von Ursula Kampmann
Anlässlich der Munich Show, der bedeutendsten Messe für Fossilien und Mineralien in Europa, hielt Ursula Kampmann Vorträge darüber, in wie weit die Sammler dieser Objekte vom neuen Kulturgutschutzrecht betroffen sind. Hier finden Sie den kompletten Text.
Einführung zum deutschen Kulturgutschutzgesetz
Schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich darüber zu informieren, in wie weit der Entwurf zum neuen Kulturgutschutzrecht das Sammeln von Fossilien und Mineralien in Zukunft verändern könnte. Wohlgemerkt, es handelt sich bislang nur um einen Entwurf. Wir können das Gesetz noch beeinflussen. Die Verbände haben mit ihrer politischen Arbeit begonnen. Aber auch Sie können etwas tun. Sie haben gesehen, dass überall auf dem Gelände Stelen aufgestellt sind, an denen Sie eine Petition gegen die schlimmsten gesetzlichen Übergriffe des neuen Kulturgutschutzrechts unterzeichnen können. Ich hoffe, dass Sie nach dieser halben Stunde wissen, warum es so wichtig ist, etwas zu unternehmen.
Ich werde Ihnen in der nächsten 20 Minuten kurz die wichtigsten Rahmenbedingungen des neuen Gesetzes schildern. Dabei werden wir vor allem darüber sprechen, in wie weit Sie dieses neue Gesetz betrifft. Dann geht es um die neuen Import- und Exportbestimmungen. Im letzten Teil beschäftigen wir uns mit der gebührenden Sorgfalt, die Sie als Sammler und Händler in Zukunft gesetzlich geregelt anwenden müssen, wenn Sie einen Gegenstand ankaufen wollen.
Aber zunächst einige Hintergründe zu diesem Gesetz, damit die nächste Viertelstunde nicht zur völligen juristischen Verwirrung führt. Eigentlich müssen Sie sich nur ein paar wenige Begriffe merken.
Am wichtigsten ist die UNESCO-Konvention von 1970. Das ist sozusagen die Magna Charta des Kulturgutschutzes, der erste große juristische Text, der international forderte, dass Staaten ein Anrecht auf ihr nationales Kulturgut haben. Diese Konvention ist heute noch von Bedeutung, weil gerade bei dem, was schützenswert ist, immer wieder darauf zurückgegriffen wird. Dazu wird 1970 immer wieder als Stichdatum verwendet. So ist dieses Datum zum Beispiel für viele Museen das Stichdatum, wie weit die Provenienz eines Gegenstandes zurückreichen muss, um ihn ankaufen oder als Geschenk akzeptieren zu können.
Unser deutsches Kulturgutschutzgesetz ist eigentlich brandneu. Es wurde zuletzt im Mai 2007 vollständig überarbeitet. In zwei Gesetzestexten setzt es die Vorschriften der UNESCO-Konvention von 1970 mustergültig um. Doch inzwischen sind vor allem archäologische Kreise nicht mehr zufrieden mit dem, was die UNESCO-Konvention gefordert hat. Die beruht nämlich auf dem so genannten Listen-Prinzip. Das heißt, dass nationales Kulturgut nur als nationales Kulturgut geschützt ist, wenn es in eine spezielle Liste eingetragen wurde. Es ging in der UNESCO-Konvention von 1970 um national wichtige Kulturgüter, die man vor Abwanderung schützen wollte. Den Staaten wurde dabei eine erhebliche Verantwortung übertragen. Übernommen haben die Staaten diese Verantwortung eher nicht. Die berühmten Listen werden eher nachlässig geführt, so dass sie in der Strafverfolgung praktisch keine Rolle spielen.
Deshalb möchten vor allem extremistische Archäologen über diese Regelung hinausgehen. Sie würden heute am liebsten jeden Handel mit Objekten unter schärfste Überwachung stellen, die in der Erde gefunden werden könnten, um so Raubgrabungen unmöglich zu machen.
Nun kann man lange darüber streiten, ob wir tatsächlich mit einem deutschen Gesetz Raubgrabungen in Indien oder Syrien verhindern können. Tatsache ist, dass in Deutschland das archäologische Establishment traditionell einen hervorragenden Draht zur Regierung hat. Seit dem 19. Jahrhundert ist das Deutsche Archäologische Institut integrativer Teil des deutschen Ministeriums des Äußeren. Sein ehemaliger Präsident ist heute Direktor der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und dieser Stiftung steht – oh Überraschung – die politische Initiatorin der neuen Kulturgutschutzgesetzgebung, Monica Grütters, als Stiftungsratspräsidentin vor. Ihr Stellvertreter in dieser Funktion ist Dr. Günter Winands, der wiederum federführend ist für den Entwurf des Gesetzes. Sie können sich leicht vorstellen, was bei dieser personellen Konstellation herausgekommen ist: Während der Handel und die Sammler bei der Gestaltung der ersten beiden Entwürfe systematisch ausgeschlossen wurden, hatten archäologische Kreise von Anfang an großen Einfluss.
Das Resultat ist selbst nach der dritten Nachbesserung ein Entwurf, der hehre Absichten hegt, die Realität aber kaum zur Kenntnis nimmt. Er ist geprägt von einem tiefen Misstrauen gegen jeden Sammler und jeden Kunsthändler. Sein Schöpfer, Dr. Günter Winands, hat bei einer Anhörung gar von einem pädagogischen Gesetz gesprochen, mit dem alle, die sich auf dem Kunstmarkt tummeln, erzogen werden sollen.
Also, stürzen wir uns hinein in die erzieherischen Maßnahmen des Ministeriums für Kultur und Medien.
Definitionen
9. „Kulturgut“ jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von paläontologischem, ethnographischem, numismatischem oder wissenschaftlichem Wert
Wer glaubt, „Kulturgut“ hätte nichts mit Fossilien und Mineralien zu tun, den belehrt § 2 Art 9 eines Besseren: Dort wird Kulturgut definiert, und zwar als „jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes“, „insbesondere von paläontologischem … oder wissenschaftlichem Wert“. Paläontologisch ist klar. Damit fallen Fossilien sicher unter das Gesetz. Und klingt der Begriff „wissenschaftlicher Wert“ zunächst unverdächtig, liefert der Kommentar dazu den Hinweis, dass man so den erweiterten Kulturgutbegriff der UNESCO-Konvention von 1970 einbeziehen möchte, und die UNESCO-Konvention erwähnt eben ausdrücklich „seltene Sammlungen und Exemplare“ – also Einzelstücke – „der Zoologie, Botanik, Mineralogie und Anatomie sowie Gegenstände von paläontologischem Interesse.“
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
1. „archäologisches Kulturgut“ Kulturgut, das ausgegraben oder gefunden worden ist oder bei dem aufgrund der Gesamtumstände zu vermuten ist, dass es aus Grabungen stammt oder es sich um archäologische Funde handelt
Fossilien und Mineralien sind also im Sinne des Gesetzes Kulturgut, ohne Diskussion. Fossilien und Mineralien haben aber das Pech, zumeist unter der Erde gefunden zu werden, und damit sind sie nicht nur Kulturgut, sondern „archäologisches Kulturgut“ (§ 2 Art 1), das zusätzlich geschützt werden muss.
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
14. „rechtswidrig ausgegraben“ ein Kulturgut, wenn es unter Verstoß gegen eine inländische oder ausländische Rechtsvorschrift zum Schutz von archäologischem oder paläontologischem Kulturgut, insbesondere ohne eine nach einer solchen Rechtsvorschrift erforderlichen Genehmigung, ausgegraben worden ist
Deshalb verbietet Ihnen das Gesetz, „rechtswidrig ausgegrabenes“ Kulturgut zu sammeln oder zu handeln. Und als „rechtswidrig ausgegraben“ gilt ein Kulturgut dann, wenn es laut § 2 Art 14 „unter Verstoß gegen eine inländische oder ausländische Rechtsvorschrift zum Schutz von archäologischem oder paläontologischem Kulturgut, insbesondere ohne eine nach einer solchen Rechtsvorschrift erforderlichen Genehmigung, ausgegraben worden ist.“
Ich hoffe also, Sie können für all Ihre Fossilien den Nachweis erbringen, dass diese juristisch korrekt ausgegraben wurden. Sonst kommen nämlich einige Probleme auf Sie zu, bei Im- und Export, aber auch wenn ein böser Nachbar Sie und ihre Sammlung anschwärzt.
Export
Kategorie | Alter (in Jahre) | Wert |
Archäologische Gegenstände | 100 | o |
Bilder und Gemälde | 70 | 300.000 |
Sammlungen | keine Altersgrenze | 100.000 |
Verkehrsmittel (z. B. Oldtimer) | 150 | 100.000 |
Sonstige Antiquitäten | 100 | 100.000 |
Nehmen wir einmal an, Sie möchten ein Stück ihrer Sammlung ins Ausland bringen. Dann müssen Sie erst einmal überprüfen, ob Sie dazu eine Genehmigung brauchen. Dafür gibt es Wertgrenzen. Für Bilder hat man die dank der öffentlichkeitswirksamen Proteste eines Herrn Baselitz heraufgesetzt. Auf 300.000 Euro und ein Alter von 70 Jahren. Tatsächlich gibt es überall dort, wo das Ministerium eine starke Lobby vermutet wird, großzügige Regelungen. Oldtimer sind zum Beispiel im neuen Entwurf von der Genehmigungspflicht ausgenommen.
Für archäologische Gegenstände ist die Wertgrenze dagegen 0. Und wir erinnern uns: „archäologisches Kulturgut“ ist laut Definition „Kulturgut, das ausgegraben oder gefunden worden ist“. Jetzt bleibt die Frage, zu welchem Urteil die Gerichte kommen werden, wenn sie klären müssen, ob Fossilien und Mineralien archäologische Gegenstände sind?
Wie absurd diese Wertgrenze ist, wird Ihnen vermutlich am deutlichsten, wenn Sie sich meine hübsche Halskette ansehen. Der geschliffene Ammonit ist ein Fossil, das in der Erde gefunden wurde. Ich brauche also nach der neuen Gesetzgebung eine Genehmigung, wenn ich mit dieser Kette um den Hals von München nach Salzburg fahren möchte.
Bei Sammlungen wird übrigens als Wertgrenze 100.000 angesetzt. Ich weiß nicht, wie das in Ihrem Bereich ist, aber ernsthafte Sammler kommen in der Numismatik schnell mal über 100.000 Euro, vor allem wenn eine Sammlung über viele Jahrzehnte zusammengetragen worden ist und einen dementsprechenden Wertzuwachs erlebt hat.
Es liegt an Ihnen als Exporteur, der Behörde beim Export eine glaubwürdige Schätzung zu präsentieren. Die Kosten, die dabei anfallen, müssen vom Exporteur getragen werden. Was passiert, wenn der Schätzwert und der Verkaufspreis zum Beispiel bei einer Auktion stark auseinander fallen, muss irgendwann sicher auch gerichtlich geklärt werden.
Die Ausfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn
3. das Kulturgut nach § 32 Absatz 1 unrechtmäßig eingeführt worden ist
Ich wohne in Lörrach, fünf Minuten von der Schweizer Grenze entfernt. Nehmen wir jetzt an, ich möchte juristisch korrekt eine Exportgenehmigung für meine Halskette erhalten, damit ich mit ihr um den Hals in der Schweiz Kaffee trinken gehen kann. Ich muss diesen Gegenstand also exportieren.
Da gibt es nun Gründe, warum die Behörde mir die Bewilligung dafür verweigern kann. In irgendwelche Listen ist mein Ammonit sicher nicht eingetragen. Die Bedeutung als national wichtiges Kulturgut entfällt also. Wirklich wichtig ist der Punkt 3 dieser Bestimmung: „Die Ausfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn“ „das Kulturgut nach § 32 Absatz 1 unrechtmäßig eingeführt worden ist.“
§ 28 Einfuhrverbot
Die Einfuhr von Kulturgut ist verboten, wenn
1. als nationales Kulturgut von einem Mitglied- oder Vertragsstaat eingestuft oder definiert worden ist und unter Verstoß gegen dessen Rechtsvorschriften aus dessen Hoheitsgebiet verbracht worden ist.
2.) unter Verstoß gegen eine im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Union, die die grenzüberschreitende Verbringung von Kulturgut ausdrücklich einschränken und verbieten, verbracht worden ist
Und das bringt uns zum Import, denn in Zukunft will Sie das Gesetz verpflichten, für große Gruppen an Kulturgut, Beweise zu sammeln, dass alles legal und korrekt gelaufen ist.
Gleichgültig, ob sie ein Fossil in den Vereinigten Staaten oder in Österreich kaufen, in Zukunft gilt als Prüfstein die Frage, ob das Objekt in irgendeinem Staat der Welt durch einen Verstoß gegen lokales Recht ausgegraben oder exportiert wurde. Ich müsste mich jetzt also kundig machen, aus welchem Land mein Ammonit kommt, wo er ausgegraben wurde, ob für die Grabung eine legale Grabungserlaubnis bestand und ob die Exportpapiere korrekt ausführt wurden. Ich müsste mich nicht nur kundig machen, sondern ich müsste das bei jedem Im- und Export noch nachweisen können.
Könnte ich das nicht, dann hätte ich wesentlich größere Probleme als eine andere Halskette für meinen Café-Besuch wählen zu müssen. Kommen wir zum nächsten Teil des Vortrags, zu den Sorgfaltspflichten. Die sind es, die jedem Sammler und vor allem jedem Händler echte Bauchschmerzen machen sollten. Für Händler geht es nämlich um Gefängnisstrafen, für Sammler nur um ersatzlose Beschlagnahmung.
Sorgfaltspflichten
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
8. „Inverkehrbringen“ von Kulturgut das Anbieten, das Verkaufen, die Vermittlung, der Vertrieb, das Absetzen, die unentgeltliche Weiter- oder Abgabe oder die wirtschaftliche Verwertung in sonstiger Weise im eigenen oder fremden Namen
Das Problem dabei ist, dass das neue Gesetz Ihnen die Kontrolle und den Beweis aufbürdet, dass das, was Sie in den vergangenen Jahren angesammelt haben, gemäß den Vorschriften des Herkunftslandes an die Oberfläche kam. Denn jeder, der Kulturgut in Verkehr bringt, unterliegt besonderen Sorgfaltspflichten.
Glauben Sie ja nicht, damit seien nur die Händler gemeint, im Gegenteil: „Inverkehrbringen von Kulturgut“ ist für den Gesetzgeber „das Anbieten, das Verkaufen, die Vermittlung, der Vertrieb, das Absetzen, die unentgeltliche Weiter- oder Abgabe oder die wirtschaftliche Verwertung in sonstiger Weise im eigenen oder fremden Namen.“
Ob Sie also ihre Sammlung einem Museum hinterlassen oder Sie als Museumsdirektor die Sammlung annehmen, ob Sie ein paar Doubletten auf einer lokalen Mineralienbörse oder über eBay verscherbeln, ob Sie für eine Kinderaktion billiges Material verschenken oder als Händler Fossilien und Mineralien im großen Stil vertreiben, Sie müssen in einem Streitfall nachweisen, dass Sie die Sorgfaltspflichten angewandt haben, und diese Sorgfaltspflichten sind nicht von schlechten Eltern.
§ 41 Allgemeine Sorgfaltspflichten
(1) Wer Kulturgut in Verkehr bringt, ist verpflichtet, zuvor mit der erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, ob das Kulturgut
1. abhandengekommen ist,
2. unrechtmäßig eingeführt worden ist oder
3. rechtswidrig ausgegraben worden ist.
Sollte ein irgendein Staat einen Anspruch auf ein Objekt erheben, das Sie verkaufen wollen oder verkauft haben, müssen Sie auf Grund von Unterlagen nachweisen können, dass ein Objekt nicht gestohlen, nicht rechtswidrig ausgegraben oder unrechtmäßig eingeführt wurde.
(2) Die allgemeine Sorgfaltspflicht nach Absatz 1 ist von jedem oder jeder, der oder die Kulturgut in Verkehr bringt, anzuwenden, wenn sich einer vernünftigen Person aufdrängen müsste, dass einer der in Absatz 1 genannten Tatbestände in Betracht kommt.
Dies gilt insbesondere, wenn bei einem früheren Erwerb des Kulturgutes, das in Verkehr gebracht werden soll,
1. ein außergewöhnlich niedriger Preis ohne nähere Begründung gefordert wurde,
2. der Verkäufer bei einem Kaufpreis von mehr als 5.000 Euro Barzahlung verlangt hat oder
3. ein besonders wertvolles Kulturgut von privater Hand verkauft wurde.
Sie können sich als Sammler nicht darauf herausreden, dass Sie ja bei einem Händler gekauft haben. Denn die allgemeine Sorgfaltspflicht gilt für jeden, wenn sich einer vernünftigen Person aufdrängen müsste, dass einer der verbotenen Tatbestände in Betracht kommt. Wobei ich mich bereits heute auf das Gerichtsurteil freue, das definiert, was „eine vernünftige Person“ ist.
Diese „vernünftige Person“ wird nämlich auch in den Erläuterungen zu dem Gesetz zitiert. Dort wird darauf hingewiesen, dass die allgemeine Sorgfaltspflicht „nur die Prüfungen einschlägiger Informationen, die mit zumutbarem Aufwand zu beschaffen sind“ umfasst. Diese Regelung ist – so der Kommentar – „kein allein subjektiver Maßstab“. „Entscheidend ist vielmehr, wie sich eine vernünftige Person unter denselben Umständen verhalten würde.“ Ich garantiere Ihnen, dass einige Befürworter des neuen Kulturgutschutzgesetzes eine ziemlich andere Auffassung davon haben, wie sich eine „vernünftige Person“ zu verhalten hat, als ich sie habe.
Deshalb sind wir sehr froh, dass uns das Gesetz ein paar Hinweise gibt. Es ist also verdächtig, wenn Sie ein wertvolles Kulturgut nicht beim Händler, sondern von privater Hand kaufen, wenn dafür ohne nähere Begründung ein niedriger Preis gefordert wird und der Verkäufer bei mehr als 5.000 Euro Barzahlung möchte.
§ 42 Sorgfaltspflichten beim gewerblichen Inverkehrbringen
(1) Wer in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit Kulturgut in Verkehr bringt, ist verpflichtet, zuvor zusätzlich zu den Pflichten nach § 41
1. Name und Anschrift des Veräußerers, des Einlieferers, des Erwerbers oder des Auftraggebers festzustellen,
2. eine Beschreibung und eine Abbildung anzufertigen, die geeignet sind, die Identität des Kulturgutes festzustellen,
3. die Provenienz eines Kulturgutes zu prüfen,
4. Dokumente, die eine rechtmäßige Ein- und Ausfuhr belegen, zu prüfen,
5. Verbote und Beschränkungen zur Ein- und Ausfuhr sowie zum Handel zu prüfen,
6. zu prüfen, ob das Kulturgut in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen und Datenbanken eingetragen ist,
7. eine schriftliche oder elektronisch übermittelte Erklärung des Einlieferers oder Veräußerers einzuholen, dass dieser berechtigt ist, über das Kulturgut zu verfügen.
Händler haben natürlich eine wesentlich höhere Sorgfaltspflicht. Sie müssen nicht nur den Namen und die Anschrift des Verkäufers festhalten. Viel Arbeit wird es machen, alle angekauften Stücke mittels einer genauen Beschreibung und einer Abbildung so zu dokumentieren, dass sie bei einer Nachfrage eindeutig zu identifizieren sind. Natürlich müssen Sie die Provenienz des Stückes prüfen, die Dokumente, die eine rechtmäßige Ein- und Ausfuhr belegen. Dazu müssen Sie genau über die rechtliche Situation im Ursprungsland informiert sein, um Handelsverbote und Beschränkungen überprüfen zu können. Sie müssen alle öffentlich zugänglichen Verzeichnisse und Datenbanken eingesehen haben, um nachzuprüfen, ob etwas gestohlen wurde. Die Erklärung des Verkäufers, dass er berechtigt sei, über das Kulturgut zu verfügen, ist dagegen Peanuts.
§ 42 Sorgfaltspflichten beim gewerblichen Inverkehrbringen
(3) Die zusätzlichen Sorgfaltspflichten nach Absatz 1 gelten ferner nicht
1. für archäologisches Kulturgut als Einzelstück, dessen Wert 100 Euro nicht übersteigt,
2. für archäologisches Kulturgut als Einzelstück, dessen Wert 2.500 Euro nicht übersteigt, wenn der Besitzer nachweist, dass es sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie befunden hat oder in diesem Zeitraum mehrfach den Eigentümer gewechselt hat,
3. für alles andere Kulturgut, dessen Wert 2.500 Euro nicht übersteigt.
Maßgeblicher Wert ist bei einem Kauf der gezahlte Preis, in sonstigen Fällen ein begründeter inländischer Schätzwert.
Für welche Gegenstände gilt nun diese Sorgfaltspflicht? Für Sie als Sammler gelten die allgemeinen Sorgfaltspflichten ab dem Wert 0, falls ein Gericht bei einem Musterprozess wie zu erwarten Mineralien und Fossilien tatsächlich zu archäologischen Gegenständen erklärt. Die Händler dürfen sich über eine großzügigere Regelung freuen. Da gelten 2.500 Euro, aber nur wenn der ehemalige Eigentümer nachweisen kann, dass er ein Objekt seit mindestens 20 Jahren in Besitz hat. Kann er das nicht, muss er die exakte Provenienz für 20 Jahre rekonstruieren können – natürlich aufgrund untadeliger Beweise.
Da er das wahrscheinlich in den seltensten Fällen kann, liegt die Wertgrenze für die zusätzlichen Sorgfaltspflichten bei 100 Euro.
§ 44 Erhöhte Sorgfaltspflichten beim gewerblichen Inverkehrbringen
Bei Anwendung der Sorgfaltspflichten gilt der Maßstab der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach § 42 Absatz 1 Satz 3 nicht für Kulturgut,
2. das unter eine der Kategorien gefährdeter Kulturgüter der Roten Listen des Internationalen Museumsrates fällt
Es sei denn, und jetzt wird es endgültig absurd, es sei denn, eine Objektkategorie wird in den roten Listen des Internationalen Museumsrates erwähnt. Wissen Sie, was die roten Listen von ICOM sind? Wahrscheinlich nicht. Eigentlich spielen sie nur für Zollbeamte eine Rolle. Sie zeigen Menschen, die keinen blassen Dunst haben, wie Gegenstände aussehen könnten, die aus Krisengebieten geschmuggelt werden. Es handelt sich deshalb nicht um ausgeklügelte juristische Instrumente, sondern um Bilderbücher, in denen ein privates Komitee reinschreibt, was es eben für wichtig hält, mit mehr oder weniger Sachkenntnis.
Für meinen Bereich, die Numismatik, ist das eine Katastrophe. Da liest man dann in der Red List für Syrien so neckische Beschreibungen wie „Metallmünzen (Gold, Silber, Bronze): Römisch: Mit Kaiser-Porträt (Vorderseite) und einer Vielzahl an Motiven.“ Oder genauso nett: „Islamisch: Mit arabischen Inschriften auf Vorder- und Rückseiten.“ Ich würde ja gerne über so viel Inkompetenz lachen, aber juristisch bedeutet das, dass für jede römische Münze und jede Münze, die eine islamische Inschrift trägt, die Sorgfaltspflichten bei 0 anfangen.
Bis jetzt beschäftigt sich nur eine einzige ICOM Liste mit Fossilien, und zwar die aus Kolumbien. Aber was nicht ist, kann jederzeit werden, denn es gibt keine Garantie, für welches Land mit welchen Objektkategorien als nächstes eine Liste herausgegeben wird.
§ 66 Entschädigung bei Rückgabe
(1) In den Fällen, in denen der unmittelbare Eigenbesitzer beim Erwerb des Kulturgutes mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen ist, ist er zur Rückgabe des Kulturgutes nur gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung durch den ersuchenden Staat verpflichtet.
§ 67 Höhe der Entschädigung
(1) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich unter Berücksichtigung der entstandenen Aufwendungen des Rückgabeschuldners für
1. den Erwerb des Kulturgutes und
2. die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung des Kulturgutes.
Die Entschädigung darf die Aufwendungen nicht übersteigen. Für entgangenen Gewinn ist keine Entschädigung zu zahlen.
Kommen wir noch ganz kurz auf die Strafen zu sprechen. Wie gesagt, als Sammler sind Sie auf der sicheren Seite. Ihnen droht bei einer Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht nur die entschädigungslose Enteignung. Oder – wie das Gesetz es andersherum formuliert – wenn Sie nachweisen können, dass Sie gebührende Sorgfalt haben walten lassen, erhalten Sie eine Entschädigung. Die bemisst sich allerdings nach Ihrem Kaufpreis, nicht nach dem realen Wert des Objektes.
§ 83 Strafvorschriften
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich
1. entgegen § 21 Kulturgut ausführt oder
2. entgegen § 28 Kulturgut einführt oder
3. entgegen § 40 Absatz 1 Kulturgut in den Verkehr bringt
…
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4
1. gewerbsmäßig handelt
…
(6) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit fahrlässig handelt.
Wenn Sie dagegen etwas widerrechtlich im- oder exportiert haben oder gar in Verkehr gebracht haben, drohen Ihnen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe, wenn Sie Glück haben, wird nur eine Geldstrafe ausgesprochen.
Händler dagegen müssen mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren rechnen. Wenn Sie Glück haben holt Ihr Anwalt den Zusatz „fahrlässig“ heraus, dann haben auch Händler eine Chance auf eine Geldstrafe bzw. eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Und jetzt haben Sie sicher verstanden, warum wir dieses Gesetz bekämpfen müssen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sie können sich jederzeit den Gesetzesentwurf als pdf herunterladen unter diesem Link.
Haben Sie schon unsere Petition unterschrieben? Wenn nicht, unbedingt nachholen und all Ihre Freunde und Kollegen darauf aufmerksam machen. Den Link finden Sie hier.