Der Schatzfund von Heudorf

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17. Februar 2011 – Wir schreiben das Jahr 1632. Die Welt hält den Atem an. Gerade noch hat Gustav Adolf, der von allen Protestanten gefeierte Löwe aus dem Norden, die Streitkräfte der katholischen Liga bei Breitenfeld geschlagen. Nun liegt sein Heer im Winterquartier und wartet auf das Frühjahr. Denn der Süden steht offen. Nur eine letzte, schlecht verteidigte Linie konnte der 75jährige Tilly an der Donau errichten. Am 7. April überschritt Gustav Adolf mit seiner Armee die Donau; am 15. April erfocht er seinen Sieg bei Rain am Lech; am 24. April zog er siegreich in Augsburg ein. Und währenddessen fouragierten und plünderten seine Soldaten. Niemand wußte, welches Dorf es als nächstes treffen würde. Und so vergruben viele ihre Reichtümer in der Erde. Unzählige Horte kamen damals in den Boden. Manche fanden die Schweden, manche bargen die Überlebenden, und einige kamen Jahrhunderte später wieder ans Licht des Tages wie der Münzfund von Heudorf bei Dillingen.

Ein Blick in die von Hand gezimmerte Schatztruhe mit dem Hortfund von Heudorf (Dillingen). Aus Auktion Gorny & Mosch 197 (2011), Nr. 4134.

Der Fund
Im Februar des Jahres 1951 war der Bauer Johann Wiedemann mit Rodungsarbeiten beschäftigt. Beim Herausnehmen eines Wurzelstockes stieß er mit seinen Arbeitern plötzlich auf eine hohle Stelle. Darin fand sich eine flache Schüssel mit Silbermünzen, die mit einer zweiten Schüssel abgedeckt war. Die Taler waren zusätzlich in Leinwand eingewickelt, um sie zu schützen. Der Fund wurde sofort dem Landesamt für Denkmalpflege gemeldet und Hans-Jörg Kellner von der Staatlichen Münzsammlung unternahm umgehend seine wissenschaftliche Untersuchung. Noch im Jahr 1951 wurde der Fund publiziert, ehe er nach bayerischem Recht dem Finder und Landeigentümer zurückgegeben wurde. Der verkaufte ihn an einen Sammler in Lauingen, der ihn lange Jahre dem Heimatmuseum von Lauingen als Leihgabe zur Verfügung stellte. Nun ist der komplette Hort im Auktionskatalog der Firma Gorny & Mosch zu finden. Das mit 9.500 Euro geschätzte Lot wird am 9. März 2011 versteigert.

Die Zusammensetzung
Taler aus den Niederlanden, Norddeutschland, der Schweiz, Österreich und Italien, Kleingeld vor allem aus Bayern, aber auch aus Litauen, Montfort, Ellwangen, Chur und Tirol zeigen, wie der Geldbeutel eines wohlhabenden Mannes aussah. Großes Geld kam aus der Ferne, das Kleingeld war lokal. Bayerische und Augsburger Halbbatzen stellen den größten Teil des Fundes dar. Kippermünzen aus der Zeit zwischen 1620 und 1623 finden wir darin nicht. Stattdessen legte der Eigentümer jeden Taler, dessen er habhaft werden konnte, in sein Sparguthaben. Ein Taler enthielt nämlich mehr Silber als sein nomineller Gegenwert in Kleingeld. Deshalb prägten gerade die Länder, die nicht über eigene Silbervorkommen verfügten, Großsilbermünzen meist nur zu repräsentativen Zwecken. Oder sie ließen – so z. B. in den Niederlanden und Italien – leichtere und geringhaltigere Stücke anfertigen. Den größten Anteil des Fundes bilden bayerische Münzen im Wert von 914 Kreuzer oder 38,94 % des gesamten Wertes. Es folgen niederländische Münzen zu 550 Kreuzern (= 23,43 %) und eidgenössische mit 240 Kreuzern (10,22 %).

Der Wert des Schatzes
Der Gesamtwert des Hortes liegt bei etwa 2.350 Kreuzern. Dafür hätte ein ungelernter Bauarbeiter in Augsburg bei einem Tageslohn von 12 Kreuzern 195 Tage arbeiten müssen. Eine bäuerliche Hilfskraft hätte diese Summe gar erst in 783 Tagen verdient, wobei letztere im Gegensatz zum Bauarbeiter die Kost zusätzlich bekommen hätte.

Marodierende Soldaten. Zeitgenössischer Stich von 1633 aus der Hand von Jacques Callot.

Der wissenschaftliche Wert dieses Hortfundes hält sich in Grenzen. Er verrät der Wissenschaft nichts Neues, sondern bestätigt nur das Bild, das schon vorher existierte. Der emotionale Wert aber ist enorm! Man mag sich vorstellen, wie die schwedischen Reiter in das Dorf galoppierten, die Bauern aus ihren Häusern trieben, sie folterten, um zu erfahren, wo sie ihr Bargeld verborgen hatten. Vielleicht schnitten sie – wie damals durchaus üblich – unserem Mann den Bauch auf, um sicherzustellen, daß er keine Münzen verschluckt hatte. Vielleicht war es aber auch die eigene Obrigkeit, vor der unser Unbekannter den Schatz versteckte, um nicht die gewaltigen Steuern zahlen zu müssen, die während des 30jährigen Krieges den Wohlstand Deutschlands verschluckten.

Wie auch immer, der ursprüngliche Eigentümer des Geldes hatte keine Möglichkeit mehr, diesen nach Ende des Krieges zu bergen. Das tat ein anderer Bauer nach einem anderen Krieg. Und der Erlös aus dem Schatz mag letzterem geholfen haben, den Neuanfang zu finanzieren.