Auch dieses Jahr fand in Münster vom 8. bis zum 12. Oktober 2020 die Numismatische Herbstschule statt. Trotz einiger Einschränkungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie haben 19 Studierende an der viertägigen Einführung in die Numismatik teilgenommen. Die Teilnehmer kamen aus den verschiedensten Fachrichtungen mit einem besonderen Schwerpunkt im Bereich der Geschichtswissenschaft. Unabhängig von Vorkenntnissen wurden ihnen Grundkenntnisse im Bereich der Numismatik vermittelt. Elf Dozierende haben das Medium Münze mit Rücksicht auf ihre Fachgebiete unter den verschiedenen Fragestellungen betrachtet.
Bedeutung und Erscheinungsform von Geld
Nach der Begrüßung und Vorstellung einiger Referenten begann die Herbstschule mit einem Vortrag von Prof. Dr. Martin Bohl. Als Dozent für Volkswirtschaftslehre sprach er über das Thema Geld aus einer anderen Perspektive als Numismatiker es tun. Er erläuterte die verschiedenen Erscheinungsformen von Geld und gab einen Ausblick, welche Bedeutung Kryptowährungen in Zukunft spielen können. Besondere Aufmerksamkeit bekam er dabei beim Thema „War with Cash“. Er beschrieb, wie die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg mit gefälschten Pfundnoten versuchten, die britische Wirtschaft zu destabilisieren. Nach diesem Vortag lenkte Dr. Andrea Gropp die Sicht weg von der Wirtschaft hin zu der sozialen und religiösen Bedeutung. Sie veranschaulichte anhand ausgewählter prämonetärer und nichtmünzlicher Zahlungsmittel, dass verschiedene Kulturen einen uns vollkommen fremden Zugang zu Zahlungsmittel besitzen. Sie beschrieb am Beispiel des Steingeldes von den Yap-Inseln das Phänomen, dass das Geld von seinen Aufstellungsort nicht wegbewegt wurde, aber seinen Besitz änderte. Diese Besitzverhältnisse waren und sind allein im Kopf der Inseleinwohner existent. Am Nachmittag des ersten Tages referierte dann Prof. Dr. Reinhard Emmerich erstmals in einer numismatischen Herbstschule über die Münzprägung in China und betrachtete diese von seinem sinologischen Standpunkt. Im Anschluss daran bot sich beim gemeinsamen Abendessen die Möglichkeit mit den Dozierenden ins Gespräch zu kommen.
Funktionsweise und Entwicklung des Prägeprozesses
Am zweiten Tag wurden zwei umfangreiche Themen behandelt. Am Vormittag stellten Stefan Kötz und Dr. Katharina Martin die Münzherstellung und Sonderformen vor. Der Prägeprozess wurde erklärt und die technischen Innovationen präsentiert. Dabei konnte dies anhand von alten Prägestempeln besonders gut veranschaulicht werden. Ob Fehlprägungen oder umfunktionierte Münzen, die Sonderformen konnten ebenfalls an Originalen begreifbar gemacht werden. In der Nachmittagssitzung behandelten Herr Kötz und Prof. Dr. Jan Keupp die Münzprägung im Mittelalter. Nach einer ersten Einführung bekamen die Teilnehmer Münzen in die Hand und erarbeiteten an diesen die wichtigsten Typen und Darstellungen der Epochen. Der dritte Tag begann mit der antiken Münzprägung. Frau Martin präsentierte die griechische Münzprägung, erläutere die Charakteristika und numismatische Methoden zur intensiveren Auseinandersetzung. Am Beispiel einiger Prägungen aus Syrakus und Tarent wurde dies besonders deutlich. Prof. Dr. Johannes Hahn stellte die römische Münzprägung vor. Ein besonderes Augenmerk legte er auf die politischen Abbildungen der Münzen und zeigte dazu zahlreiche Beispiele. Am Nachmittag lehrte Prof. Dr. Thomas Bauer die Grundzüge der islamischen Münzprägung und Prof. Dr. Michael Grünbart die byzantinischen Grundlagen.
Der praktische Einstieg in die moderne Numismatik
Am letzten Tag behandelte zunächst Dr. Gerd Dethlefs die Münzen der Neuzeit. Im Fokus standen unter anderem die verschiedenen Münzfüße der Zeit und deren Bedeutung für die Menschen. Den letzten inhaltlichen Vortrag hielt Dr. Bernd Thier. Er veranschaulichte am Beispiel der deutschen Münzprägung die Moderne Numismatik und führte in das Thema der Geldersatzzeichen ein, welches aufgrund der schieren Masse an Objekten ein großes Forschungspotential besitzt. Als Ansporn für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Münzen und Wertmarken schenkte er jedem Teilnehmer ein kleines Starterpaket. Den Abschluss der Herbstschule bildete eine gemeinsame Diskussion. Die Dozierenden berichteten von den nicht unproblematischen Berufsaussichten für Numismatiker, dem beruflichen Alltag und der Nutzung des erworbenen Wissens an den verschiedensten Stellen.
Die Numismatische Herbstschule in Münster zeichnet sich durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, dem LWL-Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte, dem Stadtmuseum Münster und dem Kultur- und Stadthistorischem Museum Duisburg aus. Dabei konnten die Dozierenden auf die Sammlungen der Universität und Museen zugreifen. Das ermöglichte den Teilnehmern die Numismatik zu begreifen und die Bedeutung ebenso wie die Phänomene zu verstehen. Eine besondere Stellung erhalten dabei die einzelnen Dozierenden, die wegen ihrer Fachgebiete, die verschiedensten Perspektiven auf Münzen vermitteln. Unter anderem deswegen ist die Veranstaltung nicht nur für numismatische Anfänger, sondern auch für Teilnehmer mit Vorkenntnissen lehrreich.
2016 präsentierte das LWL-Museum für Kunst und Kultur die Schätze ihres Münzkabinetts in einer Sonderausstellung.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Numismatik in Münster.
Welche Formen Zahlungsmittel haben, von Kaurischnecken über Barrengeld bis zu den uns geläufigen Münzen illustriert unsere Filmreihe „Eine Reise durch die Welt des Geldes“.