von François de Callataÿ
25. August 2016 – Am 1. August 2016 starb Léon Lacroix im Alter von 107 Jahren in Liège. Geboren in Verviers am 23. November 1909, war er wohl der älteste Numismatiker der Welt. Als Vorbild eines außergewöhnlich langen Lebens für seine Zeitgenossen löst er damit Joseph Pellerin (27. April 1684 – 2. August 1783) ab, der im 99. Lebensjahr verstarb.
Léon Lacroix im Alter von 104 Jahren, aufgenommen in seiner Wohnung.
Schon früh machte Léon Lacroix auf sich aufmerksam, als er mit gerade einmal 18 Jahren (1928) eine Gedichtsammlung unter dem Titel „Premiers vers“ veröffentlichte. Nachdem er mit exzellenten Noten die Sekundarschule in Verviers abgeschlossen hatte, studierte er Philologie an der Universität von Liège. Dort reichte er 1932, im Alter von nur 23 Jahren, seine Doktorarbeit ein. Als er ein Stipendium gewann, um seine Studien in Paris abzuschließen, besuchte er Lehrveranstaltungen von Charles Picard und Louis Robert.
Léon Lacroix (ganz links) vor der Ecole française d’Athènes.
1938 wurde er Léon Lacroix Mitglied der Ecole française d’Athènes. Dorthin kehrte er nach dem Ende des 2. Weltkrieges zurück, um seine Lehrbefähigung zu erhalten (1938-1939 und 1946-1948). Nachdem er einige Jahre an Sekundarschulen unterrichtet hatte, wurde er 1951 Mitglied des akademischen Kollegiums der Universität von Liège (ULg), wo er sein ganzes weiteres Berufsleben als Professor für griechische Archäologie und Kunstgeschichte verbringen sollte. Erst 1980 schied er aus der Lehre aus, mit 70 Jahren und als einer der letzten Professoren, denen dieses in so hohem Alter gestattet wurde.
Er hinterließ ein umfangreiches (die Webseite der Bibliothek der ULg umfasst 100 Einträge) und hochgeschätztes Verzeichnis wissenschaftlicher Werke zur Ikonographie griechischer Münzen. Darunter befinden sich drei wichtige Bücher sowie Dutzende von Artikeln: „Les reproductions de statues sur les monnaies grecques: la statuaire archaïque et classique“ (Liège, 1949), „Monnaies et colonisation dans l’Occident grec“ (Brüssel, 1965) und „Études d’archéologie numismatique“ (Paris, 1974). Indem er Schriftquellen zur Geschichte und Mythologie im Verbund mit Archäologie und ‚Hilfswissenschaften’ auswertete, war Léon Lacroix einer der seltenen Fälle von wahrer Interdisziplinarität.
Neben seinen vielen Mitgliedschaften wurden ihm zahlreiche Auszeichnungen verliehen, darunter 1950 der Prix Attiambélos vom Institut de France. 1963 wurde er zum Mitglied des Deutschen Archäologischen Institutes nominiert (1963). Léon Lacroix war das älteste Mitglied der American Numismatic Society (außerordentliches Mitglied seit 1946) sowie, von 1961 bis 1967, Vizepräsident der Société royale de Numismatique de Belgique und Co-Direktor der „Revue belge de Numismatique“ von 1963 bis 1970 (gewähltes korrespondierendes Mitglied 1949 und ordentliches Mitglied 1953). Er fungierte als Direktor der Abteilung Künste an der Königlichen Akademie von Belgien, der er 1966 beigetreten war und seit 1973 als gewähltes ordentliches Mitglied angehörte.
Als Inhaber einer Ehrendoktorwürde der Universität von Besançon (1960) und Großoffizier des Ordens Leopolds II. war Léon Lacroix von Anfang an (1963) und für lange Zeit der Direktor des Komitees für belgische Ausgrabungen in Griechenland.
Eines der Hauptwerke von Léon Lacroix, „Les reproductions de statues sur les monnaies grecques: la statuaire archaïque et classique“, finden Sie digitalisiert hier.
Und eine Reihe von Lacroix‘ Artikeln ist verfügbar auf der Seite von Digital Library Numis.