von Ursula Kampmann
14. September 2017 – Es dürfte wohl kaum eine Geldgeschichte geben, die so vielseitig, spannend und überraschend ist wie die Geldgeschichte Chinas. Von der Kauri über all die Messer-, Spaten- und Ameisen-Nasen-Münzen, bis hin zu den chinesischen Käsch aus Bronze und den privaten Gold- und Silberbarren, die neben abgemessenen Seidenstücken für größere Zahlungen benutzt wurden. Dann der für die damalige Zeit unglaubliche Schritt, Geld in Papierform einzuführen! China ist die Vorreiter-Nation für Fiat-Währungen aller Art. Und last but not least die Umstellung einer kompletten Volkswirtschaft auf ein Münzsystem nach westlichem Vorbild. Die chinesische Geldgeschichte bietet so viel, schade, dass es so wenige Bücher gibt, die sich ihr auf einem gewissen Niveau widmen.
François Thierry, Les monnaies de la Chine ancienne. Des origines à la fin de l’Empire. Paris 2017. ISBN 978-2-251-44686-8. 688 S. 369 Abb. 20 Karten und Tabellen. 16,5 x 24,5 cm. Fadenheftung. Kartoniert. 55 Euro.
Für all diejenigen, die des Französischen mächtig sind, gibt es nun ein neues Standardwerk, das in Zukunft in all diesen Fragen herangezogen werden kann. François Thierry hat ein rund 700 Seiten starkes Handbuch geschrieben. Vom den Anfängen in der grauen Vorzeit und der Benutzung der Kauri bis hin zum Ende des chinesischen Währungssystems. An diesem Buch wird in Zukunft niemand mehr vorbeikommen, der sich fundiert mit chinesischen Zahlungsmitteln beschäftigen will.
François Thierry, den wir aus diesem Anlass heute auch in unserem Who’s who vorstellen, gilt als „der“ Spezialist für chinesische Münzen. Seit den 80er Jahren beschäftigt er sich immer wieder mit den Münzen des Fernen Ostens und betreute dieses im Westen häufig vernachlässigte Feld seit 1989 an der Bibliothèque national. Seit 2015 ist er pensioniert und dies hat ihm die Zeit gegeben, sein großes Standardwerk zur chinesischen Numismatik zu schreiben.
Geordnet ist es in 16 umfangreiche Kapitel: 1.) Von den Anfängen bis zum Ende der streitenden Reiche; 2.) Die monetäre Einigung; 3.) Das Geld der Han; 4.) Die konfuzianische Revolution; 5.) Von der Restauration bis zur Krise des 3. und 4. Jh.; 6.) Geld und Geldumlauf in der Epoche der geteilten Reiche; 7.) Die Tang-Dynastie; 8.) Die fünf Dynastien und die zehn Königreiche; 9.) Geld und Geldumlauf unter den Song; 10.) Die vier Dynastien: Liao, Xi Xia, Jin und Yuan; 11.) Die Ming und die südlichen Ming; 12.) Das Ende des traditionellen Systems; 13.) Papiergeld in China; 14.) Die Rechnungseinheiten; 15.) Epigraphie und Kalligraphie; 16.) Herstellung.
Der Autor zieht zur Rekonstruktion der chinesischen Geldgeschichte nicht nur die Objekte heran, sondern beschäftigt sich auch mit den umfangreich zur Verfügung stehenden schriftlichen Quellen. Diese gibt es im Überfluss, auch wenn wir im Westen sie – aus verständlichen Gründen – zumeist nicht kennen. Man denke daran, dass China ein Land der Gelehrten und Schreiber war, die in ausführlichen Memoranden dem Hof meldeten, was es zum Thema Geld und Münzen zu berichten gab.
Wie fundiert die Arbeit ist, zeigt die 65seitige(!) Bibliographie, die zu einem sehr großen Teil chinesische Aufsätze und Monographien enthält. Damit erhält der Benutzer durch dieses Handbuch einen Überblick zum chinesischen Forschungsstand.
Für all diejenigen, die sich ein wenig vor dem Französischen fürchten: François Thierry neigt nicht zu literarischem Schwulst und zu komplizierten Schachtelsätzen. Er schreibt ein leicht verständliches Französisch, dessen man mit seinem Schulfranzösisch, einem Lexikon und viel Enthusiasmus durchaus Herr werden kann. Wer sich daran wagt, der wird belohnt von einer Fülle von Wissen, die es möglich macht, die Feinheiten der chinesischen Geldgeschichte zu verstehen und zu würdigen.
Hier können Sie das Buch kaufen und das komplette Inhaltsverzeichnis ansehen.
Sie können es aber auch für 38 Euro als E-Book herunterladen.
Mehr über François Thierry lernen Sie übrigens in unserem Who’s who-Beitrag.