8. Dezember 2016 – Unter den 25 Projekten des aktuellen e-Forschungsberichts (eDAI-F 2016-2) des Deutschen Archäologischen Instituts findet sich auch Numismatisches. In „Münze und Gesellschaft in Alteuropa“ werden Fundmünzen dokumentiert. Und eine 2014 erschienene Buchpublikation präsentiert die Untersuchungsergebnisse zu einem im tunesischen Chimtou gefundenen Goldschatz.
Eintrag eines Münztyps in „Online Coins of the Roman Empire“ mit Kartierung einer in der AFE-Datenbank registrierten Fundmünze. Screenshot: http://numismatics.org/ocre/results?.
1.) „Münze und Gesellschaft in Alteuropa“
Im Forschungsvorhaben „Münze und Gesellschaft in Alteuropa“ (MAG) werden anhand der numismatischen Zeugnisse, vor allem der Fundmünzen, gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklungen sowie interregionale Beziehungen untersucht – von Britannien bis nach Südosteuropa, von der späten Eisenzeit bis in das Frühmittelalter.
Grundlage der Arbeit von MGA bildet eine großräumige, datenbankbasierte Aufnahme von Fundmünzen aus dem betreffenden Raum. Grundstock sind die Frankfurter Datenbank „Antike Fundmünzen in Europa (AFE)“ mit derzeit etwa 10.000 Fundmünzen sowie das Kooperationsnetz „European Coin Find Network (ECFN)“. Die Verlinkung mit Nomisma.org erlaubt die Einbettung von AFE in eine Reihe von weiteren Projekten und Ressourcen, so z. B. bei „Online Coins of the Roman Empire (OCRE)“ der American Numismatic Society in New York. Erste Kartierungen zeigen jetzt schon wichtige zeitliche und räumliche Entwicklungen Verständnis von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklungen sowie der interregionalen Beziehungen des Barbaricums an.
Der Keramiktopf mit 1648 Solidi. Foto: M. Khanoussi.
2.) Abschlusspublikation eines umfangreichen Münzfundes aus dem tunesischen Chimtou
Es war im Mittelmeerraum der bisher größte Fund von spätantiken Goldmünzen, der im Jahre 1993 im tunesischen Chimtou, dem antiken Simitthus, ans Tageslicht kam. Seit 1965 gräbt dort das DAI in Kooperation mit dem Institut National du Patrimoine (INP). Bei Ausschachtungsarbeiten stießen Bauarbeiter auf einen zerbrochenen Keramiktopf mit 1648 spätantiken Goldstücken und einer Silbermünze.
War der materielle Wert des Hortfundes schon enorm, so war es erst recht sein wissenschaftlicher. So war für den an der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des DAI forschenden Numismatiker H. R. Baldus (†) und seinen tunesischen Kollegen M. Khanoussi die Bearbeitung eines dermaßen umfänglichen Fundes eine interessante Aufgabe.
Nach der Auswertung der Münzen des Goldschatzes war klar, dass sie gegen Ende von Kaiser Honorius‘ Regentschaft (393–423 n. Chr.) oder kurz danach vergraben worden waren. Schwieriger zu erklären war die heterogene Zusammensetzung: 102 Münzen stammen aus der Münzstätte Antiocheia in Syrien, also dem Osten des Reiches, 1545 Solidi sowie ein Halbsolidus dagegen aus dem Westen des Römischen Reiches, aus Südgallien und Nord- bzw. Mittelitalien. Einige wenige Münzen dieses großen Fundes reflektieren die komplizierte Situation des Reiches in dieser Zeit.
Warum der Besitzer des Goldschatzes die Münzen vergraben hat, kann nur vermutet werden. Es ist nicht auszuschließen, dass ein wandalischer Anführer den Schatz bei dem kurzen Aufenthalt der Wandalen in Spanien zwischen 409 und 429 n. Chr. an sich genommen und nach Afrika verbracht hat.
Das Buch „Der spätantike Münzschatz von Simitthus/Chimtou“ von Hans Roland Baldus und Mustapha Khanoussi konnte aus verschiedenen Gründen erst 2014 veröffentlicht werden. Hans Roland Baldus, der am 13. Juni 2011 unerwartet früh verstarb, hat die Veröffentlichung dieses prachtvoll ausgestatteten Bandes nicht mehr erlebt.
Die Informationen und die Bilder wurden dem Bericht eDAI-F 2016-2 entnommen, den Sie hier einsehen können.
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