Muster zu erkennen und in kürzester Zeit Zusammenhänge herzustellen. Wir sind gerade aktiv auf der Suche nach einer Sammlung, die mit uns ein hochinnovatives öffentliches Projekt durchführen möchte: Wir werden eine faszinierende Visualisierung erstellen, die auf künstlicher Intelligenz basiert. Für die Finanzierung haben wir bereits eine Zusage. Mit der FuE-Förderung können wir ein Gesamtvolumen von mindestens 300.000 Euro mit 100.000 Euro bezuschussen. Beim letzten Vorhaben wurde die Institution durch eine Stiftung unterstützt, sodass am Ende nur ein Eigenanteil von rund 40.000 Euro notwendig war. Jetzt brauchen wir für dieses Projekt nur noch einen starken Partner mit faszinierenden Daten.

MünzenWoche: Vielen Dank, Herr von Mallinckrodt, für das Gespräch.

 

Hier kommen Sie zur Website von Collecto.