Was schreibe ich hier überhaupt? Sie werden sich den neuen RIC sowieso kaufen müssen, denn die Bestimmung nach diesem Katalog gehört für jeden Münzhändler und jeden ernsthaften Sammler zum Standard. Es ist also eine ganz besondere Verantwortung, die ein Wissenschaftler übernimmt, wenn er den RIC überarbeitet: Für ihn geht es nicht nur darum, einen Katalog zu verfassen, der den aktuellen Stand der Forschung abbildet, sondern einen Katalog, der darüber hinaus auch von Nicht-Wissenschaftlern ohne langes Training benutzt werden kann. Und das ist gar nicht so einfach.
Ein neues Format
Der erste Band des RIC wurde im Jahr 1923 herausgegeben, also vor fast einem Jahrhundert. Es ist eine unglaubliche Leistung der Gründerväter des RIC, dass dieses Format sich immerhin bis 2007 gehalten hat. Damals erschien der vorläufig letzte Band, die erste Überarbeitung des 1926 publizierten Bands II, der die Herrschaft der Kaiser von Vespasian bis Hadrian abdeckte. Er wurde – reduziert auf die Periode der Flavier – noch im alten Format produziert, doch für den nächsten Band stand das Team der Herausgeber, Michel Amandry, Andrew Burnett, Roger Bland und Chris Howgego vor einer schweren Entscheidung. Selbst wenn man – wie geschehen – den Rest des Bandes auf zwei weitere Bände verteilte, würden beide Bände so umfangreich werden, dass man sie nicht mehr mit einer angemessenen Seitenzahl in einem Band des alten Formats unterbringen würde. Also entschied man sich, auf das Format des RPC (= Roman Provincial Coinage) umzuschwenken, um nicht noch mehr als die sowieso schon reichlichen 608 Seiten mit mehr als 3.500 Münzillustrationen zu brauchen.
Auch wenn also viele darüber nörgeln werden, dass sie den neuen Band des RIC im Regal nicht einfach an die Stelle des alten stellen können: Der Formatwechsel war absolut notwendig und hat sich ausgezahlt.
Weit über 3.000 Einträge und eine solide Datierung
Denn der neue Katalog bietet seinem Nutzer weit mehr als 3.000 Einträge aller Prägungen, die unter Hadrian entstanden, also inklusive der Prägungen für Sabina sowie für Aelius und Antoninus Caesar. Er bietet darüber hinaus endlich eine wirklich solide, wesentlich feingliedrigere Datierung und Münzstättenzuordnung als der alte RIC.
Verantwortlich für die umfangreiche numismatische Einführung von rund 75 Seiten und den gewaltigen Katalog sind Richard Abdy und Peter Franz Mittag, beide all denen, die sich mit römischer Numismatik befassen, wohl bekannt. Richard Abdy ist Kurator für römische Münzen am British Museum. Er interessiert sich besonders für die mittlere und späte Kaiserzeit und hat einen Katalog der Fundmünzen verfasst, die entlang des Antoninuswalls in Schottland entdeckt wurden. Dabei ärgerte er sich immer wieder über die Ungenauigkeit des alten RIC. Ein produktiver Ärger, der uns allen einen zeitgemäßen Katalog der Münzen des Hadrian beschert.
Er wurde unterstützt von Peter Franz Mittag, dem Spezialisten für römische Medaillons, der seine bereits in deutscher Sprache verfassten Kataloge ergänzte und in englischer Sprache erstmals verfügbar machte.
Denn erstmals sind in einem RIC auch die Medaillons enthalten. Worauf man dagegen verzichtet hat, sind die Kistophoren, da diese Thema im 2015 veröffentlichten Band des RPC sind.
Benutzbarkeit
Jeder RIC steht und fällt mit seinen Indices. Sie sind dafür verantwortlich, wie schnell ein geübter Nutzer in der Lage ist, jeder Münze eine RIC-Nummer zuzuordnen. Die Autoren wussten das, und haben gute Arbeit geleistet. Jede Nummer ist über die Legende bzw. den Sachindex aufzufinden. Also, alles wie gewohnt. Vor allem der Sachindex erfreut durch die Tatsache, dass nicht nur die Darstellungen gelistet sind, sondern auch die Art, wie sie auf einer Münze zu finden sind. Also mit anderen Worten, wer zum Beispiel auf seiner Münze eine Salus entdeckt, der hat im Index die Wahl zwischen einer links stehenden, einer frontal stehenden, die sich auf den Schlangenstab des Asklepios stützt, einer rechts stehenden vor einem Altar und vielen anderen mehr. Das vereinfacht die Suche enorm und erspart langes Blättern!
Man sieht also, in welch hohem Maße die Autoren den Nutzer im Fokus hatten, deshalb sei an dieser Stelle einfach ein Wunsch hinzugefügt, der sich vielleicht für die nächste Ausgabe als nützlich erweisen könnte. Die meisten Nutzer wissen, dass es wesentlich schneller geht, eine Münze im RIC zu finden, wenn man nach den Legenden sucht – außer natürlich bei Kaiser Hadrian und seinen COS III-Rückseiten; wobei Trajan war mit seinem ewigen OPTIMVS PRINCEPS noch schlimmer! Wer hier mittels der Inschrift suchen möchte, muss sich durch sechs Zeilen mit Nummern zur Auswahl durcharbeiten. Es würde nun viel schneller gehen, wenn hinter den jeweiligen Nummern einfach kurz das Motiv der Münze genannt wäre. Wobei wir uns natürlich im Klaren sind, dass das für die Gesamtheit aller Inschriften nicht durchzuhalten wäre, und ein Durchbrechen eines Schemas wissenschaftlichen Autoren so gar nicht gefällt. Nichtsdestotrotz wären wohl viele Nutzer den Autoren dankbar für so eine Inkonsequenz.
Die Abbildungen
Gegenüber den 127 Abbildungen, die in der bisherigen Ausgabe des RIC zu finden waren, konnte die neue Ausgabe nur gewinnen. Allerdings werden die bildverwöhnten Numismatiker nicht allzu glücklich mit der Druckqualität der Tafeln sein.
Zunächst eines: Die Autoren machten in vollem Umfang von den vielen Fotos Nutzen, die heute über die verschiedenen Bildarchive im Internet einfach und scheinbar kostenfrei zugänglich sind. Die Liste der zitierten Auktionshäuser umfasst dreieinhalb Spalten! Das bedeutet für die Zusammenstellung der Tafeln, dass Fotos (und natürlich auch Münzen) von sehr unterschiedlicher Qualität zusammengestellt wurden, was im Druck große Schwierigkeiten bereitet. So sind die Tafeln mit den auf schwarz-weiß reduzierten Bildern ziemlich konturlos und die Abbildungen verschwimmen. Details der Prägung sind praktisch nicht zu erkennen. Gerade bei den Bronzen gibt es so manches Stück, dessen Abbildung und Aufschrift mehr durch Phantasie als mit dem Auge zu deuten ist.
Hier ist eindeutig Raum für Verbesserungen. Außerdem sollte zumindest für die deutschen Auktionshäuser nach deutschem Recht nicht nur das Auktionshaus, sondern auch der Fotograph angefragt und angegeben werden, sofern nicht Angehörige des Auktionshauses selbst die Fotos angefertigt haben. Nur um jeglichen juristischen Ärger schon im Vorfeld zu vermeiden.
Und damit genug. Denn eigentlich braucht man über den neuen RIC nun wirklich nichts zu schreiben. Die meisten von Ihnen werden ihn sowieso schon im Bücherregal stehen haben.
Sollte dies noch nicht der Fall sein, können Sie das Buch über diesen Link bestellen.