von Ursula Kampmann
5. März 2015 – Wo genau liegt eigentlich Lokroi Opontioi? Und was ist das überhaupt? Eine Stadt? Ein Stamm? Fragen Sie mal nach, die wenigsten Numismatiker werden eine Antwort darauf haben. Und doch werden unter dieser Bezeichnung die charmantesten Münzen angeboten. Wer steckt also hinter der Prägung mit dem Kopf der Demeter auf der Vorderseite und dem kämpfenden Ajax auf der Rückseite?
Jacqueline Morineau Humphris, Diana Delbridge, The Coinage of the Opountian Lokrians. Spink, London, 2014. 261 S., 22 x 30,4 cm, schwarz-weiß Abbildungen und 61 Tafeln in Schwarz-Weiß, Hardcover. ISBN: 0-901405-74-4. £60.
Das Autorenduo Jacqueline Morineau Humphris und Diana Delbridge haben sich des Themas angenommen. Und sie haben Mitleid mit dem Leser. Sie klären schon in ihrer Einführung, wo die Stadt Opous einst gelegen war. Eine nützliche Information, die einen gleich zum nächsten Kapitel führt, der Geschichte der in Opous lebenden Lokrer.
Dazu muss man wissen, dass die Lokrer nicht nur um Opous lebten. Es gab noch andere Gruppen, die mit Beinamen unterschieden werden, von denen noch kaum jemand etwas gehört hat. Oder kannten Sie die Ozolischen und Epiknemidischen Lokrer? Nichtsdestotrotz gelingt es den Autorinnen in ihrem ersten Kapitel aus den wenigen Quellen ein Volk wieder auferstehen zu lassen, über das die antiken Schriftsteller eher in Nebensätzen berichteten.
Wirklich erfreulich ist der Stil, in dem dieses Kapitel geschrieben ist. Im Mittelpunkt stehen keine rhetorischen Kapriolen, sondern die klare und einfache Vermittlung von Fakten, wofür jeder Leser dankbar sein wird.
Es folgen einige Kapitel als Grundlage für die Interpretation der Münzprägung: Bemerkungen zu den in Opous gepflegten Kulten, zu den verwendeten Ethnika. Und dann geht es auf S. 23 schon zur Münzprägung.
Zunächst erörtern die Autorinnen das Prägedatum der verschiedenen Münzgruppen. Sie werden damit so manchen Katalogschreiber zum Wahnsinn treiben, denn statt ihm irgendwo eine Zeitspanne zu liefern, die er schnell abschreiben kann, zwingen sie ihn dazu, ihnen auf die verschlungenen Pfade der Hort- und Vergleichsdatierung zu folgen. Natürlich ist das wesentlich ehrlicher als die scheinbar unverrückbaren Daten, wie sie die numismatischen Kataloge der Vergangenheit lieferten. Aber mal ehrlich: Was macht ein Nicht-Wissenschaftler, der dieses Buch sicher auch benutzen möchte, mit einem Satz wie „Like group 2, group 3’s first appearances in hoards are in the Atrax hoard, c. 340.“
Nicht umsonst schreiben viele Münzhändler heute noch die völlig überholten Datierungen eines Michael Crawford ab, nämlich weil dies schnell und ohne langes Nachdenken geschehen kann. Eine überholte Datierung zu revidieren bedeutet halt auch, sie so mundgerecht aufzubereiten, dass sie für den eiligen Benutzer leicht auffindbar, verstehbar und zitierbar ist. Hier scheinen die Autorinnen eine wesentliche Zielgruppe außen vor zu lassen, die mit Sicherheit die meisten Bücher kaufen wird.
Beim Katalog handelt es sich um einen Stempelkatalog, bei dem Typenbeschreibung, gesammelte Beispiele und Bilder jeweils getrennt behandelt werden. Die Autorinnen haben sich eine riesige Arbeit gemacht und auch die gesamten im Handel vorgekommenen Stücke erfasst. Schade, dass der Leser an drei Stellen nachschauen muss, um alle Informationen zusammenzuhaben.
Aber das ist mal wieder das Vorrecht der Rezensentin, auf unwesentliche Kleinigkeiten in einer Arbeit aufmerksam zu machen, die schon allein durch den Umfang des Materials, das darin gesammelt wurde, besticht. An diesem Buch kommt niemand mehr vorbei, der die Münzen der Lokrer von Opous korrekt bestimmen möchte. Und vermutlich werden hinterher alle Benutzer des Buchs erklären können, was der Begriff Lokroi Opontioi bedeutet.
Bestellen können Sie die eindrückliche Monographie, die als Special Publication der Royal Numismatic Society herausgegeben wurde, bei Spink.