Das „Erfurter Groschenkabinett“

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von Björn Schöpe

8. Februar 2018 – Sammler Erfurter Gepräge wissen, dass vor allem die Groschen von 1622/1623 eine unglaubliche und verwirrende Stempelzahl aufweisen. Bislang hatten Sammler keine Referenz zur Hand, die ihnen das Leben leicht gemacht hätte. Ein solches Handbuch ist nun erschienen.

Roland Gräßler, Gunter Walde, Das Erfurter Groschenkabinett mit einer allgemeinen Betrachtung zur Münzgeschichte und einer Auswahl von Geprägen vom Mittelalter bis zum Ende der Erfurter Münzstätte. Eigenverlag, Ludwigshafen/Wandersleben 2015. 399 S., durchgängig farbige Abbildungen, 18,1 x 25 cm. Hardcover. ISBN: 978-3-00-048917-4. 69 Euro zzgl. Versandkosten.

Roland Gräßler und Gunter Walde sind Sammlern bekannt als Experten der thüringischen Numismatik. Gemeinsam haben sie sich an die gewaltige Aufgabe gemacht, alles zusammenzutragen, was sich in Archiven und Münzkabinetten zu den Erfurter Groschen finden ließ. Die Fülle an Informationen, die sie vorlegen, beeindruckt – und erschlägt bisweilen. Vielleicht inspiriert von den barocken Titeln aus der Hochzeit der Erfurter Groschen lautet der Titel des Buches: „Das Erfurter Groschenkabinett mit einer allgemeinen Betrachtung zur Münzgeschichte und einer Auswahl von Geprägen vom Mittelalter bis zum Ende der Erfurter Münzstätte“ und macht klar: Hier geht es nicht nur um Groschen.

Doch das Herzstück des Buches ist die Typenübersicht der Erfurter Groschen. Gräßler und Walde bieten eine neue Systematik an, die sich an den Vorderseitenlegenden orientiert. Der erste Groschen mit klarer Datierung wurde 1468 geprägt: Grossus novus Erffordensis, neuer Erfurter Groschen. Zuvor hatten die Erfurter sich gutes Geld von auswärts besorgt und mit Kontermarkierung für die eigenen Zwecke legitimiert. (Auch diese Gepräge verzeichnet der gründliche Katalog.) Doch die wirklich intensive Prägung begann 1622, als der Erfurter Rat die Münzverschlechterung während der Kipper- und Wipperzeit endlich mit neuem, „gutem“ Geld behob. Und in eben diesem Jahr, 1622, finden sich fast 80 (!) verschiedene Vorderseitentypen. Zwar ist das Folgejahr nicht mehr so eindeutig anhand dieses Schemas zu ordnen, aber Gräßler und Walde fanden auch dafür eine Lösung. Im Katalog selbst stehen die Münzbilder übrigens direkt neben dem Text, was die Lektüre deutlich vereinfacht.
Daher verwundert es etwas, dass im Anhang anders verfahren wurde und Bildkatalog vom Text getrennt präsentiert werden. Ja, ein Anhang, und was für einer! Der Anhang erhebt zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, bietet aber eine mit 878 Stücken (!) umfassende „Übersicht über weitere Prägungen aus der Erfurter Münzstätte“, die vom Mittelalter bis zum Ende der Münzstätte 1804 reicht.

Überhaupt muss man loben, dass bei aller Forschungs- und Detailarbeit das Buch sich nicht im reinen Katalogisieren erschöpft, sondern kontextualisiert. Eine ausführliche Darstellung der gesamten Erfurter Münzgeschichte und der wirtschaftlichen Rahmenbedigungen ordnen die Gepräge in einen größeren historischen Zusammenhang ein. Da ein „Groschen“ ja keinen festen Wert hatte, schließlich gab es ganz unterschiedliche Arten von Groschen, dürften die Hinweise zu den in Erfurt geltenden Preisen und Umrechnungskurse für die meisten Leser äußerst hilfreich sein.

Das Thema liegt den Autoren am Herzen. Seit Erscheinen des Buches haben sie fleißig weiter gesammelt und im Oktober 2017 eine (frei verfügbare) 24 Seiten umfassende Ergänzung in PDF-Form auf ihrer Webseite veröffentlicht.

Bedingt durch seine Fülle an Informationen ist das Buch stark untergliedert. Dies kann bisweilen verwirren. Die Autoren haben dem bei der Gestaltung durch farbige Ränder entgegengewirkt. Eine Angabe im Inhaltsverzeichnis, welche Farbe zu welchem Abschnitt gehört, hätte diese Absicht vielleicht noch unterstützt. Das Buch ist nicht gemacht für das schnelle Auffinden einer Variante, dafür enthält es zu viele Details. Aber wer sich für die Erfurter Groschen – und auch für die sonstige Münzgeschichte Erfurts – interessiert, wird darin fast alles finden, was er sucht.

Das Buch können Sie für 69 Euro zzgl. Versandkosten über die sehr ansprechend gestaltete Webseite der beiden Autoren bestellen oder direkt per E-Mail.