Festzustellen, welche Münzhandlung die älteste, die größte oder die mit den meisten Auktionen ist, das ist nicht schwer. Welche Münzhandlung aber die schönste ist, das ist eine rein subjektive Entscheidung. Mein persönlicher Liebling ist die Heidelberger Münzhandlung, die Herbert Grün in einer wunderschönen Villa des Historismus einquartiert hat. Nun gibt es in Heidelberg viele großartige Gebäude des Historismus. Aber eines hat diese Villa allen anderen voraus: Ihre Innenausstattung ist bis heute komplett erhalten. Wir können also in der Heidelberger Münzhandlung ein Ensemble bewundern, das sich ein reicher Heidelberger des 19. Jahrhunderts einrichten ließ.
Heidelberg als Zentrum der Romantik
Dass so ein Gebäude ausgerechnet in Heidelberg errichtet wurde, muss uns nicht wundern. Schließlich gilt Heidelberg als die Wiege der deutschen Romantik. Die Schlossruine, die Ludwig XIV. nach seinen vernichtenden Feldzügen hinterlassen hatte, wurde zu einer Art Wallfahrtsort. Alle bedeutenden Romantiker kamen irgendwann nach Heidelberg: Hölderlin, Brentano, Tieck, Eichendorff, Jean Paul und andere schwärmten in ihren Briefen und Publikationen von den erhebenden Gedanken, die sie angesichts der einsam aufragenden Ruinen überkommen hatten.
Sie veranlassten eine ganze Generation von schwärmerischen Geistern, sich nach Heidelberg zu sehnen. Zuerst kamen nur die, die wirklich viel Geld hatten, und es sich leisten konnten. Dann wurde die Eisenbahn gebaut und ermöglichte zum ersten Mal so etwas wie eine Vorahnung des modernen Massentourismus. Allein um den Bahnhof herum bauten findige Unternehmer in dem Jahrzehnt nach 1850 zehn große und komfortable Hotels. Natürlich entstanden auch Cafés, Gasthäuser, Pensionen und prunkvolle Villen, in denen sich die bessere Gesellschaft von Heidelberg, die der Heidelberg-Boom reich gemacht hatte, einrichtete. Wie bekannt Heidelberg während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war, illustriert die Tatsache, dass Mark Twain während seiner zweiten Europareise gleich einige Monate hier verbrachte.
Wer mehr wissen möchte über die Phantasien, die ein Besucher im 19. Jahrhundert mit Heidelberg verband, muss sich die amerikanische Operette „The Student Prince“ von 1924 ansehen resp. ihre Verfilmung von 1954. Sie war enorm erfolgreich in den Vereinigten Staaten und bestimmt noch heute die Vorstellungen, mit denen viele Besucher anreisen.
Heidelberg lebt gut davon. Und das tat es auch schon im 19. Jahrhundert. Die Stadt entwickelte sich nach 1850 zu einem Ort, wo die Reichen und Schönen ihr Leben genossen. Und dazu ließen sie sich eben auch die passenden Villen erbauen.
Die schönste Münzhandlung Deutschlands
In einer dieser Villen ist die Heidelberger Münzhandlung untergebracht. Das Besondere an diesem Gebäude: Es besitzt seine komplette Innenausstattung. Während viele andere Interieurs der Gründerzeit im Laufe des 20. Jahrhunderts von ihren Eigentümern zerstört und überstrichen wurden, weil sie als altmodisch, gar als kitschig galten, haben sich alle Stuckaturen und Malereien in der Gaisbergstraße 40 erhalten.
Herbert und Susi Grün haben sie in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege vorbildlich renovieren lassen, so dass die Heidelberger Münzhandlung in meinen Augen eine der schönsten, wenn nicht sogar die allerschönste Münzhandlung in Deutschland ist. Hier sehen Sie ein paar Bilder und Details von dem Gebäude, die mich fasziniert haben.
Wenn Sie eine schönere Münzhandlung kennen oder gar besitzen, schreiben Sie uns und schicken Sie uns die Fotos dazu. Wir stellen sie gerne in der MünzenWoche vor!
Hier kommen Sie zur Website der Heidelberger Münzhandlung.
Diesen Artikel von Frau Anneliese Seeliger-Zeiss fand ich für den historischen Hintergrund sehr anregend.
Das berühmte Trinklied aus „The Student Prince“ gewinnt seine volle Bedeutung eigentlich erst, wenn man daran denkt, dass damals in den Vereinigten Staaten die Prohibition herrschte! Und im Anschluss hören Sie die ewige Studentenhymne Gaudeamus Igitur, die in den Vereinigten Staaten erst im 20. Jahrhundert ihre überragende Bekanntheit gewann.