von Ursula Kampmann
2. Juni 2016 – Vom 1. bis zum 4. Mai 2016 fand in Bangkok die Mint Directors Conference statt. Sie wurde von rund 360 Delegierten besucht, für die 35 Vorträge gehalten wurden. Hier finden Sie den ersten Teil einer kurzen Zusammenfassung der Vorträge. Wir beschäftigen uns darin mit den allgemeinen Sitzungen.
Günther Waadt vertritt Dr. Rüdiger Voss von der Europäischen Kommission bei der Antrittsrede. Foto: UK.
Zukünftige Zahlungssysteme
Die erste Sitzung war den zukünftigen Zahlungssystemen gewidmet und wurde unter dem Vorsitz von Dr. Manfred Matzinger-Leopold durchgeführt.
Dr. Rüdiger Voss / Europäische Kommission, Jüngste Entwicklungen des Euro
Für den ersten Vortrag war Dr. Rüdiger Voss von der Europäischen Kommission verantwortlich, der leider in letzter Sekunde absagen musste. Für ihn sprang Günther Waadt in die Bresche, der sich der schwierigen Aufgabe unterzog, die Ergebnisse des ausgefallenen Redners anhand einer Powerpoint für das Publikum zu interpretieren.
Zunächst wies der Redner auf das Problem hin, eine gemeinsame Währung für verschiedene Nationen auf unterschiedlichem wirtschaftlichem Niveau zu gestalten. Während Arbeitnehmer in Luxemburg durchschnittlich 104 Euro pro Tag netto verdienen, sind es in Lettland nur 17,80 Euro. Die kleinste Münze sollte deshalb theoretisch in Luxemburg einen Gegenwert von 2,8 Cent haben, in Lettland 0,36 Cent, während die Grenze zwischen Banknote und Münze für Luxemburg bei 5,20, für Lettland bei 0,89 Euro liegen sollte.
Der Redner wies außerdem auf die hohen Produktionskosten und die hohen Zuwachsraten hinsichtlich der Nachfrage für die unteren drei Nominale hin und stellte die Frage nach der Zukunft des 1 und 2 Cent-Stücks. Eine große Mehrheit der Bürger wäre dafür, dass man die beiden Nominale abschaffen sollte. Ein Teil der Mitglieder der Währungsunion hat dies bereits getan. Und obwohl man natürlich noch die Kosteneffizienz bei der Herstellung dieser Nominale steigern könne, gäbe es eine rechtliche Verpflichtung der Kommission, die Angemessenheit des Münzsystems regelmäßig zu überprüfen.
Hinsichtlich der Fälschungssicherheit könne man sehr zufrieden sein. Zwar habe sich die Zahl der Fälschungen leicht erhöht. Insgesamt habe man 2014 192.195 Stücke angehalten, aber dies falle nicht ins Gewicht im Vergleich zum Gesamtumlauf von rund 17 Mia. Münzen.
Was die Quantität der Euromünzen betrifft, so existieren für die 1 Euro-Münze immer noch genug Stücke, um die nächsten 12 Jahre bei gleichbleibender Nachfrage keine neuen Euros prägen zu müssen. Für die Kleinstmünzen dagegen reicht der Vorrat lediglich für ein knappes Jahr.
Über die Zukunft der Barzahlung wollte Rüdiger Voss keine festen Aussagen treffen. Jede Studie komme zu dem Ergebnis, das vom Auftraggeber gewünscht werde. Die Europäische Kommission werde keine Stellung beziehen, um die eine oder andere Art der Zahlung zu unterstützen.
Dr. Pairoj Balun / Bank of Thailand, Kosten und Zukunft von Zahlungsformen
Im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern ist in Thailand cash noch König. Allerdings wächst auch hier der Anteil der Zahlungen, die auf elektronischem Wege getätigt werden, schneller als je zuvor.
Dr. Pairoj Balun untersuchte deshalb in seiner Studie den Zusammenhang zwischen den Gesamtkosten für eine Zahlung – für den einzelnen und die Gesellschaft – und dem Zuwachs der elektronischen Zahlungsmittel. Dafür hatte er sieben Länder ausgewählt: Schweden, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, die USA, Korea, Malaysia und Thailand.
Für alle Länder konnte er nachweisen, dass die Kosten für die Kreditkarte ständig abnehmen, was dazu führt, dass die elektronischen Transaktionen zunehmen. Allerdings haben in Thailand und Malaysia, wo Bargeld im Verhältnis immer noch wesentlich billiger ist als alternative Zahlungsformen, Kredit- und Bankkarten keinen großen Anteil am täglichen Wirtschaftsleben.
Abschließend stellte Dr. Pairoj Balun den nationalen e-Payment Masterplan vor, mit dem die thailändische Regierung die elektronischen Zahlungsmittel fördern will. Jeder Thailänder soll zu diesem Zweck eine ID erhalten, mit der er elektronische Zahlungen tätigen kann. Auf lange Sicht sollen Schecks und Bargeld durch bargeldlose Überweisungen ersetzt werden.
Miika Syrjänen / Bank of Finland, Der Finnische Bargeldumlauf und zukünftige Trends
Miika Syrjänen von der Bank of Finland beschrieb den Rückgang an Bargeld-Transaktionen in seinem Land. Man habe die 1 und 2 Cent Münzen bereits abgeschafft und ersetze sie durch symmetrisches Runden der Endsumme eines Einkaufs auf 5 Cent. Während die Ausgabe von Münzen zwischen 5 Cent und einem Euro mehr oder weniger gleich geblieben sei, habe nur die Zahl der ausgegebenen 2 Euro-Münzen zugenommen.
Abgenommen habe die Zahl an Bankfilialen, die ihrem Kunden die Möglichkeit anbieten, Bargeld zu beziehen. Dies mag mit ein Grund sein, warum die Anzahl der elektronischen Zahlungen immer mehr zunehme.
Miika Syrjänen schloss seinen Vortrag mit der provokativen Feststellung, dass – sobald elektronische Zahlungsmittel die gleichen Vorteile böten wie das Bargeld (sofortige Begleichung einer Schuld / Kosten / Anonymität u. a.) – Bargeld in der heutigen Form obsolet werde.
Simon Lake / Royal Mint, Die Grenze zwischen Münzen und Banknoten – Eine Herausforderung für unsere Industrie
Eine enthusiastische Aufforderung, gemeinsam bei den Zentralbanken für eine Heraufsetzung der Grenze zwischen Banknoten und Münzen zu propagieren, richtete Simon Lake an die Anwesenden. Sein rhetorisch hervorragender Beitrag regte viele Anwesende zum Denken an:
Tatsache sei, dass Zentralbanken Banknoten den Vorzug gäben, obwohl viele Argumente für die Münze sprächen. Eine Münze sei auf die Umlaufszeit betrachtet wesentlich günstiger als jede Banknote und brächte der Nationalbank einen höheren Schlagschatz. Sie sei umweltverträglicher und könne leichter recycelt werden.
Trotzdem würden immer mehr Staaten vor allem die kleinsten Nominale abschaffen, ohne auf der anderen Seite die Grenze zwischen Münzen und Banknoten zu erhöhen. Man müsse damit rechnen, dass in naher Zukunft nicht mehr 60 Mia. Münzen pro Jahr produziert werden müssten, sondern lediglich 35 Mia.
Um die Zentralbanken im Sinne der Münzindustrie zu informieren, brauche es ein gemeinsames Vorgehen. Es sei eine Aufgabe der gesamten Branche, eine überzeugende Argumentationslinie zu entwickeln.
Ross MacDiarmid, CEO der Royal Australian Mint führte durch die Abschlusssitzung der MDC und hielt außerdem einen Vortrag. Foto: Mint of Thailand.
Corporate Culture
Corporate Culture, so lautete der Titel der letzten Sitzung der MDC, die sich noch einmal an alle Teilnehmer richtete. Ross MacDiarmid, CEO der Royal Australian Mint, führte durch das Programm. Er kündigte als erstes einen seiner Mitarbeiter an.
Jeff Wilson-Shipley berichtete von den Erfahrungen, die er als Stipendiat der Janine Murphy-Stiftung in der britischen Royal Mint machen durfte. Foto: Mint of Thailand.
Der 26 Jahre junge Jeff Wilson-Shipley hatte das Janine Murphy-Stipendium dazu genutzt, um Erfahrungen in einem Austausch mit der britischen Royal Mint zu sammeln. Begeistert berichtete er von seinen Erfahrungen und dem Wissen, das er auf diese Weise erworben habe.
Dr. Peter Huber, Münzleiter der Münzen Baden-Württemberg und Vorsitzender des Benchmarking Committee. Foto: Mint of Thailand.
Dr. Peter Huber / Münzen Baden-Württemberg, Benchmarking in der Münzindustrie
Als Vorsitzender des Benchmarking Committees stellte Dr. Peter Huber die Ergebnisse der vergangenen zwei Jahre vor. Er betonte, wie wichtig es sei, Leistungsmaßstäbe für die Branche zu erarbeiten. Leider würden sich im Bereich der Key Performance Indicators immer noch viel zu wenig Münzstätten beteiligen – 2015 waren es lediglich 8. Zum Vergleich: an der Mint Directors Conference 2016 waren Vertreter von 35 Münzstätten anwesend. Was auch immer die Gründe dafür sein mögen, nur die aktiven Teilnehmer erhalten Zugang zur detaillierten Auswertung der Datenanalyse. Allen anderen zeigte der Vortrag lediglich den Rahmen, in dem sich die teilnehmenden Münzstätten bewegen:
Sie verfügen zwischen 30 und 300 Vollzeitstellen und stellen mit 1.000 bis 20.000 Stempeln rund 50 bis 600 Münzmotive her. Übrigens ist in den meisten Münzstätten immer noch der größte Teil der Angestellten in der Produktion tätig. Auf Verkauf und Marketing entfallen in 60 % aller Münzstätten nur 3-10 % der Stellen.
Für den technischen Bereich nahmen 18 Münzstätten teil, mehr als das Doppelte der Teilnehmer im Bereich Key Performance Indicators. Warum das so ist, führte Dr. Peter Huber mustergültig vor, indem er anhand der gesammelten Daten exakt nachwies, bei welchem Druck in Verbindung mit welcher Reliefhöhe und welcher Rondendicke mit Chrom plattierte Stempel die längste Lebensdauer entwickeln.
Ferner gibt es für die Münzstätten auch eine Außensicht. Vertreter von Zuliefererfirmen führen auf Wunsch Wertungen durch, die Peter Huber vorstellte. Bemerkenswert war die Tatsache, dass zwar die Sicherheit im Vergleich zu 2014 zugenommen, die allgemeine Sauberkeit in den Münzstätten aber abgenommen hat. Exakt das gleiche gilt übrigens auch für die untersuchten Rondenproduzenten. Der niedrigste Wert findet sich übrigens im Bereich der Zusammenarbeit und der Bereitschaft, Wissen zu teilen.
Zuletzt kündigte Dr. Peter Huber an, dass für 2017 ein Buch zum Thema Benchmarking geplant sei, in dem die wichtigsten Trends analysiert werden sollen.
Leighton John / The Royal Mint, Produktion in der Royal Mint auf Weltklasseniveau
Leighton John stellte in seinem Vortrag die Herausforderungen der Zukunft vor. Schließlich werde die Barzahlung immer mehr von anderen Systemen in Frage gestellt. Er wies darauf hin, dass durchaus noch Zeit sei, aber dass man diese Zeit nutzen müsse, um besser zu werden. Es gehe darum, Transporte, ein großes Inventar, zu große Warenbewegungen und Standzeiten, ein Zuviel an Weiterverarbeitung, Überproduktion, die Vergeudung von menschlichen Ressourcen und Defekte zu verhindern. In der Royal Mint arbeite man systematisch an der Optimierung, was mit ständig steigenden Profiten belohnt werde.
Ross MacDiarmid / Royal Australian Mint, Leading Minties – a Leadership Program
Ross MacDiarmid stellte ein Programm vor, das seit 2010 mit großem Erfolg in der Royal Australian Mint durchgeführt wird. Es geht darum, innerhalb der sehr konservativ orientierten Belegschaft die Bereitschaft zum Wandel zu fördern.
Zu diesem Zweck wurden Seminare veranstaltet, die aus Mitarbeitern der Münzstätte „Agenten für den Wandel“ machen sollten. Als informelle Führer sind diese geeignet, den Wandel zu propagieren und zu fördern.
Das Seminar „Leading Minties“ dauerte 11 Monate und wurde in den Arbeitsprozess vor Ort integriert. Der Schwerpunkt lag auf der individuellen Entwicklung der Teilnehmer und ihrer Fähigkeit, Führung zu übernehmen. Mit Hilfe von Unterrichtseinheiten, Simulationen, Diskussionsgruppen und ständigem Feedback wurden die Teilnehmer durch den Kurs geführt und lernten in den ersten fünf Monaten in der Theorie, ihre eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen und einzusetzen. Die folgenden sechs Monate begleitete ein Mentor die Entwicklungen jedes einzelnen Teilnehmers. Teamwork und Schulungen zu Motivation und Stress Management ergänzten die Ausbildung.
Das Ergebnis ist beeindruckend. Mittlerweile hat einer von vier Angestellten das Programm durchlaufen. Intern konnten dadurch 17 Beförderungen ausgesprochen werden. 6 Mitarbeiter haben sich erfolgreich auf höhere Positionen in anderen Unternehmen beworben. Und ganz nebenbei hat sich das Interesse der Mitarbeiter an externer Weiterbildung erheblich vergrößert.
In der nächsten Folge der Zusammenfassung zu den Beiträgen zur MDC beschäftigen wir uns mit den Vorträgen des Technical Committees.
Einen allgemeinen Beitrag zur Mint Directors Conference finden Sie hier.
Zur Website der MDC 2016 in Bangkok kommen Sie hier.