Der Münzschatz vom Boeselagerhof Bonn

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von Ursula Kampmann

21. Januar 2016 – Eigentlich müsste man Monika Grütters dieses Buch mit freundlichen Grüßen schicken. Es ist das Musterbeispiel dessen, was herauskommen kann, wenn Numismatiker und Archäologen, Museum, Stiftung und lokaler Verein, Münzsammler und Münzhändler an einem Strick ziehen. Die Publikation des Münzschatzes vom Boeselagerhof, der am 22. Februar 1962, also vor mehr als einem halben Jahrhundert, gefunden wurde, war überfällig. Sie läge trotzdem nicht vor, wenn sich nicht eine Gruppe von Enthusiasten zusammengefunden hätten, die eine Veröffentlichung des Materials möglich machte.

Die Turnosgroschen aus dem Münzschatz vom Boeselagerhof Bonn. Bonner Numismatische Studien. Band 2. Herausgegeben von der Numismatischen Gesellschaft Bonner Münzfreunde e. V. Bonn 2015. 376 Seiten mit zahlreichen sw Abbildungen und einigen Farbabbildungen. 17 x 24,5 cm. Fadenheftung. Kartoniert. ISBN 978-3-941612-08-2. 39,95 Euro.

Ein angekündigter Fund

Noch bevor mit dem Bau des neuen Stadttheaters von Bonn überhaupt begonnen wurde, schrieb am 1. Dezember 1961 Hermann Freiherr von Boeselager an den Oberstadtdirektor, „dass das Silber und der Schmuck der Familie, die sich auf dem Grundstück noch befinden müssen, Eigentum meiner Familie geblieben sind.“
In der Familie gab es nämlich seit Jahrhunderten eine Legende, dass es einen vergrabenen Schatz unter dem Boeselagerhof gäbe. Worin er bestünde, wusste niemand. Gesucht hatte man ihn allerdings ziemlich intensiv. Sogar einen Wünschelrutengänger heuerte man im 19. Jahrhundert eigens dafür an. Deshalb wurde beim Verkauf des Hauses im Jahre 1928 eine eigene Klausel in den Kaufvertrag aufgenommen, dass ein möglicher Schatzfund vom Verkauf ausgeschlossen sei.
Tatsächlich sprach ein Gericht den am 22. Februar 1962 zum Vorschein gekommenen Münzschatz der Familie Boeselager zu. Damals hatten die neuneinhalb einen Streitwert von 3.000 DM, wie Dela von Boeselager in ihrem lesenswerten Beitrag berichtet.

Der archäologische Hintergrund

Denn die eigentliche Publikation des Schatzfundes ist von den Beiträgen mehrere anderer Autoren umrahmt. Dazu gehört einleitend ein Artikel von Christoph Keller, der das archäologische Umfeld des Fundes erläutert und zeigt, wo die Bronzegrape, die Gefäßform, in der die Turnosen verborgen waren, herkommt. Am interessantesten sind natürlich die Ausführungen zum „Haus zum Sack“, auf dessen Areal der Münzschatz gefunden wurde. Wie dieses Anwesen mehrere 100 Jahre nach dem Verbergen des Schatzes ausgesehen hat, verraten uns ein Plan Bonns aus der Vogelschau und ein Blick auf die Rheinansicht.

Die Münzen

Es folgt die Beschreibung der Münzen des Schatzfundes aus der Feder des im September 2014 leider verstorbenen Numismatikers Klaus Petry. Er beginnt mit den Turnosen, denen das besondere Augenmerk der Publikation gilt. Sie werden mit ausgezeichneten Abbildungen und genauer Beschreibung vorgestellt: Zunächst die Prägungen der französischen Könige, danach alle nicht-französischen Münzen, die französischen Pfennige und zuletzt die schlecht erhaltenen Prägungen, auf deren Einzelabbildung verzichtet wurde.
Wenn man eine kleine Kritik anbringen möchte, dann ist es die immer wieder bei jedem Kapitel von neuem beginnende Nummerierung. Sie zwingt den Nutzer, will er das Werk zitieren, nicht nur die Nummer, sondern auch die Seite zu nennen. Auch wären die schlecht erhaltenen Prägungen besser innerhalb der Kapitel genannt worden, zu denen sie chronologisch und geographisch gehören. Das hätte die Übersichtlichkeit gefördert. Aber, das sind Kleinigkeiten.

Die Auswertung

Wesentlich interessanter ist die Auswertung des Münzschatzes vom Boeselagerhof, für den man ein Vergrabungsdatum von 1302 postuliert. Das Gesamtvermögen lässt sich auf 41 Kölner Mark berechnen und Klaus Petry beschreibt mir vielen Belegen aus zeitgenössischen Urkunden, welchen beeindruckenden Wert die rund neuneinhalb Kilogramm Silber darstellten.
Der Autor kann feststellen, dass es sich bei dem Münzschatz um ein Ensemble handelt, das hinsichtlich seiner Zusammenstellung eher nach Frankreich als nach Deutschland passen würde. Bei der Lektüre gerät selbst der Leser ins Träumen und Spekulieren, was der Autor aber beendet mit seiner humorvollen und zutreffenden Bemerkung: „Weiterführende Spekulationen verbieten sich, sie gäben jetzt eher den Stoff eines fiktiven Wirtschaftsroman als ernstzunehmende Erklärungen.“

Feingehaltsermittlungen

Der umfassende Band wird abgeschlossen mit einem Beitrag zur Feingehaltsermittlung aus Dichtebestimmungen von Eberhard Auer.

Mit diesem Buch zeigt die Numismatische Gesellschaft Bonner Münzfreunde e. V. zu welchen wissenschaftlichen Leistungen auch eine kleine Gruppe von Interessierten in der Lage ist, wenn sie sich die richtigen Helfer ins Boot holt. Hut ab vor der Initiative!

Wenn Sie das Buch bestellen möchten, können Sie das direkt über die Website der Bonner Münzfreunde tun. Es kostet 39,95 Euro zuzüglich Portokosten. Eine DVD mit über 2.000 Fotos der Turnosgroschen ist zusätzlich für 10 Euro erhältlich.