Der Schatz von Colmar – Ein Zeugnis aus dem Jahr der Großen Pest

Barbara Drake Boehm, The Colmar Treasure. A Medieval Jewish Legacy. Scala Arts Publisher / The Metropolitan Museum of Art, New York 2019. 111 S., farbige Abbildungen. Paperback, 21,2 x 25 cm. ISBN: 978-1-78551-231-5. US$ 24,95 bzw. 15,73 Euro.
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Wir schreiben das Jahr 1348. Die Pest zieht durch Europa. Sie fordert einen schrecklichen Tribut. Hunderttausende von Menschen sterben. Historiker gehen davon aus, dass damals jeder dritte Europäer ums Leben kam. Man muss sich die Angst derer vorstellen, die noch von der Pest verschont geblieben waren. Noch, denn jeder wusste, dass es jederzeit zu Ende sein konnte. War die Beulenpest schrecklich und grausam, wurde die Lungenpest noch mehr gefürchtet. Sie forderte ihre Opfer innerhalb eines Tages: Jung und Alt, Reich und Arm.

In einer Zeit, in der die Zusammenhänge zwischen Infektion und Krankheitsüberträger noch nicht verstanden waren, glaubten die Menschen, Gott habe diese Krankheit als Strafe geschickt. Er fordere, die Welt besser zu machen. Und weil es immer schon leichter war, andere als sich selbst zu ändern, versuchten viele christliche Gemeinschaften, die Ungläubigen zu bekehren. Die nächsten Ungläubigen, die zur Verfügung standen, waren die Juden. Sie wurden zum Sündenbock. Wer sich nicht bekehrte, wurde ermordet. So zahlten die Juden Europas den höchsten Preis: Jeder zweite soll in Europa zwischen 1348 und 1349 umgekommen sein – gestorben an der Pest oder totgeschlagen von denen, die die Pest fürchteten.

Was heute reichlich historisch daher kommt, wird plötzlich greifbar, wenn man die Hinterlassenschaft eines Menschen vor sich hat, der seiner Verfolgung im Jahr 1348 nicht entging und seinen Schatz nicht mehr bergen konnte. Das Met Cloisters in New York widmet einem jüdischen Schatz, der 1348 in elsässischen Colmar vergraben wurde, eine Ausstellung.

Der Schatz von Colmar, der normalerweise im Musée Cluny in Paris aufbewahrt wird, stellt eine interessante Mischung dar von Schmuck und Geld. Ringe, Broschen, Schmuckelemente, aber auch ein Silberbarren und 349 Münzen bildeten den Reichtum eines Menschen, von dem behauptet wurde, es habe sich um einen Pfandleiher gehandelt. Tatsächlich wissen wir nichts über den Besitzer. Wir haben keine Archivalien über den letzten Besitzer des Hauses, so dass nur die Objekte sprechen. Sie stehen im Mittelpunkt eines kleinen Katalogs, der anlässlich der Ausstellung vom Metropolitan Museum herausgegeben wurde.

Wenn Sie mehr über den Schatz und den historischen Hintergrund wissen wollen, dann lohnt sich der Katalog. Er bringt eine nette Zusammenfassung als Einleitung.

Wenn Sie die geldgeschichtlich-numismatische Seite interessiert, dann können Sie sich den Katalog sparen. Er bietet in dieser Hinsicht nichts, gar nichts. Und das obwohl eine Münze den entscheidenden Beweis darstellt, dass der Schatzfund zeitlich tatsächlich mit dem Pogrom, das im Rahmen der Großen Pest durchführt wurde, zusammenhängt. Davon hatte die Autorin entweder keine Ahnung, oder sie traute es dem Leser nicht zu, dass er sich für etwas anderes interessieren könnte als für Schmuck und Fingerringe. Beschrieben werden die Münzen – es müssen Münzen in der Ausstellung ausgestellt sein, immerhin werden im Katalog 38 Stück mehr schlecht als recht abgebildet – als „Hort von Münzen. 12. bis erste Hälfte 14. Jh. Silber. Mit unterschiedlichen Gewichten und Durchmessern.“ Okay. Und das findet die Autorin nicht peinlich? Breiten wir den Mantel des Schweigens über den Kommentar. Dessen Niveau entspricht der Beschreibung.

Okay, Münzsammler vergessen den Katalog am besten. Und wenn Sie etwas über den historischen Hintergrund erfahren wollen, lesen Sie lieber Barbara Tuchman, Der ferne Spiegel.

 

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Oder natürlich bei Amazon.

Wir haben über die Ausstellung berichtet.