Die gesamte schwedische Münzprägung in zwei Büchern

Roberto Delzanno, Sveriges Myntbok – Münzen aus Schweden – Coins from Sweden 995-2022. Bewertungen, statistische Daten, Auktionspreise. Eigenverlag 2020. 2 Bde., 1326 S., farbige Abbildungen. Hardcover, 21 x 29,7 cm. ISBN: 978-91-639-9468-5. 75 Euro (über Gietl).
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Es ist ein ambitioniertes Unternehmen, das der Münzhändler Roberto Delzanno unternommen hat: Er präsentiert nicht nur einen historisch kommentierten Katalog aller schwedischen Münzen, sondern eine Statistik ihrer Häufigkeit in Verbindung mit einem Preisvorschlag für mehrere verschiedene Erhaltungsstufen von sehr gut erhalten bis zu vorzüglich / Stempelglanz. Das Werk ist reich illustriert und ganz sicher leicht zu benutzen, jedenfalls wenn man sich bereits bestens mit schwedischen Münzen auskennt. Anfänger werden eher ihre Probleme haben. Und das ist schade. Denn der Katalog zeigt auf jeder Seite, wie viel Arbeit und Mühe in ihm steckt. Man erkennt, welche skrupulöse Detailversessenheit ein großartiges Werk für die nächsten Jahrzehnte hätte hervorbringen können, hätte der Autor ein paar Helfer um sich herum gehabt, die ihn dazu veranlasst hätten, sein Buch einmal von der Nutzerseite her zu betrachten.

Denn wer einen Katalog zum Bestimmen schwedischer Münzen sucht, der ist mit diesem Buch überfordert. Es sei denn, er blättert gerne durch dicke Bücher. Oder bestimmt seine Münze sowieso lieber mit Hilfe von CoinArchives & Co. Hilfsmittel für die Bestimmung einer Münze wie zum Beispiel Indices fehlen völlig. Auf die Inhaltsangabe (übrigens nur im ersten Buch, wenn ich sie nicht trotz mehrmaligem Suchen überblättert habe) stößt man eher zufällig. Und man fragt sich, warum der Setzer sich entschieden hat, die dritte Seite des Buchs vollständig leer zu lassen und die Inhaltsangabe auf der vierten Seite zu verstecken. Ich gebe zu, ich bin ein altmodischer Mensch, der in seinem Leben in zu vielen Büchern geblättert hat. Deshalb erwarte ich von einem Buch eine gewisse Struktur. Und die hat sich mir leider nicht erschlossen.

Dabei hat sich der Autor ehrlich bemüht, möglichst viele Menschen mit seinem Buch zu erreichen. Er hat sich entschieden, die wichtigsten Texte in drei Sprachen zu verfassen, in schwedisch, deutsch und englisch. Allerdings nicht durchgängig. Die Einleitungen sind in allen drei Sprachen verfasst, wobei es manchmal schwierig ist, den gesamten Text in der eigenen Sprache zu finden. Auf den Seiten 227 und 228 zum Beispiel ist der deutsche Text an vier verschiedenen Stellen verteilt. Und die Texte, die angeben, wie und warum gewisse Untertypen voneinander unterschieden werden, findet man nur in schwedischer Sprache. Nun kann man bei Bezeichnungen wie „Hammarpräglad“ und „Valsverkpräglad“ noch relativ einfach erschließen, weshalb der Autor die Typen unterschieden hat. Aber bei anderen Beispielen starrt man doch länger auf die übrigens ausgezeichneten Fotos und überlegt sich, was denn nun da so anders sein soll. Da gibt es drei Möglichkeiten: Man versteht das Buch als eine Art Vexierrätsel und intellektuelle Herausforderung. Man lernt schwedisch. Oder man tippt die schwedische Erklärung in Google Translate ein, und ist wieder einmal sehr froh, dass es Google gibt.

Man merkt jeder Seite des Buchs an, wie lange und intensiv sich sein Autor mit der schwedischen Numismatik beschäftigt hat. Er ist so gut mit seinem System vertraut, dass er sich nur schwer vorstellen kann, dass es Menschen gibt, die sein Buch zum ersten Mal in die Hand nehmen. Ja, es gibt eine Einleitung. Nein, sie erklärt nicht alles, was man wissen möchte. Zum Beispiel was verschiedene Abkürzungen bedeuten, die über den Tabellen stehen. AR und TYP lässt sich ja noch leicht erschließen. AR ist das Jahr und TYP steht tatsächlich für den Münztyp. Aber was bedeutet CAP? Und wäre es nicht einfacher gewesen, am Ende Konkordanztabellen einzufügen, als die Tabellen mit enigmatischen Abkürzungen schwedischer Standardliteratur zu füllen, deren Bedeutung man immer wieder mühsam zwischen Anzeigen und Einleitung suchen muss?

Außerdem entspricht es absolut keinem Standard – ob wissenschaftlich oder populärwissenschaftlich –, lediglich in der Einleitung darauf hinzuweisen, dass historische Texte komplett aus Auktionskatalogen übernommen wurden. Wenn ein Text wortidentisch zitiert wird, braucht es ein Zitat, das den Text eindeutig zuordenbar macht. Ein kleines Sternchen am Anfang des Textes genügt nicht. Punktum.

Es ist einfach nur ärgerlich, dass kein Lektor dieses Buch angesehen und in Kleinigkeiten überarbeitet hat. Wie leicht wäre zum Beispiel das Problem der Abkürzungen zu lösen gewesen: Man hätte ein kleines Lesezeichen gedruckt, auf dem alle vorkommenden Abkürzungen noch einmal erklärt sind. Vielleicht hätte ein Lektor auch darauf hingewiesen, dass man entweder auch den Medaillen eine Nummer zuordnen sollte, nach der sie zitiert werden können, oder dass man gleich auf sie verzichten möge, um das rund 1.350 Seiten starke Buch zu entlasten. Ein Lektor hätte wahrscheinlich bemängelt, dass Anzeigen an den Schluss eines Buchs gehören und dass nicht auf jeder einzelnen blauen Kapitelabtrennung der Name des Autors mit seiner E-Mail-Adresse und seiner Website zu stehen braucht.

Es ist ein wunderbares Buch, das wir da vor uns haben. Und es könnte alle anderen schwedischen Kataloge ersetzen. Allerdings hätte der Autor dafür mit einem Lektor zusammenarbeiten und das Buch von einem erfahrenen Graphiker setzen lassen müssen. So ist Sveriges Myntbok ein Musterbeispiel dafür, dass profundes Wissen und eine Unzahl von investierten Stunden allein nicht genügen, um ein einfach benutzbares Buch für Münzliebhaber zu machen.

 

In Deutschland können Sie das Buch über den Gietl-Verlag erwerben.

Aber natürlich verkauft Roberto Delzanno sein Buch auf seiner eigenen Website.